Bochum. Lockt ein Schlitten-Geschäft Passanten nach Bochum? Der Steuerzahler-Bund zeigt sich irritiert. Einen Großteil der Miete zahlt die Allgemeinheit.

Ein Schlitten-Laden mitten in der Bochumer Innenstadt, dessen Miete sich zu einem Großteil aus Steuergeldern finanziert? Dieses Zuschuss-Geschäft wirft beim Bund der Steuerzahler Fragen auf. „Ich kann beim bestem Willen nicht verstehen, wie man so ein Konzept aus öffentlichen Mitteln finanzieren kann“, sagt Sprecher Jens Ammann (59). „Ich halte es für sehr schwierig, so mit Steuergeldern zu spekulieren.“

Im Schlitten-Laden Scoopjet an der Huestraße können Passantinnen und Passanten die Plastikschlitten mit Handgriff und Carvingkanten kaufen. Das Geschäft ist Teil des Sofortprogramms Innenstadt NRW, bei dem die Miete bis zu 80 Prozent gefördert wird. Die Bochumer Innenstadt soll durch neue Läden, die über die geförderten Mieten kommen, wiederbelebt werden. Doch geht dieser Plan bei einem Schlitten-Geschäft mitten im eher schnee-armen Ruhrgebiet auf?

Für einen Schlitten nach Bochum fahren? Bund der Steuerzahler skeptisch

Jens Ammann vom Bund der Steuerzahler zeigt sich skeptisch: „Wer fährt denn von Mülheim nach Bochum, um einen Schlitten zu kaufen? Das hilft der Bochumer Innenstadt sicher nicht. Meine Phantasie reicht nicht aus, wie ein Schlitten-Laden von März bis November zur Belebung der Innenstadt beitragen soll. Was soll da der Nutzen sein?“

Grundsätzlich hält er das vom Land aufgelegte „Sofortprogramm Innenstadt“ aber für sinnvoll. „Die geförderten Läden sind ein kunterbunter Mix. Da ist viel Innovatives dabei, aber auch große Konzerne, die von den geförderten Mieten profitieren.“

Innenstadt-Belebung: Jury entscheidet über die Förderung

Wer in den Genuss öffentlich geförderter Ladenmiete kommt (bis zu 80 Prozent), das entscheidet eine Jury aus Vertretern der Stadt, Bochum Marketing und der Bochumer Wirtschaftsentwicklung. Wie hoch die Förderung bei Scoopjet ist, das bleibt offen.

Die Jury jedenfalls war offensichtlich von dem „außergewöhnlichen Konzept“ überzeugt. „Auch das steckt in dem von der Pandemie gekennzeichneten Sofortprogramm Innenstadt: Die Chance, außergewöhnlichen Ideen Raum zu geben. Der Branchenmix in der Bochumer Innenstadt wird aufgewertet“, sagt Stefanie Bersin für die Bochumer Wirtschaftsentwicklung. Dort sieht man das Sofortprogramm als erfolgreich an. Erste Mietverträge – die Förderung läuft nach zwei Jahren aus – seien bereits verlängert worden.

Bochumer Wirtschaftsförderung hält das Sofortprogramm für sinnvoll

„Wir finden diese Förderung im Gesamtkonzept sinnvoll“, heißt es von der Bochumer Wirtschaftsförderung. „Die deutschen Innenstädte stehen vor großen Herausforderungen. Die Belebung und Weiterentwicklung des Quartiers Innenstadt ist das Ziel. Deswegen arbeiten wir an der lebenswerten Innenstadt zusammen mit allen Partnern im Stadtkonzern.“ Andere Einzelhändler, die vom Sofortprogramm Innenstadt profitiert haben, sind etwa der Second-Hand-Laden Steeze Vintage, das Café Nea und der Mode-Laden Kata.Lin..

Die Scoopjet-Gründer hatten indes bei der Eröffnung des Ladens Anfang des Jahres auf die Langfristigkeit ihres Konzeptes hingewiesen. Für den Sommer hatten sie neue Produkte und weitere Nutzungsmöglichkeiten angekündigt, die lassen jedoch noch auf sich warten. Auf eine Anfrage der WAZ haben die Gründer nicht reagiert.