IG Metall wendet in Bochum neue Taktik beim Warnstreik an
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Bochum. An den Bochumer Thyssenkrupp-Standorten ging Donnerstag nichts mehr. Die IG Metall setzte auf ein anderes Streikmodell. Wie das funktioniert.
Die Tarif-Verhandlungen in der Stahlindustrie stocken. Wenn sich am Freitag, 15. Dezember, die Tarifparteien wieder gegenübersitzen, will die IG Metall maximalen Druck erzeugen. In Bochum, dem zweitgrößten Stahlstandort von Thyssenkrupp, zeigte die Gewerkschaft Zähne und rief zum 24-Stunden-Warnstreik auf. Ein recht neues Konzept, das erstmals 2018 eingesetzt wurde, um mehr Wirkung durch den längeren Produktionsstillstand zu erzielen. „Mit den bisherigen Angeboten haben die Arbeitgeber ihren Beschäftigten gegenüber keine Wertschätzung gezeigt“, so Ursula Hölter, 1. Bevollmächtigte der IG Metall.
Bericht über den Stand der Tarifverhandlungen
Rund 2500 Beschäftigte arbeiten in den beiden Thyssenkrupp-Werken an der Essener und Castroper Straße. Die Arbeiter von der Castroper Straße wurden jeweils mit Bussen zu den drei Kundgebungen um 6, 15 und 23 Uhr an die Essener Straße gebracht. Diese drei Schichten wurden bestreikt. Ein Mitarbeiter, der am Donnerstagmittag durchs Werk an der Essener Straße ging, freute sich über die ungewöhnliche Stille auf dem großen Werksgelände.
Am Tor Süd, der zentralen Zufahrt brannten Holzscheite in zwei Stahltonnen, ein paar Schritte daneben brutzelten Suçuk und Bratwürstchen auf dem Grill. In zugigen Zelten konnten sich die Streikposten zwischendurch ein wenig aufwärmen. Engin Karakurt, frisch gewählter Stellvertreter des Stahlgesamtbetriebsrats, nimmt zum ersten Mal in der großen Runde an den Tarifverhandlungen teil.
„Der Arbeitgeber muss ausse Pötte kommen“
„Jetzt ist es so, dass ich sage: Der Arbeitgeber muss endlich ausse Pötte kommen“, so Karakurt, der auch Vorsitzender des Betriebsrates an der Essener Straße ist. Bei der ersten Verhandlungsrunde habe es noch so ausgesehen, als könnte es eine rasche Einigung geben. Die Hauptforderungen der Gewerkschaft, 8,5 Prozent mehr Lohn, bei einer Laufzeit von zwölf Monaten, die 32-Stunden-Woche und einen angemessenen Inflationsausgleich, seien aber bisher überhaupt nicht erfüllt.
Unter den vielen Männern sind auch einige Frauen. Auch die Auszubildende Lemeana Cordic und die junge Angestellte Lina Rieboldt sind gekommen, um sich zu beteiligen. „Für uns ist es einfach wichtig dabei zu sein“, so Rieboldt und Cordic ergänzt: „Wir wollen einfach den Standort repräsentieren.“
Derweil verlesen oben auf der Bühne auch Vertreter anderer Stahl- und Metall-Unternehmen aus Bochum ihre Solidaritätsbekundungen. Vertreter des Opel-Ersatzteillagers, von Doncasters, aber auch von Eickhoff, mit über 1000 Beschäftigten in Bochum der zweitgrößte Industriearbeitgeber der Stadt, sind gekommen. Dirk Stahlschmidt, Betriebsratschef von Thyssenkrupp Stahl NO (Castroper Straße) bringt es auf den Punkt: „Auch diesmal stehen wir das zusammen durch.“
Laute Glockenschläge als Warnsignal
Ganz am Ende der Kundgebung sind ein paar Arbeiter zu dem mächtigen Glockengeläut gegangen, Erinnerung an die einstige Stahlgusstradition in Bochum, und schlagen zur Bekräftigung der Forderung zwei der großen Glocken an.
Dies erinnert an die unvergessenen großen Demonstrationen, als es um die Schließung von Nokia, dem Outokumpu-Werk oder auch Opel in Bochum ging. Bei diesen Kundgebungen wurde eine große Glocke auf der Ladefläche eines Lastwagens mit transportiert und angeschlagen.
Ursula Hölter jedenfalls ist mit der Beteiligung zufrieden. Insgesamt haben sich seit Dienstagmorgen insgesamt rund 29.000 Stahlarbeitnehmer und -arbeitnehmerinnen der nordwestdeutschen Stahlindustrie beteiligt. „Wir sind fit und wir sind viele“, rief die Gewerkschafterin aus.
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