Bochum/Herne. Tausende Menschen sollen sich heute von Bochum bis Herne die Hände gegen rechts reichen. Um 14.30 Uhr geht‘s los. Hier sind die aktuellen Infos.

„Die Spannung steigt“, sagt Christopher Becker. Der Sprecher der Awo Ruhr-Mitte zeigt sich am Sonntagmittag mit weiteren Akteuren der heimischen Wohlfahrtsverbände zuversichtlich, dass das große Ziel erreicht wird. Mindestens 4500 Kinder, Jugendliche und Erwachsene sollen sich um 15 Uhr die Hände reichen, um mit einer Menschenkette die Rathäuser von Bochum und Herne zu verbinden und ein Zeichen gegen Rechtsextremismus setzen. Hier sind alle aktuellen Infos.

Wie kam es zu der Idee?

Seit Januar finden Kundgebungen gegen rechts bundesweit riesigen Zulauf. In Bochum beteiligten sich am 19. Januar 13.000 Menschen (laut Veranstalter 15.000) an einer der größten Demonstrationen der letzten Jahrzehnte. Am 17. Februar protestierten 3000 Menschen am Bergbaumuseum gegen die AfD. „Das hat uns Mut gemacht, mit der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege Bochum selbst die Initiative zu ergreifen und dabei Herne mit ins Boot zu holen“, sagt Awo-Sprecher Becker.

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Warum marschieren die Wohlfahrtsverbände vorweg?

Weil hier besonders viele Beschäftigte mit Migrationshintergrund arbeiten. Auf 20 bis 25 Prozent wird ihr Anteil in Bochum geschätzt. „Die menschenverachtenden Pläne von AfD und weiteren rechtsradikalen Kreisen, Millionen von in Deutschland lebenden Menschen zu vertreiben, haben uns gesellschaftlich tief bewegt und wären obendrein eine Katastrophe für die Träger der Freien Wohlfahrtspflege“, heißt es im Aufruf „Seite an Seite für Demokratie und Menschlichkeit.“ Awo-Geschäftsführer Marc Schaaf bekräftigt: „Wir reden über Menschen, über Freundinnen und Freunde, über Kolleginnen und Kollegen, die davon betroffen wären.“

Woher verläuft die Menschenkette?

Die Strecke führt in Bochum über die Hans-Böckler-, Brück- und Herner Straße und weiter in Herne über die Bochumer-, Bahnhof- und Behrensstraße bis zum Friedrich-Ebert-Platz. Sie umfasst von Rathaus zu Rathaus rund sieben Kilometer, davon vier Kilometer auf Bochumer Stadtgebiet.

Kann die Kette geschlossen werden?

Die Chancen stehen gut. 4500 Menschen (Rechnung: eine Person pro 1,5 Meter) wären notwendig. 9000 hauptamtliche Mitarbeitende und 3000 Ehrenamtler sind in Bochum bei der Caritas, Diakonie, Awo, DRK, dem Paritätischen und der Jüdischen Gemeinde Bochum-Herne-Hattingen tätig, von der Kita bis zum Seniorenzentrum. Kann – wie auch in Herne – ein Großteil von ihnen mobilisiert werden, wäre der Schulterschluss allein aus „Bordmitteln“ komplett.

Sind nur die Wohlfahrtsverbände am Start?

Keineswegs! Ausdrücklich sind in beiden Städten alle Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, heute Flagge gegen rechts zu zeigen. Diesmal zählt auch die CDU in Bochum zu den Unterstützern. „Da die Strecke über die Herner Straße verläuft, bitten wir alle Riemkerinnen und Riemker und insbesondere auch unsere Mitglieder und Freunde, sich in die Menschenkette einzureihen“, appelliert der Vorsitzende der CDU Riemke, Lothar Gräfingholt: „Ich hoffe, wir werden eng nebeneinander stehen.“

Wie wird die Menschenkette organisiert?

Alle Teilnehmer sind aufgerufen, sich um 14.30 Uhr auf der Strecke einzufinden. Sie ist in sieben Abschnitte mit festen Treffpunkten eingeteilt (siehe Grafik). Jeder Abschnitt ist einem Wohlfahrtsverband zugeordnet. Insgesamt 90 Ordner sind im Einsatz. Sie sollen dafür Sorge tragen, dass in ihrem Sektor ausreichend Teilnehmer vor Ort sind. Drohen Lücken, sollen Demonstranten aus benachbarten Abschnitten herbeigerufen werden. Um 15 Uhr soll die Kette geschlossen sein.

Kirchliche Organisationen wie die Caritas und Diakonie zählen zur Bochumer AG Wohlfahrtspflege, die zur Teilnahme an der Menschenkette aufruft (hier bei der Großkundgebung im Januar in der Innenstadt).
Kirchliche Organisationen wie die Caritas und Diakonie zählen zur Bochumer AG Wohlfahrtspflege, die zur Teilnahme an der Menschenkette aufruft (hier bei der Großkundgebung im Januar in der Innenstadt). © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Wo befinden sich die Abschnitte?

Rathaus Herne bis Kreuzkirche: Treffpunkt Rathaus (Koordination: Der Paritätische);

Kreuzkirche bis Haltestelle Hölkeskampring: Treffpunkt Kreuzkirche (Caritas).

Haltestelle Hölkeskampring bis Shell-Tankstelle Bochum, Herner Straße 463: Treffpunkte Lidl, Südstraße 75 in Herne, sowie FitX, Herner Straße 412-414 in Bochum (Awo).

Shell-Tankstelle bis Lutherhaus: Teffpunkt Riemke Markt (Diakonie).

Lutherhaus bis Restaurant Kazahana, Herner Straße 219: Treffpunkt Riemke Markt (Diakonie).

Restaurant Kazahna bis Bergbaumuseum: Treffpunkt Videothek Herner Straße 150 (Diakonie).

Bergbaumuseum bis Rathaus Bochum: Treffpunkt: Bergbaumuseum (Der Paritätische, Jüdische Gemeinde).

Sind die Stadtspitzen dabei?

Ja. Der Bochumer Oberbürgermeister Thomas Eiskirch und sein Herner Amtskollege Frank Dudda (beide SPD) sollen die kommunale Anti-Nazi-Koalition an der Stadtgrenze (Lidl-Parkplatz Bochumer Straße/Südstraße) um 15 Uhr symbolisch besiegeln und den Lückenschluss herstellen.

Was ist zu beachten?

Die Teilnehmer sollen sich ausschließlich auf den Bürgersteigen (links in Richtung Herne) aufhalten und nicht die Fahrbahnen betreten. Zwar ist die Polizei vor Ort. Der Verkehr läuft aber weiter. Straßensperrungen wird es nach Angaben der Organisatoren nicht geben. Autofahrer sollten vorsichtig unterwegs sein.

Der AfD-Kreisverband Bochum prangert „undemokratische Gewaltaufrufe“ bei Demonstrationen (hier im Januar in der Bochumer Innenstadt) an.
Der AfD-Kreisverband Bochum prangert „undemokratische Gewaltaufrufe“ bei Demonstrationen (hier im Januar in der Bochumer Innenstadt) an. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Was sagt eigentlich die AfD?

„Als Rechtsstaatspartei begrüßt es die AfD Bochum, wenn Menschen ihr Grundrecht auf Meinungsfreiheit und Versammlungsrecht nutzen“, heißt es in einer Stellungnahme. „Dabei ist es jedoch befremdlich, wenn Menschen gegen Hass demonstrieren möchten, aber gleichzeitig Botschaften mit undemokratischen Gewaltaufrufen wie ,AfDler töten’ zulassen.“ „Mit Sorge“ betrachte es die AfD zudem, „wenn Regierungsvertreter ihre Machtposition ausnutzen, um zu Demonstrationen gegen die Opposition aufzurufen. Wenn selbsternannte Demokraten selbst undemokratische Mittel zur Bekämpfung einer demokratischen Opposition einsetzen, dann schadet dies unserer Demokratie.“

Auf der Internetseite der AfD Bochum ist ein früherer Eintrag zu lesen: „War ja dann wohl nichts mit euren Demos gegen alles und jeden, der nicht links ist“, wird auf aktuelle Umfragen verwiesen. Und weiter: „Die Zeit läuft ab, spätestens im Herbst 2025!“