Bochum. Mehrere uralte Bäume von besonderer Schönheit, Seltenheit und Lebenskraft sollen zu Naturdenkmälern erklärt werden. Diese Kriterien erfüllen sie.

Wer vor diesen uralten Bäumen steht und langsam nach oben schaut, denkt unwillkürlich: Wow! Sie wirken ob ihrer Größe, Breite und Lebenskraft wie Kathedralen, wie Denkmäler der Natur.

Genau einen solchen Titel – Naturdenkmäler – sollen in Kürze vier ausgewählte Exemplare auf Bochumer Stadtgebiet erhalten. Die untere Naturschutzbehörde hat sie ausgewählt, um sie künftig unter absoluten Schutz zu stellen, wie Wälder oder Auen, die zum Naturschutzgebiet erklärt wird.

Die Kriterien, sagt Bochums städtischer Baum-Manager Marcus Kamplade, seien „Schönheit, Seltenheit und Eigenart“. Und auch ihre Einzelstellung.

Die Blutbuche an der Liebfrauenstraße in Bochum hat einen Stammumfang von 3,98 Meter.
Die Blutbuche an der Liebfrauenstraße in Bochum hat einen Stammumfang von 3,98 Meter. © Bernd Kiesewetter

All dies trifft auf alle vier Auserwählten zu. Zum Beispiel auf die Blutbuche in einem schönen Hinterhof an der Liebfrauenstraße 8 in Altenbochum, unweit der Wittener Straße. „Die kenne ich schon seit meiner Kindheit. Ich bin als Altenbochumer mit ihr groß geworden“, sagt Kamplade. Sie habe „schon immer“ dort gestanden und präge das gesamte Grundstück. Mehr als 100 Jahre sei sie alt, und weil sie bis heute sehr vital sei, werde sie noch Jahrzehnte dort stehen. So alte Blutbuchen gebe es in Bochum nur selten. Knapp vier Meter misst ihr Stammumfang.

Im Sommer ist die Blutbuche in Altenbochum ein wunderbarer Schattenspender

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Eine Anwohnerin sagt sogar, dass die Buche „über 200 Jahre“ alt sei. Im Frühjahr treibe sie immer erst spät aus. Ein paar kleine Lampignons hängen an den unteren Zweigen. Ein Eichhörnchen hat sich im Geäst eingerichtet, Tauben rascheln durch das Blattwerk. Im Sommer diene die Buche als fabelhafter Schattenspender und Treffpunkt fürs Beisammensein, sagt eine weitere Anwohnerin.

Was für ein Baum! Die Rosskastanie an der Overhoffstraße in Bochum-Grumme. Ihr Zustand ist trotz eines Alters von rund 80 Jahre „phänomenal gut“.
Was für ein Baum! Die Rosskastanie an der Overhoffstraße in Bochum-Grumme. Ihr Zustand ist trotz eines Alters von rund 80 Jahre „phänomenal gut“. © Bernd Kiesewetter

Zum Naturdenkmal erkoren wurde auch eine Rosskastanie an der Overhoffstraße 3 in Grumme. Auch sie ist trotz eines Alters von rund 80 Jahren kerngesund; ihr Zustand, so Kamplade, sei „phänomenal gut“, ihre Vitalität „hervorragend“. Das könne man leider von vielen anderen Rosskastanien nicht sagen: Diese würden an der Pseudomonas-Rindenkrankheit leiden, die zum Absterben des ganzen Baumes führen könne. Die Rosskastanie in Grumme (1,34 Meter Stammumfang) solle aber möglichst lange erhalten bleiben.

Eine 26 Meter hohe Sommer-Linde an der Frauenlobstraße in Bochum-Hiltrop.
Eine 26 Meter hohe Sommer-Linde an der Frauenlobstraße in Bochum-Hiltrop. © Stadt Bochum

Von erhabener Gestalt ist auch die Sommer-Linde, die auf einem Hofgelände an der Frauenlobstraße 112-114 in den Himmel ragt. 26 Meter ist sie hoch. Ihr Alter wird 100 bis 120 Jahre geschätzt. Der Stammumfang beträgt 3,47 Meter. Auch sie soll zum Denkmal ernannt werden.

Eichen-Gruppe in Wiemelhausen ist zurzeit zum Schutz vor Bauarbeiten eingezäunt

Wie auch eine majestätische Eichen-Gruppe an der 1. Charlottenstraße in Wiemelhausen. Drei Stämme stehen dicht beieinander, 120 Jahre schon. Zurzeit ist die Baumgruppe eingezäunt, weil ein Wohngebiet entsteht und große Bagger mit massiven Erdarbeiten beschäftigt sind. Die Stadt hat das Grundstück mit den Eichen im vorigen Juli gekauft.

Stadtgestalter wollen mehr Naturdenkmäler

Für die Wählergruppe Stadtgestalter gibt es in Bochum zu wenig Naturdenkmäler. Neu hinzukommende hätten seit vielen Jahren lediglich bereits gefällte Objekte ersetzt.

„Naturdenkmale werden zu früh gefällt“, erklärt Stefan Hiltawsky, umweltpolitischer Sprecher der Stadtgestalter. „Die Verwaltung begründet Fällungen von Naturdenkmalen oftmals mit der Verkehrssicherungspflicht. Totholz in der Baumkrone kann durch herabfallende Äste eine Gefahr für Passanten darstellen. Stirbt ein Baum langsam ab, kann man ihn dennoch als Habitatbaum erhalten.“

Dafür würden alle Äste, die herunterfallen könnten, bis auf den Baumtorso heruntergeschnitten“, erklärt Hiltawsky. Der sterbende Baum biete so in einem weiteren Daseinszyklus einen Mikrolebensraum und Brutplatz für Insekten, Flechten, Pilze und andere Tiere.

Über die Ernennung zum Naturdenkmal entscheidet nach Anhörungen in den Bezirksvertretungen und Ausschüssen am Ende der Rat. Dies wird am 14. Dezember der Fall sein.

Sollte die Beschlussvorlage der Verwaltung angenommen werden, hätte die Stadt 26 Naturdenkmäler (Bäume, Findlinge, Steinbruch etc.).

Zwei weitere gibt es einiger Zeit nicht mehr: eine 170 Jahre alte Stieleiche an der Batestraße in Langendreer sowie eine geschätzt 120 Jahre alte Edelkastanie an der Straße Auf dem Aspei in Querenburg. Die Stadt hat sie mit der Begründung, dass die Verkehrssicherheit gefährdet sei, teilweise unter Protest von Bürgerinnen und Bürger gefällt.