Bochum. Anwohner sorgen sich um die Kinder: Auf ihrem Schulweg werde zu schnell gefahren und wild geparkt. Warum die Stadt Bochum Tempo 30 aber ablehnt.

Rund um die Erich-Kästner-Gesamtschule (EKS) in Bochum ist zu Beginn und nach Ende des Unterrichts immer gut was los. Viele Kinder und Jugendliche werden von ihren Eltern gebracht bzw. abgeholt oder nutzen die Busse. Da ist es wuselig und unübersichtlich. Anwohner halten die Situation im Bereich Markstraße/Stiepeler Straße für gefährlich und fordern nun Tempo 30. Die Stadt Bochum lehnt allerdings ab.

Zu gefährlich? Tempo 30 neben Bochumer Schule gefordert

Das Thema beschäftigt am Mittwoch, 17. Januar, den Ausschuss für Mobilität und Infrastruktur. Dem Gremium liegt ein entsprechender Bürgerantrag vor, in dem eine Tempo-30-Zone auf der Stiepeler Straße rund um den Kiefernweg gefordert wird, auf Höhe der Bushaltestellen.

Zudem regen die Anwohner mehr Kontrollen zu den Stoßzeiten an der EKS an. Morgens, so ab 7.30 Uhr, und nachmittags gegen 16 Uhr soll das Parkverhalten verstärkt in Augenschein genommen werden. „Schulkinder, die aus dem Bus steigen, müssen wegen auf dem Gehweg parkender Fahrzeuge auf die Fahrbahn ausweichen“, heißt es in dem Schreiben an die Verwaltung. Im Frühjahr erst sei ein Kind von einem Taxi angefahren worden.

Die Stadt Bochum empfiehlt den Mitgliedern des Ausschusses für Mobilität und Infrastruktur, dem Bürgerantrag nicht zu folgen. Obwohl genau an dieser Stelle früher bereits Tempo 30 galt. Dabei beruft sich die Verwaltung auf die Straßenverkehrsordnung (StVO).

Hintergrund: Früher befand sich die EKS direkt an der Ecke Markstraße/Stiepeler Straße. Seit dem Abriss des Altgebäudes und dem Umzug der Gesamtschule in den neuen Komplex ein paar Hundert Meter weiter die Markstraße längs in Richtung Universitätsstraße jedoch gelten aus Sicht der Stadt neue Voraussetzungen. Seither befinde sich „im Bereich der Bushaltestelle Kiefernweg kein direkter Zugang zum Gelände der Erich-Kästner Schule“. Diese liege ja inzwischen an der Markstraße im Bereich der Fußgängerbrücke. Aus diesem Grund sei auch „die zuvor im Bereich der Bushaltestelle Kiefernweg angeordnete höchstzulässige Geschwindigkeit von 30 km/h im Jahr 2013 wieder aufgehoben“ worden.

Das Schulgelände könne von der Haltestelle aus über den Gehweg der Stiepeler Straße und der Markstraße erreicht werden, heißt es aus dem Rathaus weiter. Die Stiepeler Straße sei an der Ampel auf der Kreuzung Markstraße/Stiepeler Straße sicher zu überqueren. „Die gesetzlichen Voraussetzungen der Straßenverkehrsordnung zur Reduzierung der Geschwindigkeit auf 30 km/h an dieser Stelle liegen daher nicht vor“, stellt die Stadt fest.

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Und noch ein anderer Aspekt verbiete Tempo 30 in besagtem Bereich. „Die Stiepeler Straße gehört zum gesamtstädtisch festgelegten Vorbehaltsstraßennetz.“ Heißt übersetzt: Anders als auf den übrigen Wohn- und Zufahrtsstraßen soll auf diesen Straßen der Durchgangsverkehr abgewickelt werden und die höchstzulässige Geschwindigkeit grundsätzlich 50 km/h betragen. Ausnahmen kämen laut StVO nur dort infrage, wo sich soziale Einrichtungen in unmittelbarer Nähe zur Hauptverkehrsstraße befinden, und wo eine besondere Gefahrenlage vorliegt.

Beides ist in diesem Bereich der Stiepeler Straße aus Sicht der Stadt nicht der Fall. Mit Ausnahme eines Vorfalls im Mai 2023 hätten sich an dieser Stelle im Zeitraum 2021 bis 2023 keine Unfälle ereignet, dies habe man in Rücksprache mit der Polizei in Erfahrung gebracht. Am 16. Mai sei eine Fußgängerin beim Queren der Fahrbahn hinter dem Linienbus von einem Pkw erfasst und verletzt worden. Eine Sichtbehinderung durch parkende Autos habe damals nicht vorgelegen.

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Dass es rund um die EKS zu Schulzeiten durchaus mal chaotisch wird, ist auch im Rathaus bekannt. Allein wegen regelmäßiger Meldungen der Bogestra über die zugeparkte Haltestellen, wegen derer die Busse häufig auf der rechten Fahrspur halten müssen. Der Außendienst der städtischen Verkehrsüberwachung habe daraufhin öfter vor Ort kontrolliert, allerdings keine Verstöße festgestellt, so die Stadt. Man wolle aber am Ball bleiben.

Auch gleich am ersten Schultag zum Schuljahresbeginn am 7. August 2023 sei an der Erich-Kästner-Schule kontrolliert worden. Parkverstöße seien aber auch dann nicht festgestellt worden, so die Verwaltung.

Stadt sagt auch zu Zebrastreifen nein

Die Bezirksvertretung Bochum-Süd wünscht sich auf der Markstraße vor der Erich-Kästner-Schule in Höhe der Verkehrsinsel einen Zebrastreifen. Anlass dafür ist ein Unfall einer Schülerin. Auch diesen Vorstoß lehnt die Stadt Bochum ab.

Ein Zebrastreifen dürfe gemäß Straßenverkehrsordnung nur dort aufgemalt werden, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend erforderlich sei. Wenn etwa an dieser Stelle sehr viele Fußgänger die Straße queren wollen und zugleich sehr viel Verkehr herrscht. Eine Zählung der Stadt vor den Sommerferien habe aber ergeben, dass dies in beiden Fällen nicht zutreffe. Zur Spitzenzeit am Mittag seien innerhalb einer Stunde 276 Fußgänger notiert worden, bei zeitgleich 218 passierenden Autos. Laut Stadt gibt es demnach ausreichend Phasen, in denen die Fahrbahn gefahrlos überquert werden kann.

Bei dem tragischen Unfall im Dezember 2022 habe ein 15-jähriges Mädchen die Fahrbahn betreten, ohne auf den fließenden Verkehr zu achten, heißt es aus dem Rathaus. Dies sei seit 2007 der einzige Vorfall gewesen, weshalb die Verwaltung die Stelle als unauffällig bezeichnet. Gefahrensituationen bei Fehlverhaltensweisen könnten leider nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Dies gelte jedoch auch an Zebrastreifen.

Die Stadt will die Verkehrssituation aber noch einmal neu bewerten, wenn auf dem ehemaligen Erich-Kästner-Areal das geplante Neubaugebiet realisiert ist. Vier große Wohnblöcke sollen auf dem fünf Hektar großen Gelände an der Ecke Markstraße/Stiepeler Straße gebaut werden, dazu ein Mehrfamilienhaus, ein Gebäude für Gewerbe, eine Kita mit vier Gruppen und eine neue Dreifach-Sporthalle.