Bochum/Herne. Julia Bothur (38) überrascht: Die Schornsteinfegerin mit Bezirk in Herne zeigt ihr Handwerk bei Instagram – und ist nicht nur dort Pionierin.
So richtig geplant hat Julia Bothur das nie: Weder den Erfolg als Schornsteinfegerin in den sozialen Medien noch ihren letzten Meilenstein – die Wahl als erste Vorständin im Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks, als erste Frau überhaupt.
„Ich war schon immer Schornsteinfegerin durch und durch“, sagt die 38-Jährige, die den Beruf seit ihrem 20. Lebensjahr ausübt und aus einer reinen Schornsteinfeger-Familie kommt. Vater, Schwester, Nichte – alle regelmäßig schwarz gekleidet, rußverschmiert und auf den Dächern von Bochum und Umgebung unterwegs.
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Bochumerin führt eigenen Betrieb – und zeigt ihren Berufsalltag bei Instagram
Bothur möchte noch mehr Menschen für ihren Beruf begeistern. In den sozialen Medien teilt sie deshalb ihren Berufsalltag. „Da bin ich als Frau sicher etwas Ungewöhnliches, aber ich wollte stets für meine Leistung bewertet werden und hatte auch nie das Gefühl, dass ich mich mehr beweisen muss als ein Mann“, sagt Bothur.
Geklappt hat‘s: Bothur führt heute nicht nur einen eigenen Schornsteinfeger-Betrieb in Bochum, hat ihren Bezirk in der Nachbarstadt Herne und ist regelmäßig in Sachen Feuerstättenbesichtigung und Co. unterwegs, sondern zählt mittlerweile auch mehrere tausend Follower bei Instagram. „Angefangen hat alles mit einem Foto von einem goldenen Knopf meiner Berufskleidung“, erinnert sich Bothur.
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Inzwischen postet sie auch Fotos von Dächern, aus Heizungskellern und sogar aus Schornsteinen selbst. Worte wie „Abgaswegeüberprüfung“ und „Immissionsschutzmessung“ kommen auf ihrem Kanal regelmäßig vor – und sorgen nicht für Langeweile, sondern für interessierte Nachfragen. Dass so etwas „social media“-tauglich funktioniert, hätte Bothur anfangs selbst nicht gedacht.
„Oft wissen die Menschen gar nicht, was ein Schornsteinfeger alles macht“, sagt die Handwerkerin, die regelmäßig mit ihrer Community interagiert und Fragen beantwortet. Was zum Beispiel dazu zählt: Die Überprüfung von Heizungs-, Abgas- und Lüftungsanlagen aber auch die Reinigen von Schächten und Leitungen sowie Kohlenmonoxid-Messungen.
Verändertes Heizverhalten macht den Schornsteinfeger nicht arbeitslos
„Mir ist es besonders wichtig, junge Menschen für den Beruf zu begeistern. Die Aufstiegschancen und Verdienstmöglichkeiten sind nämlich richtig gut“, sagt Bothur. Wer technisches Verständnis mitbringe und keine Höhenangst habe, könne als Schornsteinfeger einen abwechslungsreichen Beruf finden.
Nur, weil sich das Heizverhalten in vielen Häusern gerade verändere – Stichwort Wärmepumpe und Co. – bedeute das noch lange nicht das Ende von Schornsteinfegern. „Viele Schornsteinfeger sind zum Beispiel zusätzlich als Energieberater qualifiziert und stellen Energieausweise aus“, sagt Bothur.
38-Jährige aus Bochum einzige Frau im Vorstand des Bundesverbands
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Gerade den jungen Frauen will sie Mut machen. „Ich arbeite als Handwerkerin und sehe trotzdem aus wie eine Frau“, sagt sie und lacht. Dass sie Ahnung von ihrem Fach hat, davon hat sie auch den Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks überzeugt. Im vergangenen Jahr wurde sie im Mai zur Vorständin gewählt, insgesamt gehören zum Team sechs weitere Personen – außer Bothur alle männlich.
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Ein Problem hat sie darin nie gesehen. „Ich bin immer gut aufgenommen worden“, sagt die 38-Jährige, die obendrein auch noch an einer Meisterschule unterrichtet. Im Fachverband ist sie für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig, kümmert sich um Verbandsmagazin, Ausbildungskampagne und Berufsmessen. „Ganz schön zeitintensiv“ sei das, gibt sie zu.
Ihren Humor und ihre gute Laune hat sie allerdings nie verloren. Eine Frage wird ihr nämlich täglich gestellt: „Ob ich Glück bringe“, sagt Bothuer und lacht. Ihre Antwortet lautet dann so: „Natürlich! Und wenn Sie im Lotto gewinnen: Die Hälfte abgeben.“
Frauenanteil von zehn Prozent
Julia Bothur heißt bei „Instagram“ so: „Schornsteinfegerin_julia“.
Das Schornsteinfegerhandwerk zählt deutschlandweit über 21.000 Beschäftigte, davon sind etwa zehn Prozent weiblich.
Schornsteinfeger können auch studieren: So bieten z. B. das Schornsteinfegerhandwerk in NRW und die Fachhochschule Gelsenkirchen die Berufsausbildung plus Bachelor-Studium im Bereich Versorgungs- und Entsorgungstechnik an.