Bochum. PCB belastet viele Gebäude der Ruhr-Uni Bochum. Knapp 300 Millionen Euro haben Sanierung und Neubauten schon gekostet. Jetzt wird wieder gebaut.
Über die Schönheit der Ruhr-Universität Bochum wurde schon viel diskutiert. Es gibt Bewunderer ebenso wie scharfe Kritiker. Eines aber ist sicher. Für Architektur- und Baustoff-ingenieuwissenschaftler ist der Betontrabant in Querenburg geradezu ein Eldorado. Abriss und Aufbau halten sich dort gerade mal wieder die Waage.
Ruhr-Universität Bochum ist seit 2015 denkmalgeschützt
Während einer der riesigen Betonriegel in der Reihe der Geisteswissenschaftsgebäude, das Haus GC derzeit abgerissen wird, beginnt auf der anderen Seite in der Reihe der Naturwissenschaftsgebäude bald der Neuaufbau von NA. Nach etwa zwei Jahren ist der Abriss des alten NA-Komplexes im Rahmen der Campussanierung an der Ruhr-Uni fast abgeschlossen. An derselben Stelle wird der Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes Nordrhein-Westfalen (BLB NRW) einen modernen Ersatzneubau errichten. Und der wird, so das Versprechen, „mit erstklassigen Lehr- und Forschungsbedingungen“ aufwarten und sich perfekt in den denkmalgeschützten Campus einfügen.
Eigentlich sind die Betongiganten seit 2015 denkmalgeschützt. Aber weil viele PCB-belastet sind, werden sie im Rahmen eines millionenschweren Programms entweder saniert oder abgerissen und neu gebaut.
Vom alten NA-Gebäude bleiben nur drei Kunstwerke bestehen
Vom alten NA-Gebäude ist bis auf drei Kunstwerke, die vor dem Abriss gesichert wurden, nichts mehr übrig geblieben. Die Betonskulptur „Evolution“ (Hans Holtwiesche), ein Beton-Wandrelief (Henryk Dywan) und eine Metallverkleidung des nördlichen Versorgungskerns (Erwin Heerich) bleiben erhalten.
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Für den Neubau wird gerade die 135 Meter lange und 120 Meter breite Baugrube ausgehoben. Dazu gehören auch, so der BLB, spezielle Maßnahmen für den Schutz und zur Sicherung der Nachbargebäude. „Die Rohbauarbeiten werden voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte starten. In Spitzenzeiten werden bis zu 400 Menschen auf der Baustelle beschäftigt sein“, sagt BLB-Projektleiterin Ina Geisensetter. Da sei nicht zuletzt „eine logistische Herausforderung“.
Für das neue Gebäude ist eine Plattengründung vorgesehen. „Dabei werden unterschiedlich dicke Bodenplatten auf verschiedenen Höhen eingebracht, um die Last des Bauwerks gleichmäßig auf die gesamte Fläche des Fundaments zu verteilen“, heißt es. Im NA-Komplex wird voraussichtlich Platz für etwa 4200 Lehrende, Studierende und Beschäftigte sein.
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Der NA-Nachfolger wird mit modernster Gebäudetechnik und einer neuen Raumaufteilung ausgestattet sein. Das Gebäude beherbergt zukünftig die Fakultät Physik und Astronomie sowie ein Schülerlabor. Neben den Forschungslaboren für die Fakultäten werden Lern- und Bibliotheksflächen sowie eine Cafeteria das Angebot ergänzen. Der Ersatzneubau wird optisch dem alten NA-Gebäude ähneln.
Altes NA-Gebäude stammt aus den 1960er Jahren
Der Abriss des in den 1960er Jahren gebauten alten NA-Komplexes hatte im November 2021 begonnen, die Firma Heitkamp (Herne) hat ihn erledigt. Untersuchungen hätten gezeigt, „dass eine Sanierung des alten Gebäudes nicht mehr möglich war“. Studierende, Forscher und Beschäftigte sind in den Gebäuden IA und IB untergebracht.
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Die Kosten dafür werden zig Millionen Euro betragen. Die genaue Summe für die aktuellen Baumaßnahmen der Gebäude NA und GC stehen, so der BLB, erst nach Abschluss aller Maßnahmen fest. Eines ist aus Sicht des BLB aber sicher: „Aufgrund der in jüngerer Vergangenheit anspruchsvollen Marktentwicklung sowie der Inflation ist mit höheren Baukosten zu rechnen als bei den abgeschlossenen Maßnahmen der I-Reihe“.
200 Millionen Euro haben allein Abriss und Ersatz für IA und IB gekostet
Zum Vergleich: Die Kosten des neuen Gebäudes ID inklusive der Werkstatt IDN und der Mittelspannungsschaltanlage (MSSA) lagen bei etwa 80 Millionen Euro, so der BLB. Die Kernsanierung von IC hat etwa 90 Millionen Euro gekostet. Die Kosten für den Ersatzneubau des Gebäudekomplexes IA und IB lagen insgesamt bei etwa 200 Millionen Euro. – inklusive der Rückbauarbeiten, wie es heißt.
NA soll 2027 fertig sein, GC 2029 folgen
Beauftragt wurden mit Abriss und Neubau unterschiedliche Firmen. So hat den Neubau ID in der I-Reihe das Bauunternehmen MBN GmbH hergestellt. Die Sanierung des Gebäudes IC sowie die Ersatzneubauten von IA und IB wurden von der Hochtief AG erstellt. Das alte NA-Gebäude wurde von Heitkamp aus Herne abgerissen. Der Nachfolger soll Mitte 2027 fertig sein und im Herbst 2027 an die Ruhr-Uni übergeben werden.
Ein paar Jahre später soll dann auch das neue GC-Gebäude bezugsfertig sein. Der Altbau wird voraussichtlich bis Ende 2024 abgerissen, der Nachfolger dann Ende 2028 stehen und voraussichtlich im Wintersemester 2029/30 an Netz gehen.
75.000 Tonnen Beton werden abgerissen
Viel Masse muss bewegt werden, um die Betongiganten der Ruhr-Uni abzureißen. Der GC-Komplex etwa steht auf einer Grundfläche von 43.000 Quadratmetern und besteht vor allem aus 75.000 Tonnen Beton. Sie müssen zerkleinert und abtransportiert werden. 1900 Tonnen Stahlschrott werden ausgebaut.
Etwa 110.000 Quadratmeter Decken und Wände müssen abschnittweise vor dem Abbruch zur Schadstoffsanierung oberflächlich abgefräst werden, 13.500 Quadratmeter Fassadenelemente ausgebaut, separiert und entsorgt bzw. recycelt werden.
Insgesamt 364 Balkone werden am Stück abgehoben, am Boden von PCB-haltigen Anstrichen befreit und anschließend zerkleinert. 1336 Heizkörper werden ausgebaut und etwa 9000 Langfeldleuchten demontiert und entsorgt
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