Bochum. Kein Bus, keine Bahn: Der ÖPNV steht am Freitag wegen des Warnstreiks still. In Bochum zeigen Betroffene Reaktionen von Verständnis bis Frust.

Else Ritschel hat – wie man das im Pott so sagt – den "Kaffee auf". Die Rentnerin ist seit kurz nach 6 Uhr morgens unterwegs und am Vormittag immer noch nicht an ihrem Ziel angekommen. "Ich bin völlig aus dem Zeitplan", klagt sie. Grund dafür: Der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) in Bochum liegt am Freitag, 2. Februar, lahm. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi streikt.

Keine Busse, keine Bahnen fahren mehr vom Hauptbahnhof. "Eigentlich möchte ich mir heute mehrere Möglichkeiten zum betreuten Wohnen angucken", sagt die 81-Jährige, die dafür extra aus Köln gekommen ist. Doch aus ihrem Vorhaben wird – so wie geplant – nichts.

"Von den Anlaufstellen kann ich nur zwei von fünf zu Fuß erreichen. Ich bin bereits mit dem Fahrrad zum Bahnhof gefahren", sagt Ritschel. Von dem Streik habe sie nicht gewusst. "Groll hege ich nicht, aber ich wäre dann heute nicht gefahren", gibt sie zu.

Bogestra-Warnstreik in Bochum: 300.000 Kunden betroffen

Ritschel ist eine von rund 300.000 Kunden, die betroffen sind. So viele Fahrgäste befördert die Bogestra durchschnittlich am Tag. Auch in Bochums Nachbarstädten wird der ÖPNV bestreikt. "Der Bogen ist überspannt", findet Konrad Wojcik. Weil kein Bus fährt, muss er die knapp zwei Kilometer vom Bahnhof zum Ruhrcongress laufen.

"Der Bogen ist überspannt", findet Konrad Wojcik. © Jonas Richter/FUNKE Foto Services

"Es hätte wenigstens einen Notfahrplan geben können. In Düsseldorf funktioniert das auch", ärgert er sich. Er hält die Gehaltsforderungen für nicht umsetzbar. "Jemand, der studiert hat, kann nicht nur zehn Prozent mehr verdienen als ein Busfahrer", meint er.

Die Streiks der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi fallen in etwa zusammen mit den Streiks der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und den Streiks des Flughafenpersonals. Auch Ärzte und Bauern haben in den letzten Wochen immer wieder gestreikt.

Bochumerin: "Die, die heute streiken, nicht dieselben wie vor ein paar Wochen"

"Ich habe Verständnis dafür", sagt Anna-Maria Gschossmann. Doch sie gibt zu: "Ich bin heute nicht auf den ÖPNV angewiesen gewesen, sondern musste nur zum Gericht laufen." Den sechs Tage langen Streik der Bahn habe sie jedoch als überzogen empfunden. "Die Menschen, die heute streiken, sind nicht dieselben, die vor ein paar Wochen gestreikt haben", erinnert sie. Den aufgestauten Frust bekämen sie trotzdem ab.

"Ich habe Verständnis dafür", sagt Anna-Maria Gschossmann. Sie gibt zu bedenken: "Die Menschen, die heute streiken, sind nicht dieselben, die vor ein paar Wochen gestreikt haben." © Jonas Richter/FUNKE Foto Services

Auch bei Max S. überwiegt trotz allen Widrigkeiten das Verständnis: "Es ist wichtig, dass Arbeitnehmer für ihre Rechte einstehen", sagt er.

Manuel F. wartet am Hauptbahnhof gerade auf einen Freund, der ihn mit dem Auto mitnehmen soll. "Normalerweise würde ich die U-Bahn zur Ruhr-Universität nehmen, das geht heute nicht", sagt der Informatik-Student. Ihn ärgert die Situation sehr. "Irgendwann ist auch genug gestreikt", meint der Bochumer.

Verständnis ja, aber "Streik trifft die Falschen"

Das Streikrecht für kritische Infrastruktur anders zu regeln, hält er dennoch nicht für den richtigen Weg. Er wünscht sich, dass endlich das grundlegende Problem gelöst wird. "Es ist so wichtig, dass der ÖPNV ausgebaut und klimafreundlich wird", erinnert er. "Gerade jetzt in dieser Zeit müssen wir die Lokführer und Busfahrer besonders ernst nehmen", meint er.

Auch Sven Glinski ist "ganz gewaltig" vom Streik des ÖPNV betroffen. "Ich habe heute Nacht bei einem Kollegen geschlafen, weil ich nachts nicht mehr nach Hause gekommen bin", sagt er. Nun hat er einen halbstündigen Fußmarsch zum Hauptbahnhof hinter sich. "Ich habe teilweise Verständnis, aber der Nah- und Fernverkehr war jetzt so oft hintereinander betroffen. Der Streik trifft gerade die Falschen", meint er.

Nichts los am Busbahnhof: Von Betriebsbeginn bis Ende gibt es in Bochum wegen des Warnstreiks am Freitag keinen ÖPNV.
Nichts los am Busbahnhof: Von Betriebsbeginn bis Ende gibt es in Bochum wegen des Warnstreiks am Freitag keinen ÖPNV. © Jonas Richter/FUNKE Foto Services

>>> Info: Wann es wieder weitergeht

Der ÖPNV nimmt am Samstag (3.) seinen Betrieb wieder auf. Die ersten Bahnen fahren gegen kurz vor 5 Uhr morgens wieder, die ersten Busse gegen kurz vor 6 Uhr morgens.

Genaue Auskünfte zu den Fahrplänen gibt es in der App "Muttis eTarif" oder unter www.bogestra.de. Auch die Kundencenter waren streikbedingt geschlossen. Am Hauptbahnhof öffnet es am Samstag wieder von 7.30 Uhr bis 16 Uhr.