Bochum. Mit 94 Musikern und fast allen Instrumenten fliegt das Bochumer Orchester nach Taipeh. Die Logistik ist enorm. Welcher Aufwand dafür nötig ist.

Gastspiele in anderen Städten geben die Bochumer Symphoniker häufiger. Doch welche Reise das Orchester in der kommenden Woche vorhat, hat mit einer gemütlichen Bustour nach Holland nichts zu tun. Für drei Konzerte geht es ins knapp 10.000 Kilometer entfernte Taiwan, Heimatland des Generalmusikdirektors Tung-Chieh Chuang. 94 Musiker mitsamt der meisten ihrer Instrumente machen sich am Montag, 25. September, auf den Weg – ein logistischer und organisatorischer Kraftakt.

Bochumer Symphoniker geben drei Gastspiele in Taiwan

Dabei haben die Symphoniker mit Fernreisen einige Erfahrung: Im Jahr 2018 besuchten sie Südkorea, zehn Jahre zuvor gastierten sie in New York. „Diese Tour wird auf jeden Fall sportlich, weil wir nur wenig Zeit für die Vorbereitung hatten“, sagt der künstlerische Leiter Felix Hilse. „Ich kenne aber niemanden im Orchester, der auf Taiwan keine Lust hat, denn so schnell kommen wir da garantiert nicht wieder hin.“

Die Symphoniker reisen auf Einladung der taiwanesischen Agentur „New Aspect“, die auch den Flug und die Reisekosten übernehme. „Die Menschen dort sind unheimlich stolz darauf, dass Tung-Chieh Chuang als erster Taiwanese zum Chef eines großen deutschen Orchesters geworden ist“, sagt Hilse.

13 Stunden Flug über Dubai und Hongkong

Eine Gruppe Journalisten besuchte im Juni bereits das Musikforum und widmete dem GMD daraufhin mehrere Zeitungsseiten. Jetzt steht der lang erwartete Besuch in Chuangs Heimat an. Den Symphonikern ist es wichtig zu betonen, dass keine Steuergelder dafür aufgewendet würden: „Bei uns steht am Ende eine schwarze Null.“

Die Violinistin Pin-Jou Chu ist eine von fünf Musikern aus Taiwan im Kreis der Bochumer Symphoniker. Auf die Reise in ihre Heimat freut sie sich sehr.
Die Violinistin Pin-Jou Chu ist eine von fünf Musikern aus Taiwan im Kreis der Bochumer Symphoniker. Auf die Reise in ihre Heimat freut sie sich sehr. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Knapp sechs Tage lang werden die Musiker vor Ort sein, der Flug dauert rund 13 Stunden. Weil die etwa 100-köpfige Mannschaft nicht in einem Flugzeug Platz findet, reisen die Bosy ab Frankfurt in drei Gruppen: eine fliegt direkt, die beiden anderen haben Zwischenstopps in Dubai oder Hongkong.

Fürs Cello wird ein eigener Sitzplatz gebucht

Immer mit dabei: die Instrumente. Flöten und Geigen passen ins Handgepäck, die größeren müssen verstaut werden. Pauken und Kontrabässe werden teilweise mitgenommen, teilweise auch vor Ort ausgeliehen. „Am glücklichsten sind die acht Cellisten, denn sie können ihre Instrumente neben sich ins Flugzeug stellen“, erzählt Hilse. „Dafür werden eigene Sitzplätze reserviert.“

In 23 speziellen Flugkisten, die die Symphoniker zuvor bei ihren Kollegen vom Berliner Konzerthaus ausgeliehen haben, werden die Instrumente verstaut und nach Frankfurt gefahren. Dazu kommen neun Kisten für Fräcke, Kleider und Lackschuhe. Zeitlich ist das dicht getaktet, denn Sonntagnachmittag findet um 16 Uhr noch ein Konzert im Musikforum statt – und Montag um 11.20 Uhr hebt der erste Flieger nach Taipeh ab. „Da sind dann hoffentlich alle Kisten mit an Bord, sonst haben wir ein Problem.“ Und: Es sollte in dieser Woche möglichst keiner der Musiker mehr krank werden. „So schnell noch neue Arbeitserlaubnisse und Visa zu bekommen, ist fast unmöglich.“

Zwei „Von Herzen“-Konzerte kurz vor der Abreise

Kurz vor dem Abflug nach Taipeh stehen bei den Symphonikern noch zwei „Von Herzen“-Konzerte auf dem Spielplan: am Samstag, 23. September, um 20 Uhr sowie am Sonntag, 24. September, um 16 Uhr, im Musikforum.

Gespielt wird die fünfte Symphonie von Gustav Mahler und das Konzert für Klavier und Orchester von Camille Saint-Säens. Als Solist ist der derzeit ungeheuer gefragte Pianist Bruce Liu dabei. Dieses Programm werden die Bosy auch in Taiwan spielen.

Violinistin aus Taiwan freut sich auf Besuch in ihrer Heimat

Drei Konzerte werden die Bosy in Taiwan geben: in Taipeh, Hsin-Chu und Kaosiung. Für die junge Violinisten Pin-Jou Chu wird das ein besonderes Erlebnis, denn sie ist eine von vier Taiwanesinnen im Orchester. „Meine Familie wird bei den Konzerten dabei sein, darauf freue ich mich sehr“, sagt sie. Pin-Jou Chu kam 2010 fürs Musikstudium nach Deutschland, bei den Symphonikern hat sie gerade einen Zeitvertrag. Von ihrer Heimat schwärmt sie sehr: „Taipeh ist eine tolle Stadt, total modern, riesengroß, und es gibt Tag und Nacht überall was zu essen.“ Also dann: Gute Reise!