Bochum. Mehrere Tage lang hatte ein Theater in Bochum ungebetenen Besuch: Eine Fledermaus kreiste über den Zuschauern. Das Tier zu fangen, war kniffelig.
Tiere im Theater sind ungewöhnlich: Bei „Die Brüder Karamasow“ im Schauspielhaus Bochum zieht ein Hund alle Blicke auf sich, auch ein Pferd hat es hier vor ein paar Jahren schon auf die Bühne geschafft (in dem Weltuntergangs-Stück „Melancholia“). Getoppt wird dies jetzt von einem ungebetenen Besucher im Prinz-Regent-Theater Bochum: Dort gab eine Fledermaus mehrere Tage lang ein Gastspiel – und wirbelte die Vorstellungen gehörig durcheinander.
Fledermaus macht Theater in Bochum unsicher
„Erst habe ich mich total erschrocken“, erzählt Theaterleiterin Anne Rockenfeller. Vor wenigen Tagen ging sie durch den noch dunklen Bühnenraum, als plötzlich ein Tier nah an ihrem Kopf vorbeiflog. „Ich habe das Licht angemacht und gesehen: Es ist eine kleine Fledermaus!“ Wie sie ins Theater gekommen war, bleibt unklar: „Möglicherweise kam sie durch die Lüftungsanlage oder sie ist einfach durch die Vordertür ins Foyer geflogen.“
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Das Prinz-Regent-Theater wandte sich zunächst ans Tierheim, das allerdings keine Wildtiere aufnimmt. „Wir bekamen dann den Tipp, es bei ‚Bats-Motel‘ in Castrop-Rauxel zu versuchen, die sich ehrenamtlich um solche Fälle kümmern.“ Noch am selben Abend machte sich die ganze Theaterbelegschaft unter Unterstützung der Expertin Daniela Kumbein auf die Jagd – zunächst erfolglos: „Man weiß ja, dass Fledermäuse geräuschempfindlich sind. Also haben wir die Tonanlage bis zum Anschlag aufgedreht und überall das Licht angestellt. Aber sie hatte sich gut versteckt.“
Am nächsten Tag war das Fledermaus-Problem noch immer nicht gelöst, dafür stand am Abend eine Vorstellung auf dem Programm: „Orlando“ nach dem Roman Virginia Woolf. „Wir haben die Zuschauer vorher gewarnt, dass es während der Aufführung zu einem ungebetenen Starauftritt kommen könnte“, erzählt Rockenfeller lächelnd. „Deswegen gegangen ist aber niemand.“ Außerdem seien Begegnungen mit Fledermäusen in unseren Breitengraden ungefährlich: „Sie können keine Krankheiten übertragen und kommen Menschen normalerweise nicht zu nahe.“
Trotz ungewöhnlichem Besuch: Die Schauspieler spielen tapfer weiter
Normalerweise! Denn das Fledermaus-Weibchen, das inzwischen „Prinzessin Regent“ getauft worden war, hatte an „Orlando“ offenbar große Freude und kreiste beständig über den Köpfen der Zuschauer und des Ensembles hinweg. „Die Schauspieler haben einfach tapfer weitergespielt“, so Rockenfeller. Was eindrucksvoll zeigt: Die Fledermaus hat Geschmack, denn „Orlando“ ist wirklich sehenswert.
Die nächste Suchaktion lief bis etwa ein Uhr in der Nacht, doch es war wie verhext: Von der Prinzessin fehlte jede Spur. „Das alte Gebäude der Zeche bietet natürlich ideale Schlupfwinkel“, so Rockenfeller. Auch den beiden nächsten Vorstellungen von „Meisterklasse“ und „Der Tatortreiniger“ blieb die Fledermaus fern.
Die nächsten Vorstellungen
Vermutlich fledermausfrei finden die nächsten Vorstellungen im Prinz-Regent-Theater, Prinz-Regent-Straße 50-60, statt. Die Wiederaufnahme von Goethes „Faust“ ist am Freitag, 23. Februar, um 19.30 Uhr zu sehen. Der Theaterklassiker mit Maximilian Strestik und Oliver Möller konnte schon länger nicht gespielt werden.
Der zweite Teil der beliebten Theaterserie „Der Tatortreiniger“ folgt am Samstag, 24. Februar, um 19.30 Uhr. „Der Trafikant“ nach dem Roman von Robert Seethaler folgt als beeindruckende szenische Lesung am Sonntag, 25. Februar, um 18 Uhr. „Orlando“, das Lieblingsstück der Fledermaus, ist wieder am Donnerstag, 29. Februar, um 19.30 Uhr zu sehen. Karten: 0234 77 11 17 und prinzregenttheater.de
Bis eine Aushilfe den flatternden Besucher plötzlich neben der Bühne durch einen Seitentrakt in Richtung Garderobe fliegen sah. Im Duschraum konnte die Fledermaus dann gefangen und in eine vorbereitete Box gesperrt werden. „Sie war völlig entkräftet“, sagt Anne Rockenfeller. „Offenbar war sie sehr hungrig und durstig.“
Seither wird die Fledermaus von Daniela Kumbein aufgepäppelt, frisst Mehlwürmer, trinkt gut und soll alsbald wieder in die freie Wildbahn entlassen werden. Im Theater hat der ungewöhnliche Gast bleibenden Eindruck hinterlassen: „Sie ist uns richtig ans Herz gewachsen.“