Hofstede. Der Mangel an Lkw- und Busfahrern ist groß. Auch Fahrlehrer werden gesucht. In Bochum eröffnete ein Schulungszentrum. Früher wurde hier getanzt.
Björn Liedtke gibt in Bochum weiter kräftig Gas. Mit seiner Fahrlehrer-Fachschule (FFS) eröffnete er am Freitag neue Schulungsräume an der Dorstener Straße – dort, wo bis vor fünf Jahren noch in der Großraumdiskothek Prater getanzt wurde.
Die Fahrschule Geutner an der Poststraße ist die Wurzel der Erfolgsgeschichte. Binnen acht Jahren entwickelte Björn Liedtke aus dem mittelständischen Betrieb die nach eigenen Angaben größte Fahrschule in Deutschland an einem Standort.
Verkehrsfachschule in Bochum: „Allein die Bogestra sucht 130 Fahrer“
2015 startete im ehemaligen Kasino der Zeche Hannibal (das später u.a. als Hebammenschule genutzt wurde) an der Dorstener Straße 215 die Verkehrsfachschule (VFS) Bochum. Schwerpunkt neben Pkw- und Motorradführerscheinen: die Ausbildung von Berufskraftfahrern.
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Die sind gefragter denn je. „Allein die Bogestra sucht bis Jahresende noch 130 Busfahrer“, sagt VFS-Betriebsleiter Dominik Klaus. 150 Absolventen verlassen jährlich als Berufskraftfahrer die Schule in Hofstede mit 30 Mitarbeitern, sechs Schulungs-Lkw, drei Bussen (darunter ein Doppeldecker) und neu errichteter Halle für die Gabelstapler-Ausbildung. Das ist bedeutsam für den Arbeitsmarkt – und doch zu wenig angesichts von aktuell 36.000 freien Stellen für Brummifahrer. „Und das nur in NRW. Dabei ist der Durchschnittsverdienst immerhin auf 3200 Euro gestiegen“, betont Dominik Klaus.
Ausbildung zum Fahrlehrer dauert 14 Monate
Ein ebenso rares Gut sind Fahrlehrer. „Der Bedarf ist auch hier immens“, weiß Harry Kirchwehm. Er leitet die Fahrlehrerfachschule (FFS) Bochum, um die Liedtke 2018 seine Verkehrsfachschule ergänzt hat. Fünf Beschäftigte und mehr als zehn Dozenten sind hier tätig.
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Im Auftrag der Arbeitsagentur und des Jobcenters kümmert sich die FFS um die Aus- und Weiterbildung von Fahrlehrerinnen und Fahrlehrern. Ein Kurs dauert 14 Monate: acht Monate Theorie, der Rest Praxis in Fahrschulen (klar: auch in der firmeneigenen VFS). Die Bildungsgutscheine werden von Menschen mit vielfältigen früheren Berufen eingelöst: vom Bankkaufmann bis zur Bäckereifachverkäuferin, vom Amazon-Auslieferungsfahrer bis zum gesundheitlich angeschlagenen Schreiner oder Schlosser.
Arbeitsagentur sind „zurückhaltend“: Viele Plätze bleiben ungenutzt
Die Absolventen hätten quasi eine Job-Garantie, versichert Harry Kirchwehm. Dennoch seien die Kurse nicht ausgelastet. „Aktuell haben wir eine Klasse mit 17 Teilnehmern und eine mit acht. Im September startet eine neue Klasse, in der wir auf zwölf Teilnehmer hoffen. Dabei könnten wir pro Klasse bis zu 20 Personen schulen“, sagt der Betriebsleiter.
Dass Plätze frei bleiben, sei der Arbeitsagentur und dem Jobcenter zuzuschreiben. Die Ausbildung kostet 26.000 Euro; die Lehrinhalte und Prüfungen gelten als anspruchsvoll. Deshalb seien die Behörden bei der Vergabe der Bildungsschecks mitunter „sehr zurückhaltend“, so Kirchwehm.
Verkehrsschule hat ehemalige Prater-Flächen angemietet
Einen Zukunftsmarkt erkennt Björn Liedtke gleichwohl. Frühzeitig hat er sich eine 800 Quadratmeter große Nachbarfläche im Besitz der Euco-Gruppe (Hannibal-Center) gesichert. Sie wurde frei, als sich die Diskothek Prater 2018 verkleinerte (und nach Meinung von Branchenkennern auch deshalb die Corona-Tiefschläge bis heute erfolgreich gemeistert hat).
Mit geladenen Gästen wurde am Freitag die – um ein halbes Jahr verspätete – Eröffnung der aufwendig umgebauten Schulungsräume in der einstigen Prater-Diskothek „Swing“ gefeiert. Derweil hat Björn Liedtke seine Unternehmensgruppe bereits um ein Geschäftsfeld erweitert, das zugleich sein Hobby ist: Auf dem Dahlacker in Riemke eröffnete 2021 das „Caravan-Center Bochum“.