Bochum. .

Wie ein Spielcasino in Casablanca sieht der Bochumer Ratssaal eigentlich nicht aus, doch heute, in der letzten Ratssitzung im Jahr 2010, wird ab 15 Uhr fast nur noch von Geld die Rede sein. Von viel Geld.

Von Millionen und Milliarden Euro. Im Blickpunkt steht der umstrittene Ankauf der Steag-Anteile, die Verabschiedung des Etats 2011, ein halbes Dutzend Gebührenerhöhungen bis hin zur Erfindung einer Winterdienstabgabe.

Manche Bürger wähnen Bochums Kommunalpolitiker samt Stadtverwaltung schon längst mit dem Spielbein im Zockermilieu. Kürzlich wurde Kämmerer Busch wegen seiner Kredite in Schweizer Franken-Währung angemoppert, jetzt geht die Sorge um, Bochum werde sich mit dem Steag-Ankauf verheben.

CDU und Grüne haben Bedenken

Denn es sind so um die hundert Millionen Euro, die die Bochumer Stadtwerke für ihre Beteiligung am Steag-Deal hinblättern sollen, 30 Millionen Euro durch Eigenkapital, die restlichen 70 Millionen Euro per Kredit. Trotz dieser gewaltigen Finanzbeteiligung hätten die Bochumer im Stadtwerke-Konsortium im Grunde nicht viel zu melden. „Wenn Essen und Dortmund sich einig sind, sagen sie, wo es langgeht mit der Steag“, heißt es intern. Bochum habe nur ein Vetorecht.

Ob der Rat dem Ankauf heute zustimmt, ist auch deshalb offen. CDU und Grüne haben Bedenken, die FDP stellt ihren fünf Ratsherren völlig frei, wie sie entscheiden wollen. Nur auf die SPD kann der SPD-fromme Stadtwerkechef Bernd Wilmert, dessen Mentor Ex-Oberbürgermeister Ernst-Otto Stüber war (auch in schweren Stunden), wirklich zählen.

Im Vorfeld hatte vor allem die CDU vor den finanziellen Risiken gewarnt. Andere wiesen darauf hin, dass die Steag mit Nukleargeschäften glänzend verdiene, was den Grünen im Rat Bauchschmerzen macht. Dritte fragten sich, was die Stadtwerke Bochum, eine hundertprozentige Tochterfirma der Stadt, eigentlich mit Kraftwerken im fernen Ausland zu schaffen hat, in Kolumbien, in der Türkei oder in Osteuropa.

Mehr als eine Milliarde Euro Schulden

Zumal die Stadt, mit über einer Milliarde Euro verschuldet, finanziell weiter schwächelt. Der Haushalt 2011, der heute verabschiedet wird, ist nicht ausgeglichen und hat bei der Kommunalaufsicht „keine Chance, genehmigt zu werden“. Wie es schon dem Etat 2010 widerfuhr.

Das dritte Brandthema im Rat wird der entscheidungsreife Plan sein, über 800 Stellen im Rathaus abzubauen. Dagegen liefen Verdi und Personalrat bereits pflichtschuldigst Sturm. Für ihre ungeschickte Vorbereitung des Konzepts kassierte Personaldezernentin Birgitt Collisi keine Komplimente im Hauptausschuss.

Weil heute auch das Haushaltssicherungskonzept 2011 verabschiedet wird, ist dann der Rattenschwanz einschneidender Sparmaßnahmen verbürgt, u.a. in Bädern, VHS, Musikschule, Museum, Stadtarchiv.