Bochum. Ein Autofahrer, der beim Festival „Bochum Total“ in eine Menschenmenge gefahren war, ist verurteilt worden. So erklärt er sein Verhalten damals.

„Auto gegen Mensch – das geht gar nicht!“ Das sagte der Bochumer Richter Axel Deutscher am Montag zu einem Autofahrer (25), der beim Musikfestival „Bochum Total“ mehrere Menschen angefahren hatte, nachdem es zuvor Streit gegeben hatte. Die Strafe: neun Monate Haft auf Bewährung wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, gefährlicher Körperverletzung und Nötigung.

Viel zu schnell in die gesperrte Neustraße eingebogen

Der Vorfall vom 9. Juli 2022 hatte überregional Schlagzeilen gemacht. Der Angeklagte, ein Mechaniker aus Wuppertal, hatte damals mit seiner Freundin das erste Mal „Bochum Total“ besucht. Kurz nach Mitternacht wollten beide mit seinem Nissan-SUV nach Hause fahren. Vom Parkplatz an der Kreuzstraße bog er in die kleine Neustraße ein, obwohl diese wegen der Veranstaltung für den Durchgangsverkehr gesperrt war. Dort traf er auf eine Gruppe von rund 50 Festival-Besucherinnen und -Besuchern, die sich dort stehend und sitzend auf der Fahrbahn und auf dem Gehweg aufhielten.

Weil der Autofahrer zu dicht, viel zu schnell und somit viel zu gefährlich an ihnen vorbeigefahren sein soll, gab es Ärger. Der eskalierte dann, nachdem der 25-Jährige am Ende der Neustraße, die an den Festival-Tagen eine Sackgasse war, wendete und wieder zurück zur Kreuzstraße fahren wollte. Der Autofahrer wurde von einigen Menschen aus der Gruppe zur Rede gestellt und bedrängt. Der Angeklagte: „Sie haben mit offenen Händen auf mein Auto geklopft und versucht, die Tür zu öffnen. Sie waren stinksauer, haben die Heckscheibe mit Bierflaschen kaputt gemacht und wollten den Seitenspiegel abreißen. Ich hatte unheimlich Angst und war in Panik geraten. Ich habe versucht, die Leute mit meiner Hupe zu erschrecken.“

Drei Menschen auf die Motorhaube geladen

In dieser Situation gab er Gas und nahm drei Personen auf die Motorhaube. Zwei von ihnen wurden verletzt. Einer dritten Person fuhr er über den Fuß.

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Auf die Motorhaube geladen wurde auch ein 30-jähriger Wissenschaftler. Er berichtet, dass der Autofahrer mit Lichthupe und aufheulendem Motor gefahren sei. Der Zeuge erlitt Blutergüsse, Prellungen, Schnittwunden und psychische Belastungen. Eine Entschuldigung des Angeklagten im Gerichtssaal nahm er nicht an, „weil ich das Gefühl hatte, dass er mich töten wolle. Ich habe Angst, dem Täter in die Augen zu schauen.“

Der nicht vorbestrafte Angeklagte war damals unmittelbar nach dem Drama an einem Polizeiauto stehengeblieben. „Es tut mir so leid, dass das so gelaufen ist“, sagte er vor Gericht.

„Sie haben in einer Paniksituation gehandelt“

Erster Prozess war geplatzt

Das ganze Verfahren dauerte so lange, weil so viele Zeugen vernommen werden mussten, die Aussagen teilweise widersprüchlich waren und weil ein erster Termin bei Gericht im August 2023 geplatzt war.

Grund: Einer der zugelosten Schöffenrichter arbeitet beim Ordnungsamt und hatte das Verkehrskonzept für Bochum Total erarbeitet. Deshalb war er möglicherweise befangen.

Richter Deutscher sprach von einem „Augenblicksversagen“. „Sie haben in einer Paniksituation gehandelt.“ Allerdings habe er sie durch sein Verhalten selbst herbeigeführt.

Das Gericht verhängte neben der Bewährungsstrafe auch ein dreimonatiges Fahrverbot. Das ist aber bereits abgegolten, weil der Angeklagte direkt nach der Tat vier Monate lang seinen Führerschein abgeben musste. Als Bewährungsauflage muss er 600 Euro ans Land zahlen.

Zu Beginn des Prozesses war der Angeklagte nur teilweise geständig. Dann räumte er die Anklagevorwürfe aber doch großteils ein, so dass die beiden weiteren Verletzten nicht mehr vernommen werden mussten. Deren Verletzungen sollen aber nicht allzu schwer gewesen sein.