Bochum. Immer wieder gibt es an Schulen Vorfälle mit Messer oder Pfefferspray. Prävention soll dem entgegenwirken. Doch es gibt auch gute Nachrichten.
Sechs Schülerinnen und Schüler erleiden Atembeschwerden durch Pfefferspray, das ein 18-Jähriger durch den Klassenraum sprüht. Ein Jugendlicher (16) verletzt seine Mitschülerinnen (15) mit einem Messer. Immer wieder ist es in Bochum in diesem Jahr zu Gewaltdelikten an Schule gekommen. Waffen an den Schulen scheinen ein größer werdendes Problem zu sein. Doch ist das wirklich so?
53 Gewaltdelikte hat es in Bochum im Jahr 2022 gegeben. Bis Juli 2023 waren es 21. Gewaltdelikte, dabei kann es sich um schwere Körperverletzung handeln, aber auch um kleinere Vorfälle. „Das lässt sich nicht eindeutig differenzieren“, erklärt Marco Bischoff, Sprecher der Polizei in Bochum.
Gewalt an Schulen – Polizei Bochum: „Jedes Messer ist eines zu viel“
Bezogen auf Gewaltkriminalität sieht er erst einmal keinen Anstieg an den Schulen im Stadtgebiet. Allerdings: Die Zahlen oben beziehen sich lediglich auf den Raum Schule, nicht auf den Weg nach Hause oder die Bushaltestelle, die sich in der Nähe befindet. Hier könnten die Zahlen auch anders aussehen, das lasse sich nicht differenzieren. Deutlich macht der Polizeisprecher: „Jedes Messer und jede Waffe in der Schule ist eines oder eine zu viel und hat dort nichts verloren.“
Anfang des Monats gab es im Landtag eine Expertenanhörung speziell zum Thema Messerattacken an Schulen in NRW. Schulministerin Dorothee Feller (CDU) machte dort klar, dass Schülerinnen und Schüler die Pflicht haben, die Schulordnung einzuhalten. Das Mitbringen von gefährlichen Gegenständen stehe dem grundsätzlich entgegen und würde den Schulfrieden beeinträchtigen.
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So geschehen an der Maria-Sibylla-Merian-Gesamtschule in Wattenscheid im Januar dieses Jahres. Ein Junge (16) trug ein Springmesser mit sich, verletzte eine Mitschülerin. Das sei nicht absichtlich passiert, hieß es damals in der ersten Meldung der Polizei. Dieser Eindruck habe sich auch später bestätigt. „Er hatte das Messer dabei, um es seinen Mitschülern zu zeigen“, berichtet Schulleiterin Sabine Stanicki. Versehentlich habe er dann eine Mitschülerin verletzt. „Es war nicht bewusst und keine aggressive Absicht, umso dramatischer ist es, was letztendlich passiert ist.“
Der Jugendliche wurde von der Schule suspendiert. „Eine solche Tat darf man nicht so stehenlassen“, verdeutlicht Stanicki. Das habe auch Signalwirkung und sei eine Abschreckung für andere Schülerinnen und Schüler – um zu vermeiden, dass es noch einmal zu einer solchen Situation kommt.
Von Schulministerin Feller heißt es im aktuellen Bericht: „Welche Maßnahme jeweils geeignet und erforderlich ist, bestimmt sich anhand der Umstände des Einzelfalls.“ Auch eine Entlassung von einer Schule könne unter Umständen gerechtfertigt sein.
Nach Körperverletzung mit Messer: So arbeitet Wattenscheider Gesamtschule Vorfall auf
Unmittelbar nach dem Vorfall hat die Merian-Gesamtschule begonnen, ihn aufzuarbeiten. Ohnehin gibt es an der Wattenscheider Schule ein umfassendes Präventionsprogramm sowie Kooperationen mit der Polizei. Das fange in Klasse fünf und sechs an. Einmal pro Woche findet dort und noch bis zu den Herbstferien ein soziales Training statt.
Neben Veranstaltungen für die Kinder und Jugendlichen gibt es auch einen Elternabend mit der Polizei. „Denen ist es oftmals gar nicht bewusst, ab wann ein Gegenstand als Waffe gilt“, so die Schulleiterin. Dabei sei es wichtig, dass Eltern diese Kenntnis haben und wissen, wann sie ihn verbieten müssen.
Wie viele Schülerinnen und Schüler Messer oder andere Waffen mit sich tragen, lässt sich wohl nicht beziffern – schlichtweg, weil es Kontrollen der Kinder nur bei einem triftigen Grund gibt. Dazu hat sich im Landtag auch Menno Baumann, Professor für Intensivpädagogik, geäußert. Verstärkte Kontrollen würden eher das Gegenteil bewirken. Sie würden das „Sicherheitsgefühl von Schülern und Schülerinnen wie auch von Lehrkräften eher senken als stärken und das Vertrauensverhältnisdeutlich beschädigen“, heißt es.
Studie: Jugendgewalt in Deutschland sinkt
Die gute Nachricht: Generell sei es in Deutschland in den vergangenen 20 bis 30 Jahren sogar gelungen, die Jugendgewalt zu senken. Das würde sowohl eine nationale als auch eine internationale Studie zeigen. „Daran ändern auch kurzfristige und medial mit viel Aufmerksamkeit versehene Schwankungen in der Polizeiliche Kriminalstatistik nichts“, so Baumann.
Am Klaus-Steilmann-Berufskolleg in Wattenscheid ist es vergangene Woche zu dem Vorfall mit Pfefferspray gekommen. Ein 18-Jähriger hatte aus der Tasche einer Mitschülerin eine Dose genommen und daraus ungezielte Sprühstöße in einem Klassenraum abgegeben. Dadurch erlitten sechs anwesende Schülerinnen und Schüler Atembeschwerden.
Es sei ein Einzelfall, auch Vorfälle mit Messern habe es beispielsweise noch nie gegeben. Die Sache werde nun aufgearbeitet. „Es handelt sich um ein laufendes Verfahren“, macht Lehrer und Pressesprecher Thorsten Seifert deutlich. Deshalb kann er keine Details nennen. In der Schulordnung des Berufskollegs heißt es beispielsweise, dass Messer oder Waffen verboten sind. Was das für die Mitnahme von Pfefferspray bedeutet, wolle man nun klären.