Bochum. Zwei Jahre dauert der Krieg in der Ukraine an. Alina Henova und Olena Bardakova sind 2022 nach Bochum geflohen. Wie es ihnen heute hier geht
„Ich bin zufrieden hier. Deutschland gefällt mir“, sagt Alina Henova (42). Im März 2022, kurz nach Beginn des russischen Angriffskrieges, ist sie aus der Ukraine geflüchtet und lebt seitdem in Bochum. „Es fühlt sich so an, als wäre das schon länger her, vier oder fünf Jahre.“
Henova versucht im Alltag, nicht immer die Nachrichten zu lesen oder zu sehen. „Sonst weine ich, es macht mich sehr traurig“, sagt sie. 2024 und es ist immer noch Krieg. Das zu begreifen, fällt ihr schwer.
- Tausende Menschen aus der Ukraine sind 2022 nach Bochum geflüchtet. Wie viele geblieben sind und wie viele nun einen Job haben. Ein Überblick.
- Olena Bardakova und Alina Henova sind aus der Ukraine nach Bochum geflohen, bauen sich dort ein neues Leben auf. So haben wir im September 2022 über die beiden Frauen berichtet.
Trotzdem, in Bochum, genauer gesagt in Höntrop, hat sie eine neue Heimat gefunden. Die 42-Jährige lebt dort mit ihrem Sohn (11) und ihrer Tochter (7). „Meine Tochter besucht die Grundschule, mein Sohn das Märkische Gymnasium. Beide sprechen gut deutsch.“ Der Elfjährige schreibe in der Schule regelmäßig Zweien und Dreien, auch im Deutschunterricht. „Ich bin stolz auf meine Kinder, aber auch auf mich“, sagt Henova.
Ukrainerin findet in Bochum ein neues Zuhause und einen neuen Job
Die WAZ hat sie zum ersten Mal im September 2022 zum Interview getroffen. Seit fünf Monaten lernt Henova zu diesem Zeitpunkt die deutsche Sprache. „Ich möchte arbeiten“, macht die Anästhesie-Ärztin, die in der Ukraine zwölf Jahre in dem Beruf gearbeitet hat, deutlich.
Damals geht das nicht, ihre Sprachkenntnisse reichen nicht aus – anders als jetzt, etwa anderthalb Jahre später. „Ich habe am 25. Januar meine C1-Prüfung bestanden“, berichtet Henova. Im September hat sie in zwei Krankenhäusern Praktika gemacht. Auf vier Vorstellungsgespräche in den vergangenen Wochen folgten Zusagen von vier Krankenhäusern in Herne oder Bochum. Nun fehlt nur noch die Unterschrift unter dem Vertrag und die Berufserlaubnis, die die Bezirksregierung in Münster erteilen muss.
Alina Henova möchte erst einmal in Bochum bleiben
Einmal war Henova seit Kriegsbeginn zurück in der Ukraine, um dort Unterlagen abzuholen. „Ich habe mein Haus dort gesehen und trotzdem war es nicht mehr mein Zuhause. Nach zwei Tagen habe ich gedacht, ich möchte zurück nach Hause.“ Damit meint sie ihre neue Heimat, Bochum.
Ob sie dauerhaft hier bleibt? „Ich weiß nicht, was in fünf Jahren passiert. Wenn mit meiner Arbeit alles gut läuft, bleibe ich“, sagt Henova. Was sie allerdings beschäftigt: Ihr Ex-Mann lebt weiterhin in der Ukraine, die Kinder haben ihren Vater seit zwei Jahren nicht gesehen. „Sie sollten eigentlich mit beiden Elternteilen aufwachsen.“
Beim Interview mit der WAZ im September 2022 sitzt Alina Henova neben Olena Bardakova. Im Abstand von wenigen Tagen sind die beiden Frauen aus der Ukraine nach Bochum geflüchtet, unabhängig voneinander.
Als in der Heimat im Februar der Krieg beginnt, entscheidet sich Bardakova nach Bochum reisen. Dort lebt ihre Tochter bereits, sie studiert an der Ruhr-Universität. Nachdem Bardakova zuerst in einem Hotel und dann in einer Flüchtlingsunterkunft unterkommt, findet sie eine Wohnung in Hamme.
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Die mittlerweile 44-Jährige spricht fließend Deutsch und Englisch. In der Ukraine arbeitet sie als Dozentin an einer Universität, am Institut für Fremdsprachen. In Bochum angekommen, wendet sie sich an die Ruhr-Universität. Dort zu arbeiten ist aber nicht möglich, ihr fehlt ein Zertifikat, das ihre Sprachkenntnisse nachweist. Sie wendet sich an das Sprach- und Qualifizierungszentrum für Zugewanderte (Quaz).
Festanstellung seit September 2022
Zuerst unterstützt sie die pädagogischen Kräfte vor Ort, hilft bei der Erstaufnahme. Seit dem 1. September 2022 hat sie eine feste Anstellung, leitet unter anderem Sprachkurse – bis heute. Auch eine Gruppe für geflüchtete Frauen hat sie ins Leben gerufen. Einmal pro Woche geht es um ganz verschiedene Themen: Zeitmanagement, Organisatorisches oder Nachhaltigkeit und Umweltschutz – ein Herzensthema von Bardakova .
Der 44-Jährigen geht es gut in Bochum, sie lebt in Hamme zusammen mit ihrer Mutter. „Die Menschen in Deutschland sind sehr freundlich und bereit, zuzuhören. Ich bin wirklich dankbar“, sagt sie. Auch darüber, von der Situation in ihrem Land erzählen zu dürfen. „Das ist ganz wichtig.“
Dass nach zwei Jahren immer noch Krieg in ihrem Heimatland herrscht, ist für sie nur schwierig zu akzeptieren. „Wir möchten den Krieg nicht. Wenn man ihn nicht stoppt, ist es möglich, dass weitere Länder angegriffen werden“, appelliert sie. Jede Person solle ihr Mögliches für den Frieden tun.
Rückkehr in die Ukraine? „Das ist schwierig zu sagen“
Doch wie geht es weiter für die 44-Jährige? „Jetzt bin ich hier in Bochum“, sagt sie. Ob sie einmal zurück in die Ukraine gehen wird? „Das ist schwierig zu beantworten.“ Bardakova weicht dem Thema aus, wird nachdenklich. Gleichzeitig appelliert sie an ihre Mitmenschen. „Kinder und Erwachsene können hier einfach durch die Stadt gehen, die Vögel zwitschern hören. Dass das möglich ist, sollten alle wertschätzen.“