Bochum. Ein ehemaliges Klinikgelände in Bochum wird in ein paar Jahren nicht wiederzuerkennen sein. Dort entsteht ein neues Quartier. Das sind die Pläne.

Ein ehemaliges Klinikgelände in Bochum soll in den kommenden Jahren fast komplett umgekrempelt werden. Stadt und Investor stellten jetzt die Planung vor. Für 80 Millionen Euro soll bis 2026 ein ganz neues Wohnviertel entstehen.

„Beeindruckend“: Bochumer Stadtteil bekommt ganz neues Wohnviertel

Der Schock war groß, als der Helios-Konzern im März 2020 bekannt gab, den Standort an der Axstraße/Keilstraße in Linden zu verlassen und das St.-Josef-Hospital zu schließen. Daraus ergab sich die Frage: Was tun mit dem 30.000 Quadratmeter großen Gelände? Man sei „in miserabler Lage gestartet“, erinnert sich Bezirksbürgermeister Marc Gräf (SPD) bei der Präsentation des Großprojektes in der Bezirksvertretung Südwest. Jetzt wolle man gerne den Namen Helios hinter sich lassen.

Die Stadt plant gemeinsam mit dem Investor ICG aus Frankfurt den Neubau eines Pflegeheims mit betreutem und therapeutischem Wohnen, eine Kindertagesstätte mit Sporthalle sowie Wohnbebauung. Das alte Klinikgebäude mit der Backsteinfassade soll erhalten, kernsaniert und umgebaut werden. Hier zieht die Kinder- und Jugendpsychiatrie ein, die aktuell in einem benachbarten Gebäude am „unteren Ende“ der Axstraße beheimatet ist. Träger ist das Bottroper Unternehmen Valeara, das von Helios übernommen hat. Die Ferdinand-Krüger-Schule für Kranke, die seit vielen Jahren für die Patienten der Kinder- und Jugendpsychiatrie betrieben wird, bleibt im Klinikgebäude.

Das ehemalige St.-Josef-Hospital in Bochum-Linden wird kernsaniert und umgebaut. Hier zieht die Kinder- und Jugendpsychiatrie aus einem benachbarten Gebäude ein.
Das ehemalige St.-Josef-Hospital in Bochum-Linden wird kernsaniert und umgebaut. Hier zieht die Kinder- und Jugendpsychiatrie aus einem benachbarten Gebäude ein. © FUNKE Foto Services | Christof Koepsel

Links daneben wird ein neuer, U-förmiger und viergeschossiger Block für ein Altenpflegeheim gebaut. Träger wird das private Pflegeunternehmen Alloheim sein. Vorgesehen sind 112 vollstationäre Pflegeplatze, dazu acht Plätze in Tagespflege.

Im nördlichen Bereich des Geländes wird es architektonisch spannend: Dort entsteht eine Kombination aus Turnhalle und Kindertagesstätte (Kita). Die Turnhalle wird dabei soweit im Boden versenkt, dass man ebenerdig durch das Oberlicht hineinschauen kann. Die Kita wird im Dach untergebracht.

Stadtplaner Raphael Muhs bezeichnet dies als „kreative Lösung“, durch die sich Synergien ergäben. Die Halle habe später zwei Zugänge, einen für die Öffentlichkeit und einen separaten für die Kita. Das Dach werde zudem als Spielfläche für die Kinder genutzt, die aber auch noch einen Außenbereich im Grünen bekämen.

So sieht die Planung für das ehemalige Klinikgelände in Bochum-Linden aus.
So sieht die Planung für das ehemalige Klinikgelände in Bochum-Linden aus. © Denise Ohms | FUNKEGRAFIK NRW Denise Ohms

Östlich und nördlich des Pflegeheimes sind dreigeschossige Wohnhäuser vorgesehen, mit einem Mix aus Mietwohnungen (30 Prozent sozial gefördert) und Eigentum. Mit dem Bau wird allerdings als letztes begonnen, um auf die Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt reagieren zu können.

Am weitesten fortgeschritten sind die Planungen für das Pflege- und Seniorenheim und den Umbau des Klinikgebäudes, in dem aktuell noch Flüchtlinge untergebracht sind. Bauanträge seien eingereicht worden und würden derzeit geprüft, teilt Muhs mit. Baustart für das Altenheim soll Mitte 2024 sein. Im selben Jahr soll auch die Sanierung des früheren St.-Josef-Hospitals beginnen. „Der Umzug der Kinder- und Jugendpsychiatrie ist für 2025 vorgesehen“, so Muhs. Bis dahin sollen auch Kita und Turnhalle fertig sein.

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Über Holzmodulbau und Regenrückhaltung will die Stadt eine Platinzertifizierung in Sachen Nachhaltigkeit erreichen. Das Regenwasser wolle man komplett auf dem Grundstück halten und versickern lassen, erklärt Raphael Muhs – u.a. über ein Rigolensystem, über Beete, Mulden und Elemente im Straßenbereich, „die gut aussehen und technisch was bringen“.

Mit den Bäumen auf dem Gelände wolle man „so behutsam wie möglich umgehen“. Sie würden bereits auf ihre Vitalität untersucht. 70 Neupflanzungen seien geplant, so dass man am Ende 63 Prozent Grünanteil auf dem Grundstück habe – stadtweit liege man im Schnitt bei 42 Prozent.

Das Quartier soll nach Möglichkeit autofrei bleiben, es soll keinen Durchgangsverkehr zwischen Axstraße und Keilstraße geben. Über entsprechende bauliche Elemente wolle man das Befahren der Zuwege „im positiven Sinne unattraktiv machen“, so Muhs. Zwei Tiefgaragen werde es geben, eine von der Axstraße, eine von der Keilstraße anfahrbar. Viel Verkehr werde ohnehin nicht erwartet, sagt Jochen Stahl vom Investor ICG: „Hier wohnen ja vor allem Kinder und Jugendliche, die noch keinen Führerschein haben, und ältere Menschen, die nicht mehr Auto fahren.“

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Von der örtlichen Politik gibt es viel Lob für das 80-Millionen-Euro-Projekt. „Wow“, sagt Nicole Sehrig von der SPD. „Das wird ein Gewinn für Linden. Wir freuen uns drauf.“ Auch Parteikollege Nicolaus Schürholz zeigt sich „schwer beeindruckt“: „Das Krankenhaus von 1885 und was Neues nebeneinander. Das gibt eine neue Dynamik für Linden. Donnerwetter.“

Auch die CDU ist angetan. „Total spannend“, findet Andreas Bracke, was rund um das frühere Krankenhausgebäude passiert. Hans Neubauer freut sich über ein „überzeugendes Konzept“, das nur den Makel habe, dass es künftig keine Kapelle mehr gibt. „Es wird ein Ort der Zusammenkunft bleiben“, verspricht Jochen Stahl.