Bochum-Gerthe. Seit die Pläne der Stadt Bochum bekannt wurden, neben zwei Kitas Obdachlose unterzubringen, herrscht Angst. Eltern und Kitas treten Protest los.
Die Pläne der Stadt Bochum, im Herzen von Gerthe in einem ehemaligen Pflegeheim Obdachlose unterzubringen, schlagen im Stadtteil hohe Wellen. Insbesondere in drei Kindertageseinrichtungen in direkter Nachbarschaft wächst die Angst. Sie schließen sich in ihrem Widerstand zusammen.
Mireille Barra leitet die Kita Lütjeland an der Lothringer Straße 19a. Sie ärgert sich darüber, dass niemand im Vorfeld über das Obdachlosenprojekt informiert worden war. „Bis der WAZ-Artikel in der letzten Woche erschien, wurde alles unter einem Deckmantel gehalten. Es waren zwar Gerüchte im Umlauf, doch dann kam alles durch einen blöden Zufall heraus.“
Kita-Leiterin sieht die Existenz dreier Einrichtungen in Bochum-Gerthe bedroht
Sie sieht die Existenz dreier Kinderpflegeeinrichtungen bedroht. „Wenn Eltern ihre Kinder nicht mehr bei uns anmelden, weil sie Angst um ihre Kinder haben, wären 200 Plätze in Gerthe in Gefahr.“ Dass die Wohnungslosen eine Unterkunft brauchen, stehe außer Frage. „Aber ob der Standort klug gewählt wurde, steht auf einem anderen Blatt“, sagt die Kita-Leiterin.
In dem ehemaligen Altenheim „Haus Gloria“ an der Lothringer Straße 21a sollen vor allem auch Personen mit komplexen Problemlagen und psychischen Erkrankungen untergebracht werden, die nicht in der Lage sind, eigenständig den Alltag zu bewältigen. Eine intensive medizinische und psychologische Betreuung ist vorgesehen. Etwa 40 Menschen, die bislang gemeinsam mit Geflüchteten an der Herzogstraße leben, sollen nach Gerthe umziehen.
Mireille Barra: „Wir haben viele U-3-Krabbelkinder. Ich mag mir gar nicht vorstellen, was wir dann an Spritzen oder Flaschen in unserem Außengelände aufsammeln müssten. Wir können die Kinder doch nicht in einen Raum sperren.“ Sie will die Eltern ihrer Kinder informieren und sich der Petition anschließen, die Carina Becker gemeinsam mit einer Mutter initiiert hat.
Eltern und Tagesmutter haben Petition initiiert
Carina Becker führt eine Kindertagespflege mit fünf Kindern unter drei Jahren direkt gegenüber. Zentrale Forderung in der Petition: Keine Unterkunft für Obdachlose, psychisch Kranke und Suchtkranke zwischen Kindergärten! Ein Vater hat sich zudem per Mail an Oberbürgermeister Thomas Eiskirch gewandt.
Becker sagt: „Wir alle wussten von nichts, weder die Kindertageseinrichtungen, noch die Quartiersmanagerin von Gerthe oder die Gemeindepfarrer.“ Sie beklagt vor allem die fehlende Kommunikation. „Der Standort ist denkbar schlecht gewählt.“
Silke Trieschmann-Krieter leitet die evangelische Kita Bethanien an der Lothringer Straße 25. Auch sie ermuntert die Eltern, die Petition zu unterzeichnen. „Ich war sehr überrascht, dass ein solches Projekt zwischen Kindertageseinrichtungen umgesetzt werden soll.“ Verärgert ist sie, dass niemand mit ins Boot geholt wurde.
Bezirksbürgermeister plant eine Bürgerversammlung
Der Vorsitzende der SPD Gerthe, Keven Forbrig, war als erster mit seinem Protest gegen die Obdachlosenpläne an diesem Standort an die Öffentlichkeit gegangen. Als Vater eines ehemaligen Lütjeland-Kindes hatte ihn die Leiterin informiert. Forbrig wirft der Grünen Sozialdezernentin Britta Anger vor, sozial unsensibel vorgegangen zu sein. Er sagt: „Der Vorschlag muss neu bewertet werden, bevor die Stadt Geld für die Anmietung des Gebäudes ausgibt.“
Der Planungsausschuss hat den Punkt am Dienstag (15.) von der Tagesordnung abgesetzt. Die parallel tagende Bezirksvertretung Bochum-Nord hat im öffentlichen Teil die Pläne zur Kenntnis genommen, um im nichtöffentlichen Teil hinter verschlossenen Türen die Positionen auszuloten. Bezirksbürgermeister Henry Donner erklärte gegenüber der WAZ, er plane eine Bürgerversammlung zu dem umstrittenen Vorhaben. „Wir haben den ehemaligen Flüchtlingsstandort am Bövinghauser Hellweg vorgeschlagen.“