Düsseldorf. Oft kann braune Hetze in geschlossenen Gruppen nicht bestraft werden. Jetzt sollen für Staatsdiener strengere Maßstäbe gelten.
Rechtsextreme Chat-Nachrichten von Staatsdienern sollen nach dem Willen der schwarz-grünen Landesregierung künftig leichter bestraft werden können. Das Kabinett hat am Dienstag eine entsprechende Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht. Ziel ist es, gemeinsam mit dem Bund das Strafgesetzbuch und das Wehrstrafgesetz so zu ändern, dass rassistische, antisemitische oder fremdenfeindlichen Inhalte von Mitarbeitern des Öffentlichen Dienstes in geschlossenen Chatgruppen nicht mehr folgenlos bleiben.
„Null-Toleranz gilt auch nach Innen. Wenn Amtsträgerinnen und Amtsträger querschlagen, müssen wir auch in der Lage sein durchzugreifen“, erklärte Innenminister Herbert Reul (CDU). Geschlossene Chatgruppen dürften „keine Privatpartys mehr bleiben, auf denen sich wie selbstverständlich extremistisch oder kriminelle Schmuddelbildchen zugeschickt werden, ohne dass das auch strafrechtliche Konsequenzen hat“, so Reul weiter.
Mülheimer Polizei-Chats brachten Skandal ins Rollen
Seit 2020 legt NRW ein besonderes Augenmerk auf die innerbehördliche Verfolgung rechtsextremistischer Verhaltensweisen im Polizeiapparat. Auslöser war der Skandal um eine Dienstgruppe in Mülheim an der Ruhr, die in privaten Chatgruppen übelste Neonazi-Hetze geteilt hatte. Die braunen Umtriebe waren nur durch einen Zufall ans Licht gekommen, als bei anderweitigen Ermittlungen gegen einen Polizisten dessen Handy beschlagnahmt und ausgelesen wurde. Nur in zwei Fällen konnten die Beamtenverhältnisse jedoch beendet werden. Auch unter Justizvollzugsbediensteten und Soldaten waren ähnliche Vorfälle bekannt geworden.
Rechtlich erweist es sich bislang als problematisch, dass Verhaltensweisen in nicht-öffentlichen Chats unter Kollegen nur schwer als Volksverhetzung zu verfolgen sind. Voraussetzung dafür wäre das Tatbestandsmerkmal „Verbreiten eines Inhalts“, wenn ein größerer, nicht mehr kontrollierbarer Personenkreis angesprochen wird.
Innenministerkonferenz hat sich bereits zu Gesetzesänderung bekannt
Mit der Bundesratsinitiative will NRW jetzt das Strafgesetzbuch so reformieren, dass bei Amtsträgern schon eine „Kommunikationskultur“ verboten wird, die das Vertrauen in die rechtsstaatliche Amtsführung im Sinne der freiheitlich demokratischen Grundordnung erschüttern könnte. Über eine Änderung des Wehrstrafgesetzes soll Gleiches auch für Soldaten gelten.
„Es ist mir wichtig, dass wir jetzt früh einen strafrechtlichen Riegel davor setzen, wenn einzelne meinen, rassistische, antisemitische und fremdenfeindliche Ideologien im Zusammenhang ihrer dienstlichen Tätigkeit austauschen zu können”, erklärte Justizminister Benjamin Limbach (Grüne). Der Bundesrat müsste den NRW-Antrag nun in den Bundestag einbringen. Die Erfolgsaussichten sind nicht schlecht, da die Innenministerkonferenz bereits vor zwei Jahren parteiübergreifend gefordert hatte, Beamte auch dann strafrechtlich zu verfolgen, wenn sie volksverhetzende Inhalte in geschlossenen Chat-Gruppen teilen.