Bochum-Gerthe. Die Sammelunterkünfte in Bochum platzen aus allen Nähten. Die Stadt will in einem ehemaligen Seniorenheim künftig Wohnungslose betreuen.

Die Zahl obdachloser Menschen in Bochum hat sich seit 2015 laut Stadtverwaltung verfünffacht. Gleichzeitig bleiben Wohnungslose länger in Sammelunterkünften - das städtische Hilfssystem gerät unter Druck. Um die Lage etwas zu entzerren, will die Stadt jetzt ein ehemaliges Seniorenpflegeheim anmieten.

Hohe Belastungen bei den Unterbringungsmöglichkeiten und außerordentlich schwierige Wohnungsmarktbedingungen machten es erforderlich, das Hilfesystem zu überarbeiten. Bislang werden rund 300 Obdachlose in Bochum in Containern oder mobilen Wohnanlagen untergebracht, gemeinsam mit Geflüchteten. Die Räume sind Mehrbettzimmer, belegt mit maximal vier Betten. Küche und Sanitärräume werden gemeinschaftlich genutzt.

Konflikte bei gemeinsamer Unterbringung mit Geflüchteten in Bochum

Das führt mitunter zu Konflikten, so z.B. Anfang 2021 in den Containern Am Nordbad. Dort fühlten sich Nachbarinnen und Nachbarn belästigt von Obdachlosen, psychisch Kranken und Suchtkranken, die das Sozialamt dort untergebracht hatte. Die Klagen über Lärm und Dreck häuften sich damals. Befürchtet wurde gar ein zweites „Zillertal“: Dort wuchs der Ärger der Riemker Nachbarn wegen unzumutbarer Belästigungen durch rumänische Zuwanderer, bis die Stadt das Problemhaus 2014 für unbewohnbar erklärt hatte.

Obdachlose in Bochum

Die Stadt Bochum ist verpflichtet, den wohnungslosen Menschen ein Angebot zur Unterbringung zu machen.

Die Anzahl der „ordnungsrechtlich untergebrachten Menschen“ liegt bei derzeit rund 300 Menschen. Ein Großteil der Obdachlosen in Bochum aber lebt auf der Straße.

Das neue Konzept der Wohnungsnotfallhilfe wird seit Mitte 2022 sukzessive umgesetzt: Geflüchtete und wohnungslose Menschen sollen mehr und mehr getrennt untergebracht werden. Zudem strebt die Stadt eine passgenauere Betreuung an.

Nach der Anmietung einer Immobilie an der Wasserstraße 297 in Wiemelhausen mit zwölf Plätzen ist die Anmietung weiterer Gebäude zur „ordnungsrechtlichen Unterbringung“ erforderlich. Dabei soll auch zukünftig auf kleinere Häuser mit intensiver Betreuung gesetzt werden.

Gespräche mit dem Eigentümer von „Haus Gloria“ waren positiv

Das ehemalige Seniorenheim „Haus Gloria“ an der Lothringer Straße 21a in Bochum-Gerthe ist der Stadt angeboten worden. Nach Einschätzung der Zentralen Dienste erfüllt die Immobilie alle Voraussetzungen, die der Neuausrichtung der Wohnungsnotfallhilfe entsprechen. Auch die ersten Gespräche mit dem Eigentümer seien sehr positiv verlaufen.

In dem Haus wäre Platz für verschiedene Gruppenwohnangebote für insgesamt bis zu 42 Personen sowie für Büros und Bereitschaftsräume für das begleitende Personal. Unter den vielen städtisch untergebrachten Personen seien einige mit komplexen Problemlagen und psychischen Erkrankungen, die nicht in der Lage seien, eigenständig den Alltag zu bewältigen.

Durch intensivere Begleitung in kleineren Gruppen soll hier eine Zukunftsperspektive gesucht werden. Das kann die Vorbereitung und Vermittlung in eigenen Wohnraum, z.B. auch ambulant betreutes Wohnen sein. Die Stadt plant, in Gerthe wohnungslose Frauen und Männer unterzubringen, allerdings zeitlich begrenzt auf maximal ein Jahr.

Vor Ort soll die Betreuung durch ein multiprofessionelles Team (vorhandene Sozialarbeit, Hausmeister und sowie eine Sozialpsychiatrische Pflegekraft) gewährleistet sein. An der Lothringer Straße muss zudem aufgrund der erkrankten Personen ein unterstützendender Nachtdienst eingesetzt werden. Die Verwaltung informiert die Bezirksvertretung Bochum-Nord und den Planungsausschuss in der kommenden Woche zeitgleich über die Pläne.