Bochum.
An der Ruhr-Universität Bochum üben Jura-Studenten in einem simulierten Gerichtssaal für spätere Prozesse. Der Sachverhalt des Verfahrens ist vorgegeben, einstudiert ist aber nichts. Am Ende gibt's auch ein Urteil für die Studenten. Von Profis.
Die Lösung: Nicht im Arbeitsgericht, sondern im vor rund einem Jahr eingeweihten Gerichtslabor der Juristischen Fakultät an der Ruhr-Uni-Bochum befinden wir uns. Die Beteiligten sind allesamt Studenten, die im simulierten Gerichtssaal ein Verfahren durchspielen sollen. Nach der Teilnahme an anderen arbeitsrechtlichen Lehrveranstaltungen hält Prof. Dr. Rolf Wank von der Juristischen Fakultät sie nun für reif, einen Fall vor Gericht zu verhandeln. Zwar ist der Sachverhalt des Arbeitsrechtsverfahrens vorgegeben, einstudiert ist hier aber sonst nichts: Den insgesamt neun Studierenden bleibt die konkrete Ausgestaltung selbst überlassen.
Fiktiver Fall: Arbeitsleistung zu gering
Gegenstand der Verhandlung: Arbeitnehmer Schneckenberg ist seit 28 Jahren im Zentrallager der Europamarkt GmbH (beide Namen fiktiv) beschäftigt. Nach Betriebsübergang von einer anderen Firma hatte es interne Umstrukturierungen gegeben, die Mitarbeiter im Lager mussten zusätzlich Schreibarbeiten verrichten.
Dabei hatte sich der 50-jährige Kommissionierer als deutlich langsamer als seine Kollegen erwiesen, zudem machte er siebenmal häufiger Fehler beim Ausfüllen der Frachtformulare. Zu klären ist nun, ob die Kündigung des Klägers rechtens ist. Er war zuvor mehrfach abgemahnt worden, was aber zu keiner Steigerung seiner Arbeitsleistung geführt hatte.
„Die Resonanz bei den Studenten ist durchweg positiv"
Zur Unterstützung hat Prof. Wank sich einen alten Bekannten dazugeholt: Dr. Guido Jansen ist Richter am Landesarbeitsgericht und hat selber Rechtswissenschaften an der Ruhr-Universität studiert. Die Idee vom Gerichtslabor, das mittlerweile fünf Professoren jeweils einmal pro Semester anbieten, findet er so gut, dass er jedes Mal mit von der Partie ist, wenn Prof. Wank zur Lehr-Verhandlung lädt. „Die Resonanz bei den Studenten ist durchweg positiv“, freut sich Wank. Keineswegs positiv endet der Tag für Lagerist Schneckenberg: Das Gericht weist seine Klage am Ende ab, schließlich sei sie fristgemäß erfolgt und es kann nachträglich nicht geklärt werden, ob der Betriebsrat ordnungsgemäß eingeschaltet wurde oder nicht. Am schwerwiegendsten jedoch: Der Kläger kann nicht darlegen, dass er sein Bestes gegeben hat.
Am Ende folgt Lob von beiden Rechtsprofis: Die Verhandlung sei sehr professionell verlaufen. Mit einer Ausnahme: Die Rechtsbeistände beider Parteien wären zu kooperativ gewesen und hätten einander zu wenig Steine in den Weg gelegt.