Bochum. .
Schon in wenigen Wochen könnte sich auch in Bochum ein haftentlassener Sexualstraftäter niederlassen. Die Polizei stellte jetzt ihr Konzept dazu vor.
Derzeit stehen in Nordrhein-Westfalen 27 Männer kurz vor ihrer Entlassung aus einer nachträglich verordneten Sicherheitsverwahrung. Die Polizei möchte „Jagdszenen“ oder eine unnötige Beunruhigung der Bevölkerung vermeiden. In Essen und Dortmund ist die Öffentlichkeit bereits informiert, dass entlassene Sexualstraftäter dort ihren Wohnsitz genommen haben. Entsprechend fallen die Reaktionen aus.
Es ist gerade einmal wenige Tage her: Anfang des Monats war ein Mann, der seine Haftstrafe wegen Kindesmissbrauchs abgesessen hatte, in Bochum aufgefallen. Wenige Tage nur befand er sich in Freiheit, als er das tat, was er auf keinen Fall tun sollte: „Er begann Kinder anzusprechen“, berichtet Andreas Dickel, als Leitender Kriminaldirektor oberster Bochumer Kripo-Ermittler.
40 rückfallanfällige Sex-Täter mit Kontakten zu Bochum
Dieser Sexualstraftäter hatte gegen die Regeln der Führungsaufsicht verstoßen und musste umgehend wieder ins Gefängnis zurück. Ihm war jeder Kontakt mit Kindern untersagt.
Was in der Bevölkerung wenig bekannt, trotzdem jedoch Realität ist: Es leben ständig Haftentlassene, ganz gleich ob es sich um Mörder, Sexualstraftäter oder Betrüger handelt, in dieser Stadt. Zur Zeit kennt die Polizei insgesamt 40 rückfallanfällige Sexualstraftäter, die entweder ständig in Bochum leben oder zumindest Kontakte in dieser Stadt haben. Acht von ihnen, also ein Fünftel, gehören zum Personenkreis derer, die zur Risikogruppe A, als diejenigen, von denen befürchtet wird, dass sie jederzeit wieder strafbar werden können.
Durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, muss sich die Polizei nun außerdem mit dem Personenkreis von Männern beschäftigten, die vorzeitig entlassen werden könnten. Ein Bündel von Maßnahmen gibt es, um das Risiko zu minimieren: Bereits vor der Haftentlassung finden Fallkonferenzen statt. Dann werden im Gespräch mit dem Betroffenen Maßnahmen beschlossen.
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„Sicherheit der Bevölkerung hat Vorrang“
„Das geht über die Unterstützung bei der Wohnungssuche, der Arbeitsplatzsuche bis zu einer Rund-um-die-Uhr- Überwachung. Je nach Einzelfall“, so Dickel. Ganz deutlich macht es Behördenleiter Wolfgang Sprogies: „Was auch immer geschieht. Die Sicherheit der Bevölkerung hat in jedem Fall Vorrang.“
Zur Zeit möchte sich die Polizei nicht festlegen, wann jemand aufgrund der neuen Rechtsprechung in die Stadt kommt. Dass jedoch überhaupt jemand komme, sei sehr wahrscheinlich.
Die Konzeption zum Umgang mit rückfallgefährdeten Sexualstraftätern (KURS), die mittlerweile landesweit angewandt wird, sieht vor, dass sich sämtliche Fachleute, bereits zeitig vor der Haftentlassung zusammensetzen. Alle verfügbaren Informationen werden ausgewertet und damit eine Art Rückfallprofil erstellt.
Persönlichkeitsrechte gegen Sicherheitsbedürfnis abwägen
Das Schwierige sei, dass dabei die Persönlichkeitsrechte des Haftentlassenen, der in den meisten Fällen eine mehrjährige Haftstrafe, oft mit anschließender Sicherungsverwahrung verbüßt hat, gegen das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung abgewogen werden müssen.
Eine dieser Korsettstangen ist derzeit die freiwillige Handy-Ortung, die es den Behörden ermöglichen soll, den Haftentlassenen jederzeit über sein Handy aufzufinden.