Essen. .
Es ist der wohl heißeste Deal im Revier: der Bieterkampf um den fünftgrößten deutschen Stromerzeuger Steag in Essen. Das Rennen hat das Stadtwerke-Konsortium Rhein-Ruhr gemacht, zu dem die kommunalen Versorger in Duisburg, Dortmund, Essen, Dinslaken, Bochum und Oberhausen gehören.
Der Vorstand der Steag-Muttergesellschaft Evonik hat beschlossen, dem kommunalen Verbund den Zuschlag für 51 Prozent zu geben: für stolze 649 Millionen Euro, die auf einen Bruttowert des gesamten Unternehmens von 3,77 Milliarden Euro gerechnet sind. Abzüglich der Schulden, der Pensionsverpflichtungen und der Beteiligungen anderer Unternehmen, etwa an Kraftwerken, hat die Steag nach Informationen dieser Zeitung einen Gesamtwert von 1,24 Milliarden Euro.
Die Stadtwerke hielten sich mit Hinweis auf noch ausstehende Ratsbeschlüsse mit Kommentierungen zurück. Vermutlich nicht zuletzt deshalb, da in den letzten Tagen das Risiko des Geschäfts Thema in manchem Stadtrat war. Die Ratsentscheidungen in Bochum, Dortmund und Dinslaken stehen noch an. In Bochum äußerte der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Roland Mitschke, „große Bedenken“. Es fehlten konkrete Aussagen zur Rendite.
Interesse in Hagen, Gevelsberg und Herne
In den Verhandlungskreisen hieß es allerdings, der Ausfall des einen oder anderen Stadtwerkes wäre kein Beinbruch, da bereits andere kommunale Versorger wie die in Hagen, Gevelsberg oder Herne Interesse angemeldet hätten.
Der endgültig ausgehandelte Preis liegt mit 649 Millionen Euro etwa in der Mitte der Verhandlungsspanne von 614 bis 680 Millionen Euro. Wie es weiter hieß, haben die Kommunen bis Sommer 2011 Zeit, in den Stadträten die Beschlüsse über den Zukauf der restlichen 49 Prozent einzuholen. Innerhalb der kommenden drei bis fünf Jahre müssten die Anteile dann an den Stadtwerkeverbund übergehen. Die Finanzierung müssen die kommunalen Betriebe dem Vernehmen nach noch nicht jetzt bereit stellen.
Rethmann möglicher Partner
Für diesen 49-Prozentanteil wollen die Stadtwerke einen Partner suchen. Die Entsorger-Gruppe der Familie Rethmann hat jüngst Interesse an einer 50/50-Partnerschaft bekundet und offenbar auch gestern noch nicht aufgesteckt. „Wir sind überzeugt, dass die Evonik-Gesellschafter an einer Lösung interessiert sind, die zum Wohle Nordrhein-Westfalens eine starke Finanzierung und deutliche Investitionen in die Steag sicherstellt“, sagte ein Rethmann-Sprecher. Auch die CDU-Fraktion in NRW sprach sich mit Blick auf das Risiko für den Einstieg eines Privaten aus.
Sowohl der Evonik-Aufsichtsrat als auch das politisch besetzte Kuratorium des Evonik-Mehrheitseigentümers RAG-Stiftung müssen noch zustimmen. Ebenso brauchen die Kommunen noch das Okay der Bezirksregierungen. Für Evonik bedeutet der Verkauf die Chance, den Konzern weiter zum Chemie-Unternehmen auszubauen, die Verschuldung zu reduzieren und bessere Noten von Rating-Agenturen zu erhalten. NRW-Umweltminister Remmel (Grüne) begrüßte den geplanten Einstieg und einen „neuen starken Akteur auf dem heimischen Energiemarkt“.