Bochum. .

Das Ausmaß des größten Wettskandals in der Geschichte des europäischen Fußballs ist offenbar noch weit dramatischer als zunächst befürchtet, doch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) tappt offenbar noch im Dunkeln. „Bis heute hat der DFB nicht die vollständigen Akten der Staatsanwaltschaft Bochum erhalten. Von daher können wir weder bestätigen noch dementieren, ob es Manipulationen in diesem Umfang gegeben hat“, sagte DFB-Sprecher Ralf Köttker am Montag.

Laut einem Bericht des ARD-Magazins Fakt hat sich die Gesamtzahl der alleine in Deutschland unter Manipulationsverdacht stehenden Spiele von den zunächst vermuteten 32 Begegnungen auf 54 Partien erhöht. Betroffen sind Spiele von der 2. Bundesliga bis in den Juniorenbereich. In keinem anderen Land ist die Zahl der Spiele nach Angaben der ermittelnden Bochumer Staatsanwaltschaft derart hoch.

Alleine zwischen Mai 2008 und Dezember 2009 sollen mindestens 13 Spiele der 2. Bundesliga manipuliert worden sein. Dabei rückt einmal mehr der VfL Osnabrück in den Blickpunkt, dessen ehemaliger Spieler Marcel Schuon zuletzt vom DFB-Sportgericht für drei Jahre gesperrt worden war. So wird immer klarer, dass der VfL im Mai 2009 wohl hauptsächlich wegen Betrügereien abgestiegen ist. Die Bochumer Behörde bestätigte, dass zumindest drei Partien der Osnabrücker in der Anklageschrift festgehalten seien.

„Wir wären nicht abgestiegen, wenn das nicht passiert wäre. Ich bin der Meinung, dass die für den Abstieg verantwortlich waren“, sagte der ehemalige Osnabrücker Coach Claus-Dieter Wollitz dem Sport-Informations-Dienst (SID) mit Blick auf Schuon und weitere Profis des VfL, gegen die noch ermittelt wird: „Osnabrück ist nicht irgendein Klub für mich, ich war da fünf Jahre und habe geholfen, etwas aufzubauen. Aber das wird dir durch die weggezogen.“

In der Abstiegs-Saison 2008/2009 sollen acht Punktspiele sowie ein Freundschaftsspiel von Spielern des VfL manipuliert worden sein. In der Fakt-Liste tauchen zudem mehrfach die jetzigen Drittligisten SV Wehen Wiesbaden sowie Rot Weiss Ahlen auf. Zudem sollen insgesamt fünf Spiele des ehemaligen Regionalligisten Bayern Alzenau betroffen sein. Alle Spiele verlor Alzenau.

Ins Visier der Ermittlungen geriet offenbar der Torwart der Unterfranken. „Für den Spieler gilt die Unschuldsvermtung. Er hat sofort gesagt, dass er damit nichts zu tun hat. Er hat sogar auf eigenen Wunsch beim DFB ausgesagt, nachdem die Staatsanwaltschaft bei ihm vorstellig wurde. Mehr als einen telefonischen Kontakt zu einem der Angeklagten hat es nicht gegeben“, sagte Alzenau-Manager Alois Sambeth dem SID.

Insgesamt sollen in Deutschland quer durch alle Ligen unterhalb der Bundesliga von der Wettmafia 54 Spiele manipuliert worden sein. Betroffen sein soll unter anderem auch das letzte Drittliga-Spiel von Fortuna Düsseldorf gegen Werder Bremen II am 23. Mai 2009 sein. Dank des 1:0 am letzten Spieltag war die Fortuna aufgestiegen.

Am 6. Oktober soll der erste Prozess zu dem Wettskandal vor dem Landgericht Bochum beginnen. Beim DFB-Sportgericht sind aktuell 16 laufende Verfahren anhängig. 15 richten sich dabei gegen Spieler, ein Verfahren läuft gegen den Schiedsrichter Cetin Sevinc, der bereits seit Dezember 2009 vom Verband mit einer Schutzsperre belegt ist. (sid)