Bochum. Als Serienpapa aus der „Lindenstraße“ schrieb der Bochumer Schauspieler Fernsehgeschichte. Inzwischen werden die Autogrammwünsche weniger.
Neulich im Zug: Als treuer Bahnfahrer sitzt Joachim H. Luger wie so häufig in der Ersten Klasse. Da springt die Tür auf und ein Fahrgast stürzt hinein: „Es muss die letzte Sekunde für ihn gewesen sein, der Mann war völlig abgekämpft“, erzählt Luger. „Er kommt in mein Abteil, sieht mich da sitzen und ruft quer durch den ganzen Waggon: ‚Mensch, der Vater Beimer!‘“
Serienstar Joachim Luger aus Bochum feiert 80. Geburtstag
Es gibt nicht viele Figuren im deutschen Fernsehen, die den Menschen auf Ewigkeiten im Gedächtnis bleiben werden. Prof. Brinkmann aus der Schwarzwaldklinik war so einer, Derrick und Schimanski gewiss auch – und eben Hans „Hansemann“ Beimer, die Serien-Legende aus der Lindenstraße. Sein Darsteller, der Bochumer Schauspieler Joachim H. Luger, feiert am Montag, 2. Oktober, seinen 80. Geburtstag – und schaut heute mit einigem Abstand auf den TV-Rummel längst vergangener Jahre.
Es war September 2018, als Luger seine größte Rolle nach fast 33 Jahren endgültig an den Nagel hängte. In einer Waldhütte sackte Hans Beimer in sich zusammen und starb einen friedlichen Serientod. Luger war seit der ersten Lindenstraßen-Folge Ende 1985 dabei, den Abschied hatte er sich schon länger überlegt: „Beimer litt in seinen letzten Jahren an Parkinson“, erzählt er. „Dies über einen so langen Zeitraum zu spielen, ist ungeheuer belastend und geht an die Substanz. Ich mochte einfach nicht mehr.“
Vater Beimers Tod war ein TV-Ereignis
Immerhin: Beimers Tod war ein TV-Ereignis. Die 1685. Folge wurde vom WDR-Funkhausorchester live begleitet, 2,84 Millionen Zuschauer saßen vor den Bildschirmen. „Ein solch großes Finale war längst nicht jeder Figur aus der Serie vergönnt“, sagt Luger mit einigem Stolz. Dass die „Lindenstraße“ im Jahr 2020 komplett verschwand, hatte er schon vorher kommen sehen: „Es wurden plötzlich immer weniger Folgen produziert, die Winterpausen wurden länger, manchmal wurden wir ins dritte Programm abgeschoben.“ Traurig darüber war er nicht: „Alles hat seine Zeit.“
Auch die beinahe tägliche Fahrt über die Autobahn zu den WDR-Studios in Köln-Bocklemünd vermisst Luger überhaupt nicht: „In 32 Jahren habe ich die A1 nie ohne eine Baustelle erlebt“, schmunzelt er. Autogrammwünsche und Handy-Selfies mit den Fans seien inzwischen seltener geworden: „Es freut mich immer, wenn mich jemand mit richtigem Namen anspricht, und nicht dauernd mit Beimer.“
Drei Jahre spielte Luger am Schauspielhaus Bochum
Was nicht jeder weiß: Obwohl Joachim Luger seit Mitte der 60er Jahre als Schauspieler arbeitet, machte er zuvor eine Ausbildung als Chemielaborant in Berlin. Fünf Jahre arbeitete er in dem Beruf: „Das war ein sicherer Job mit Dividende zu Weihnachten, aber ich wollte was anderes.“ Nach einer Zeit am Laientheater ging er auf eine private Schauspielschule in Stuttgart, sein erstes Engagement führte ihn nach Lübeck.
Joachim Luger freut sich über einen Oskar
Seinen 80. Geburtstag am Montag, 2. Oktober, feiert Joachim H. Luger mit der Familie und ein paar Freunden in Bochum, wo der schon lange lebt. Er ist verheiratet, hat zwei erwachsene Söhne – und ist mittlerweile dreifacher Großvater.
„Der jüngste Enkel kam vor einem halben Jahr auf die Welt und heißt Oskar“, erzählt er und fügt schmunzelnd an: „Jetzt habe ich endlich auch einen Oskar bekommen!“
In Bochum war er von 1978 bis 1981 am Schauspielhaus zu sehen und spielte kleinere Rollen etwa in der „Dreigroschenoper“: „Als Claus Peymann kam, besetzte er fast nur die Schauspieler, die er selbst mitgebracht hatte. Für die anderen blieb kaum etwas übrig.“ Luger widmete sich lieber dem Boulevardtheater, spielte etwa in Düsseldorf, Köln und Bonn, dazu rief die Lindenstraße.
Ob mit dem Segelboot oder dem Motorrad: Luger ist viel unterwegs
Unvergessen bleiben seine Auftritte neben der 2020 verstorbenen Petra Afonin als „Dreamteam“ im Prinz-Regent-Theater, dem er bis heute verbunden ist. „Ich hatte in all den Jahren nie wirklich frei, das hole ich jetzt nach.“ Er ist viel auf Reisen, tourt mit seiner Frau durch Südschweden und segelt mit seinem Schauspielkollegen Burghart Klaußner vor Griechenland. Bisweilen holt er auch sein Motorrad (eine Kawasaki Estrella 250) aus der Garage und düst übers Land: „Ich kann mich nicht beklagen.“