Bochum. Das Kind ist krank. Muss ich den ärztlichen Notdienst aufsuchen? Für Eltern in Bochum soll es künftig eine Entscheidungshilfe geben: per Video.
Um den kinderärztlichen Notdienst zu entlasten, sollen Eltern in Bochum demnächst eine Videosprechstunde nutzen können. „Sie erhalten dabei eine erste Einschätzung eines Facharztes, der beurteilt, ob der Weg in die Ambulanz notwendig ist“, sagt der Bezirksleiter der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL), Dr. Eckhard Kampe.
Montags, dienstags und donnerstags von 19 bis 21 Uhr, mittwochs von 16 bis 21 Uhr und am Wochenende von 9 bis 21 Uhr dient die Kinderklinik an der Alexandrinenstraße als Notfallpraxis der Kinderärzte in Bochum. Vielfach sei die Ambulanz stark be-, mitunter überlastet, vor allem im Herbst und Winter, berichtet Kampe. Immer wieder würden auch Kinder mit harmloseren Beschwerden vorgestellt, die regulär vom Kinderarzt behandelt werden könnten.
Videosprechstunde für Eltern: So soll der neue Service funktionieren
Der Video-Notdienst soll den Eltern vorab eine Entscheidungshilfe bieten. So soll er funktionieren:
- Erkrankt das Kind außerhalb der Praxiszeiten, wählen die Eltern die Rufnummer des Ärztlichen Notdienstes: 116 117.
- Dort gibt es künftig nicht nur Infos über die Notdienstpraxis, sondern auf Wunsch auch einen Link per SMS oder E-Mail, der zur Videosprechstunde führt. Für dieses „virtuelle Wartezimmer“ sollen in Westfalen-Lippe bis zu 14 Kinderarztpraxen aufgeschaltet werden.
- Für den Zugang reichen Smartphone, Tablet, Notebook oder ein Computer mit Kamera und Mikrofon. Die Installation einer zusätzlichen Software ist nicht erforderlich.
- Die Eltern schildern und zeigen dem Kinderarzt die Symptome. Der Experte erkennt, was zu tun ist. Reicht eine zeitnahe Behandlung beim örtlichen Kinderarzt? Sollte der Notdienst aufgesucht werden? Oder muss sogar der Rettungsdienst unter 112 alarmiert werden?
KVWL-Chef: Kinderarzt vor der Kamera kann auch in Bielefeld sitzen
Jedem stehe selbstverständlich weiterhin frei, direkt in die Kinderklinik zu fahren, betont Eckhard Kampe. Bei weniger schweren Erkrankungen oder Verletzungen sei die Video-Sprechstunde jedoch ein probates Mittel, um beurteilen zu lassen: „Ist es wirklich so schlimm?“ Das gelte etwa für Infekte, leichtes Fieber oder Hautausschläge. Neben dem Video-Bild reichten den Kinderärzten dazu meist wenige gezielte Fragen. Kampe: „Schnell wird auch klar, ob und welche Medikamente erforderlich sind.“ Das neue E-Rezept könnte dabei gute Dienste leisten.
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Der KVWL-Bezirkschef erkennt nur Vorteile. Kränkelnden Kindern und deren Eltern könnte eine strapaziöse Fahrt in die Notdienstpraxis erspart werden. „Die Angst ist ja anfangs oft groß.“ Die Teams vor Ort würden sich auf die wirklichen Notfälle konzentrieren. Das Netzwerk werde regional geknüpft: „Der Kinderarzt, der eine Bochumer Familie per Video berät, sitzt womöglich in Bielefeld.“
Kinderärzte in Bochum zeigen sich noch zurückhaltend
Bei den Allgemeinmedizinern habe ein Probelauf in Herne gute Resultate gezeigt. „An manchen Samstagen gab es 20 bis 30 Videosprechstunden.“ Eine rege Resonanz sei auch beim kinderärztlichen Notdienst zu erwarten. „Noch in diesem Jahr ist mit dem Start zu rechnen“, so Eckhard Kampe – rechtzeitig vor Beginn einer Infektionswelle in der kälteren Jahreszeit.
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Zurückhaltend fällt die erste Reaktion der Bochumer Kinderärzte aus. „Bisher sind wir in die Planungen der Kassenärztlichen Vereinigung nicht eingebunden“, sagt Claudia Simon, Obfrau des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), auf WAZ-Anfrage. Es müsse rechtzeitig geklärt werden, wie die vorhandenen Notdienste der Kinderärzte mit ihren 26 Praxen in Bochum mit dem neuen Video-Service zu vereinbaren sind.