Bochum: Tafel in Not – Lebensmittel nur noch alle 14 Tage?
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Bochum-Wattenscheid. Die Tafel in Bochum funkt SOS. Die Zahl der Bedürftigen steigt, die Spenden gehen massiv zurück. Ein Ausweg könnte eine 14-Tage-Ausgabe sein.
Die Tafel in Bochum und Wattenscheid erwägt, Lebensmittel nur noch alle 14 Tage auszugeben. Aktuell werden Bedürftige wöchentlich versorgt. „Die Zahl der Kundinnen und Kunden steigt, das Spendenaufkommen sinkt. Zum Jahresbeginn 2024 müssen wir die Situation neu bewerten“, kündigt Vorsitzender Stefan Schulze an.
8000 Menschen in Bochum werden von der Tafel unterstützt. Neben der Zentrale an der Laubenstraße in Wattenscheid gibt es fünf Ausgabestellen in Hamme, Dahlhausen, Werne, Langendreer und in der Bochumer Propsteikirche. Der Andrang ist groß. Die Zahl der Bedürftigen sei um rund 50 Prozent geklettert, berichtet Stefan Schulze. Gut ein Drittel der Tafel-Kunden seien Geflüchtete aus der Ukraine. „Wir wurden förmlich überrannt“, sagt der Chef von elf hauptamtlichen Mitarbeitern, 35 AGH-Kräften („Ein-Euro-Jobber“) und 50 Ehrenamtlern.
Bochumer Tafel: Spenden-Minus liegt bei 40 Prozent
Zugleich herrsche ein massiver Mangel an Lebensmitteln. Zwar klappern nach wie vor sieben Tafel-Fahrzeuge täglich mehr als 100 Geschäfte ab. Dort werde aber schärfer kalkuliert als in der Vergangenheit. „Es wird spitz gerechnet, um Kosten zu sparen. Da bleibt für uns am Ende nicht mehr viel übrig.“ Auf 40 Prozent beziffert Stefan Schulze das Spenden-Minus im Vergleich zu den Vorjahren. 20 Tonnen Lebensmittel können aktuell wöchentlich verteilt werden.
In diesem Jahr halfen Fördergelder – die sind für 2024 nicht in Sicht
Der Stopp konnte im August 2023 aufgehoben werden. „Aus Mitteln des Stärkungspaktes der NRW-Landesregierung haben wir 120.000 Euro für die zweite Jahreshälfte erhalten. Damit konnten wir Lebensmittel hinzukaufen und somit auch wieder neue Kunden registrieren“, schildert Schulze.
Für 2024 seien keine weiteren Fördergelder für die Tafel in Sicht. Für Bochum und Wattenscheid drohe der Rückfall in den „Dauerkrisenmodus“, den der Vorsitzende des Tafel-Dachverbandes, Andreas Steppuhn, in diesen Tagen beklagte hat. Erst der Krieg in Syrien, dann die Corona-Pandemie und schließlich der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hätten die Lage in den vergangenen Jahren weiter verschärft, während Bedürftige in den Ämtern hörten: „Geht mal zu den Tafeln, dort werdet ihr mitversorgt.“
Entscheidung über 14-Tage-Ausgabe soll im Januar fallen
Im Januar soll entschieden werden, ob die Tafel auf eine 14-tägige Ausgabe umstellt. Das würde „vielen Menschen wehtun“, weiß Schulze. „Sie sind auf die Tafel angewiesen.“ Vier Euro werden für jeden Einkauf fällig. Ein Obolus, der „den Menschen ermöglichen solle, würdevoll einkaufen zu können“, betont Schulze.
+++ WEITERE FOTO VON DER TAFEL-GESCHENKEAUSGABE SEHEN SIE HIER +++
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Gratis waren kurz vor Weihnachten die Geschenkpakete, mit denen rund 2000 Bedarfsgemeinschaften eine Freude zum Fest bereitet werden konnte. Von „Bochum hilft“ über die Stadtsportjugend bis zu den VfL-Ultras: Zahlreiche Gruppen, Vereine und Initiativen waren dem Aufruf der Tafel gefolgt und hatten u.a. Lebensmittel, Süßigkeiten und Hygieneartikel gespendet. Fast 100 Meter lang war die Schlange bei der Präsent-Ausgabe an der Laubenstraße in Wattenscheid.
Mutter bangt: Wie kriege ich künftig meine drei Kinder satt?
„Wir sind sehr dankbar“, sagte eine 46-jährige Wattenscheiderin, Mutter von drei Kindern. 100 Euro habe sie für Weihnachtsgeschenke sparen können. „Mehr war nicht drin.“ Inständig hoffe sie, dass es 2024 bei der wöchentlichen Ausgabe bleibt. „Sonst habe ich echt ein Problem, meine Kinder satt zu kriegen.“
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