Bochum. Die Eröffnung ist geglückt: Eine Welle der Sympathie schlägt dem Orchester und seinem Chef Tung-Chieh Chuang im Musikforum Bochum entgegen.

Besser kann der Start in die neue Spielzeit kaum laufen: Mit einer fulminanten Interpretation zweier wuchtiger Werke von Sergei Rachmaninow eröffnen die Bochumer Symphoniker die Saison. Das Publikum im gut besuchten Musikforum ist in festlicher Stimmung, spendet stehende Ovationen und Bravo-Rufe. Die Welle der Sympathie, die dem Orchester und seinem Chef Tung-Chieh Chuang zu Beginn seines dritten Bochumer Jahres entgegenkommt, ist groß. Der Dirigent strahlt von einem Ohr zum anderen.

Bochumer Symphoniker starten in die neue Spielzeit

Dabei sind die Saisoneröffnungen der Symphoniker schon seit Jahren nicht nur ein musikalisches, sondern auch ein gesellschaftliches Event. Für einen Abend kommt die halbe Bochumer Kulturszene im Musikforum zusammen und plaudert angeregt im Foyer: darunter die Vertreter zahlreicher Kultureinrichtungen vom Kunstmuseum bis zum Schauspielhaus sowie der lokalen Politik. Das Glas Sekt am Ende des Konzerts geht aufs Haus.

Zuvor erleben die Gäste zwei Stunden des musikalischen Wohlklangs auf begeisterndem Niveau. Im Mittelpunkt stehen zwei Werke des russischen Komponisten Sergei Rachmaninow, ewiger Romantiker und Meister der bittersüßen Melancholie. Seine „Rhapsodie über ein Thema von Paganani“ wird in schwinderregendem Tempo getragen von dem Pianisten Alexander Gavrylyuk, der aus der Ukraine stammt. Die Botschaft dahinter mag man auch politisch deuten: Kunst ist grenzenlos.

Nach dem Konzert hält Tung-Chieh Chuang im Anneliese-Brost-Musikforum eine kleine Ansprache. Der Sekt geht zur Saisoneröffnung traditionell aufs Haus.
Nach dem Konzert hält Tung-Chieh Chuang im Anneliese-Brost-Musikforum eine kleine Ansprache. Der Sekt geht zur Saisoneröffnung traditionell aufs Haus. © Bochumer Symphoniker

Tief über seinen Flügel gebeugt, stellt sich Gavrylyuk der kniffeligen Aufgabe, jeder der 24 Variationen des Stücks fast im Minutentakt eigenes, kräftiges Leben zu verleihen. Teilweise lässt er die Finger wie entfesselt über die Tasten fliegen, ganz wie es „Teufelsgeiger“ Paganini einst auf seiner Violine tat. Daneben geht er oft auch behutsam zu Werke: Gavrylyuk und Chuang werfen sich konzentrierte Blicke zu, während das Orchester die vielen kleinen Themen und Melodien aufgreift und ihnen Form und Struktur verleiht. Filmfans erkennen die 18. Variation, deren einprägsame Melodie etwa aus „Und täglich grüßt das Murmeltier“ bekannt ist.

Blumen für die Klarinettistin

Nach der Pause wird es mitreißend: Rachmaninows nach tiefer Sinnkrise geschriebene Symphonie Nr. 2 ist von hoher Intensität, voller Emotion und Wucht. Das dichte Werk fordert das komplette Orchester, obwohl man oft den Eindruck hat, dass die vielzitierte russische Schwermut unter Chuangs Dirigat eine gewisse Leichtigkeit erfährt. Berührend gerät der dritte Satz, der als Meisterstück der Elegie gilt. Die Klarinettistin Julia Puls bringt die sanfte Melodie derart schön über die Rampe, dass ihr Tung-Chieh Chuang dafür beim Schlussapplaus seinen Blumenstrauß schenkt.