Bochum. Eine neue Ausstellung beleuchtet die Rolle der Polizei Bochum in der NS-Zeit. Was gezeigt wird, ist kaum überraschend und doch niederschmetternd.

„Das fasst mich auch persönlich an“, sagt Polizeipräsident Jörg Lukat. Als wichtige Aufarbeitung der Vergangenheit, zugleich aber auch als bedrückend gegenwärtige Mahnung versteht er eine Dauerausstellung, die erstmals die Rolle der Bochumer Polizei in der NS-Zeit beleuchtet. Sie ist ab sofort auch für Besucher geöffnet.

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„Schlaglichter – von Verblendung zu Veränderung“, heißt die Dokumentation im Polizeipräsidium an der Uhlandstraße. Ein Jahr lang hat Polizeidirektorin Nina Fischer mit zehn engagierten Kolleginnen und Kollegen zusammengetragen, welchen Anteil die Bochumer Polizei und die „Geheime Staatspolizei“ (Gestapo) mit Sitz ab 1942 an der Bergstraße 76 an den Verbrechen im Nationalsozialismus hatten.

Neue Ausstellung in Bochum: Verfolgung, Verhaftung, Deportation

Polizeidirektorin Nina Fischer hat die Arbeiten zur Ausstellung im Bochumer Polizeipräsidium geleitet. Auch Originale werden gezeigt. Auf dem Holzstuhl wurden seinerzeit Fotos der NS-Opfer gemacht.
Polizeidirektorin Nina Fischer hat die Arbeiten zur Ausstellung im Bochumer Polizeipräsidium geleitet. Auch Originale werden gezeigt. Auf dem Holzstuhl wurden seinerzeit Fotos der NS-Opfer gemacht. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Das Ergebnis ist wenig überraschend – und doch niederschmetternd. Auch die Polizei sei von den nationalsozialistischen Machthabern „zum Schüren von Ängsten, zur Anwendung von Gewalt und zur generellen Einschüchtung eingesetzt“ worden, heißt es. „Die fehlende Rechtsstaatlichkeit (...) und der staatlich organisierte Terror stehen in absolutem Gegensatz zur heutigen Polizei im demokratischen Rechtsstaat.“

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Was das heißt, wird im Keller des 1929 errichteten Polizeipräsidiums auf Text- und Bildtafeln, in Filmen und Archivbänden nachhaltig gezeigt. Als vielfach willfährige Helfer der Nazi-Schergen waren Polizeibeamte an der Verfolgung und Verhaftung jüdischer Mitbürger sowie Sinti und Roma (als „Zigeunerplage“ diffamiert) beteiligt, leisteten die Vorarbeit für Zwangssterilisationen, Deportationen und Massenmorde im KZ.

Die NS-Dokumentation der Polizei (hier eine Original-Kamera) ist nach vorheriger Anmeldung ab sofort auch für Besucher geöffnet.
Die NS-Dokumentation der Polizei (hier eine Original-Kamera) ist nach vorheriger Anmeldung ab sofort auch für Besucher geöffnet. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Polizei Bochum hat unter NS-Führung Schuld auf sich geladen

Historische Unterlagen, die man einsehen kann, belegen die Schuld, die die Polizei unter NS-Führung auf sich geladen hat. Nur schwer zu ertragen sind Bilder von Massengräbern und Erschießungen durch das „Polizeibataillon 301“, das für die „Partisanenbekämpfung“ zuständig war.

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600 Todesopfer soll es damals in Bochum gegeben haben. Leichen von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern wurden im Stadtpark gefunden, wo sie in einem Bombentrichter verscharrt wurden.

Aus der Vergangenheit müsse man lernen, sagt Bochums Polizeipräsident Jörg Lukat

Stolz ist Polizeipräsident Jörg Lukat, die Ausstellung komplett durch eigene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter realisiert zu haben. Wissenschaftliche Expertise von außen brachte Dr. Marius Seydel, Historiker an der Ruhr-Universität, ein.

Die Demokratie sei auch und gerade in diesen Zeiten verwundbar, warnt Jörg Lukat. Elementar sei es deshalb für die Polizei, aus der Vergangenheit zu lernen, die freiheitlich-demokratische Grundordnung täglich neu zu verteidigen und „dieses Bewusstein immer weiter zu verankern“. Umso verachtenswerter, so Lukat, seien die bekannt gewordenen Chatgruppen von Polizeibeamten mit rechtsextremen, vielfach menschenverachtenden Inhalten.

Polizeipräsident Jörg Lukat (re.) zeigt sich stolz auf die Kolleginnen und Kollegen, die die Ausstellung erarbeitet haben.
Polizeipräsident Jörg Lukat (re.) zeigt sich stolz auf die Kolleginnen und Kollegen, die die Ausstellung erarbeitet haben. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Ausstellung im Präsidium kann nach Voranmeldung besucht werden

Die Arbeit an der Ausstellung wird fortgesetzt. Eine Erweiterung wird angestrebt, möglichst auch mit Hilfe der Jüdischen Gemeinde Bochum-Herne-Hattingen.

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Wichtig ist es der Polizei, die Dokumentation für alle Interessenten zugänglich zu machen. Dabei gibt es zwei Einschränkungen: Für Kinder ist die Ausstellung wegen der grausamen Bilder nicht geeignet. Schulklassen sollten sich zuvor im Unterricht intensiv mit dem Thema befasst haben und die Dokumentation mit ihrem Lehrer oder ihrer Lehrerin besichtigen.

Alle Führungen werden von der Polizei begleitet. Um Anmeldungen wird per E-Mail an leitungsstab.bochum@polizei.nrw.de gebeten.