Star-Regisseur zeigt vom 25. bis 28. Juni im Schauspielhaus seine Inszenierung von Shakespeares "Othello". Eine Hauptrolle spielt Oscar-Preisträger Philip Seymour Hoffman.

Ein großes Leuchten steht Intendant Elmar Goerden an diesem Vormittag ins Gesicht geschrieben. Denn dank seiner vitalen Idee, fast wie aus dem Nichts ein stattliches Theaterfestival aus dem Boden zu stampfen, kommt es vom 15. bis 28. Juni zu einem der spektakulärsten Gastspiele, die das Schauspielhaus in langer Zeit erlebt hat.

Umjubelte Premiere in Wien

Der amerikanische Star-Regisseur Peter Sellars, dessen wegweisende Inszenierungen vor allem von Mozart-Opern Theatergeschichte geschrieben haben, bringt Shakespeares „Othello” auf die Bühne. Nach der umjubelten Premiere bei den Wiener Festwochen, die eine Reihe beeindruckter Kritiker beherzt in die Tasten greifen ließ (die WAZ berichtete), ist die Inszenierung nun als Deutschlandpremiere im Schauspielhaus zu erleben.

Und wer denkt, Peter Sellars habe vom Bochumer Theater noch nie etwas gehört, der irrt: Vor allem in jungen Jahren, so erzählt er munter beim Pressegespräch, sei Bochum für ihn eine der ersten Theateradressen in Deutschland gewesen: „You have one of the hottest theatres here in Bochum”, sagt er anerkennend, und das bedarf wohl keiner Übersetzung.

Für Kinofans ein Hochgenuss

Die Besetzung, mit der Peter Sellars den Mohr von Venedig im Schauspielhaus auferstehen lässt, ist vor allem für Kinofans ein Hochgenuss. Während John Ortiz in der Titelrolle eher Filmexperten ein Begriff sein dürfte (er spielte u.a. in der Neuauflage von „Miami Vice” und in „American Gangster” neben Russell Crowe mit), steht ihm gegenüber einer der bekanntesten und meist geschätzten Filmschauspieler unserer Zeit: Philip Seymour Hoffman.

Mit dem 41-Jährigen aus New York verbinden Kinogänger Sternstunden der jüngeren Filmgeschichte. Ob in „Boogie Nights”, in „Magnolia”, in „Almost Famous”, im „Krieg des Charlie Wilson” oder in „Glaubensfrage” neben Meryl Streep: Hoffman adelte diese Filme mit schneidender Präsenz. Er gewann vor drei Jahren den Oscar (für „Capote”) und mischt auch im Action-Genre mit: etwa als böser Bube neben Tom Cruise in „Mission: Impossible III”.

Aufführung dauert vier Stunden

Mit den Schurken kennt er sich also aus, da macht auch sein Jago im „Othello” keine Ausnahme. „Wir haben jetzt fünf Wochen sehr hart an der Aufführung gearbeitet”, sagt Hoffman, der beim Pressegespräch ein wenig schläfrig wirkt. „Es ist toll, was wir schon erreicht haben, aber jede Aufführung ist wieder eine neue, aufregende Erfahrung.”

Regisseur Sellars verrät, dass er in seiner Inszenierung niemanden zu schonen gedenke: seine Schauspieler ebenso wenig wie seine Zuschauer. „Wir haben da einen Berg erschaffen, auf den jeder hinauf muss”, sagt er. Da Sellars den Text nur unwesentlich gekürzt hat, dauert die Aufführung rund vier Stunden. Jedes Wort, das Shakespeare geschrieben hat, sei wichtig. Und was zwischen den Figuren unausgesprochen in der Luft stehen bleibe, sei am Ende für Gier, Verrat und letztlich für Gewalt in dem Drama verantwortlich.

Blick in den Theaterführer

Den Zuschauern wird also empfohlen, vor Beginn der Vorstellung noch einmal einen genauen Blick in den Theaterführer zu werfen. Die Dialoge werden zwar in Deutsch übertitelt – doch wer Philip Seymour Hoffman einmal mit tiefer Stimme und breitem New Yorker Dialekt sprechen gehört hat, der ahnt, dass herkömmliches Schul-Englisch womöglich nicht ausreichen könnte, um der Handlung auf der Bühne in ihrer Komplexität zu folgen.

Sellars möchte Shakespeares Welt aus Lug und Trug auf seine heutige Aktualität hin abklopfen. Er habe das Stück immer gehasst, gesteht er. Doch die Wahl Obamas sei für ihn der Anlass gewesen, das Stereotyp vom „schwarzen Mann inmitten vieler weißer Männer” zu überprüfen Und er bleibt ganz Amerikaner, wenn er am Ende der versammelten Presseschar einen einleuchtenden Tipp mit auf den Weg gibt: „Enjoy the show!”

„Othello” in der Regie von Peter Sellars ist vom 25. bis 28. Juni im Schauspielhaus zu erleben. Mit Restkarten an der Abendkasse ist zu rechnen. Ein Publikumsgespräch findet am 26. Juni statt.

http://www.schauspielhausbochum.de/