Bochum-Dahlhausen. Hitze macht den Jungbäumen in Dahlhausen schwer zu schaffen. Bürger rücken mit Gießkannen an – und haben sich bei einem Wettbewerb beworben.

Eis essen, Sonnenbaden, Freibadbesuch: Wenn die Temperaturen über 30 Grad Celsius klettern, sind das die Dinge, an die wohl viele Bochumerinnen und Bochumer zuerst denken. Bei Birgit Diermann und Jürgen Ivo von der Dahlhauser „Initiative Nachbarschaft und Nachhaltigkeit“ (IfNuN) sieht es anders aus: Sie denken an Bäume. Genauer gesagt an durstende Bäume, denen bei Hitzewellen das Wasser ausgeht.

Alleine an Stadtbäumen gibt es in Bochum über 30.000 Stück. Sie sind bei Trockenheit schneller betroffen als Bäume in Parks und Grünanlagen, weil sie in eng bebauten Gebieten keine großen Wurzeln schlagen können. Jungbäume leiden stark unter der Hitze, denn sie benötigen in der Anwuchsphase besonders viel Wasser.

Bochumer sorgen sich um Jungbäume

An der Eiberger Straße in Bochum-Dahlhausen stehen genau solche Jungbäume. „Hier haben wir vor zwei Jahren mehrere Baumscheiben von Aufwuchs und Unrat befreit und eine Blumenwiese eingesät“, erzählt Diermann. Seitdem seien Anwohner aktiv und pflegten, säten und pflanzten weiter. Die Pflanzaktion ist ein Projekt der nachbarschaftlichen Initiative. Zu den Aktivitäten zählen neben Putzaktionen, Stadtteilspaziergängen und Haselnuss-Sammeln auch das Aufpäppeln von nicht mehr zu verkaufenden Pflanzen des örtlichen Supermarktes REWE Lenk und Gießaktionen in der sommerlichen Hitzeperiode.

Mit 500 Litern am Abend den Durst gestillt

„In den letzten beiden Jahren sind wir mit Gießkannen losgezogen und haben Wasser am Dahlhausener Brunnen oder aus der Ruhr geholt“, berichtet die Bochumerin. Mit rund 500 Litern hätte man dabei an einem Abend den Durst der Bäume gestillt. „Wenn eine einzelne Person mit einer Gießkanne zum Brunnen geht, ist das vielleicht komisch. Aber als Team ist es das gar nicht und macht sogar Spaß“, sagt Diermann.

Tipps zum Gießen

Zum Bäume gießen eignet sich Regenwasser oder Brauchwasser. Verwenden kann man beispielsweise abgestandenes Wasser, ungewürztes Kochwasser, das Wasser, das beim Temperatureinstellen in der Dusche sonst im Abfluss landen würde.

Ein einzelner Baum benötigt etwa zehn Eimer Wasser, bei Hitze wöchentlich. Am besten gießt man Bäume früh morgens oder nach Sonnenuntergang – sonst verdunstet zu viel Wasser.

Klimaschutz zur Gemeinschaftsaufgabe machen, die auch noch Spaß macht – das ist eins der Ziele von IfNuN. „Ich finde, man muss nicht immer mit dem Finger auf Stadt und Politik zeigen, sondern kann auch selbst aktiv werden“, sagt Gründungsmitglied Jürgen Ivo. Zwar sind vorerst die Straßen- und Grünflächenämter für die Versorgung der Bäume zuständig – durch personelle Unterbesetzung ist das in Extremsituationen aber kaum zu leisten.

Stadt Bochum ist auch aktiv

In der Vergangenheit unterstützte bereits die Bochumer Polizei mit Wasserwerfern, außerdem testet die Stadt Bochum derzeit ein Granulat zur Wasserspeicherung. Der sogenannte „Zuschlagstoff“, der beim Verpflanzen der Bäume unter die Erde gemischt wird, kann 300-mal mehr Wasser im Beet speichern. Er war Thema in der Stadt, als er durch Regenfälle als sichtbarer Schleim an die Oberfläche trat und Stadtteilbewohnern Rätsel aufgab. Dass Bäume unter Trockenstress leiden, erkennt man unter anderem an gelben und eingerollten Blättern. Die Baumkrone wird mit der Zeit immer lichter mit durchsichtigeren Blättern. „Die schönen Beete und Bäume sind natürlich optisch ein Mehrwert für den Stadtteil, aber sie sind auch für das Klima wichtig“, sagt Diermann.

Warum Bäume wichtig sind

Bäume kühlen die Luft in ihrer Umgebung, indem sie Wasser verdampfen und Schatten spenden. Bei einem ausgewachsenen Laubbaum sind das bis zu 400 Liter am Tag. Ohne Regen oder Bewässerung können die Bäume ihre Wasserreserven nicht nachfüllen. In Reaktion auf diesen Zustand werfen die Bäume Blätter ab, teilweise ganze Äste.

Damit das Gießen leichter von der Hand geht, sucht die IfNuN nicht nur weitere Mitstreiterinnen und Mitstreiter, sondern hat sich bei „klimaschutz-nebenan.de“ um Projektgelder beworben. „In der ersten Runde, bei der von 450 Ideen 100 ausgesucht wurden, sind wir schon weitergekommen“, sagt Diermann. Nun gilt es in der Online-Abstimmung unter die 25 Besten zu kommen. Dann winken 1000 bis 3000 Euro Preisgeld. „Davon wollen wir Gießkannen und Fahrrad-Anhänger mit Wassertank und weiterem Zubehör finanzieren“, sagt Diermann. Bis Ende August kann abgestimmt werden.