Bochum. Der deutsche Astronaut Hans Schlegel nahm Besucher aus Bochum mit auf eine Reise zu den Sternen. Michael Wurst führte durchs Programm.
Bis auf den letzten Platz ausverkauft war der Bochumer Raumfahrtabend in der Scheune von „Haus Kemnade". Über 300 Menschen kamen, um dem Vortrag des deutschen Astronauten Hans Schlegel zu lauschen, der nicht nur atemberaubende Fotos seiner zwei Weltraum-Missionen mitgebracht hatte, sondern auch einen interessanten und tiefgründigen Einblick in den Alltag eines Astronauten gab.
32 Sonnenauf- und Untergänge innerhalb eines Tages
Doch zuerst kam Michael Wurst. Der Bochumer Sänger und Stadionsprecher des VfL eröffnete den Abend mit dem Song „Major Tom" von Peter Schlilling, bevor er den Stargast des Abends in alter Stadionsprecher-Manier auf die Bühne holte. Und Hans Schlegel machte direkt klar, was sein Ziel des Abends ist: „Früher habe ich meine Vorträge oft wissenschaftlich gehalten“, sagt der mittlerweile 71-Jährige, „sie glauben gar nicht, wie viele der Zuhörer dabei eingeschlafen sind. Heute möchte ich handfest und nachvollziehbar berichten, was es bedeutet, ins Weltall zu fliegen.“
Trotzdem dürfen dabei auch ein paar Zahlen und Fakten nicht fehlen. Zum Beispiel, dass es zwei Millionen Kilogramm Treibstoff bedarf, um genug Schub auf die Rakete zu bekommen. Dass sich durch den Druck beim Aufsteigen des Space-Shuttles das eigene Gewicht verdreifacht und man so nicht mehr beispielsweise 100 Kilo, sondern satte 300 Kilo wiegt – und, dass die Astronauten an einem normalen Tag auf der ISS (International Space Station) – zu der Hans Schlegel 2008 aufgebrochen war – 16 Sonnenauf- und 16 Sonnenuntergänge sehen, da sie innerhalb von eineinhalb Stunden die ganze Welt umrunden.
So eine klare Schwärze gibt es auch in Bochum nicht
„Wenn wir uns auf der Taghälfte befinden, dann können wir auch im All die Sterne nicht sehen“, erklärt Hans Schlegel, „und alle Darstellungen, die man im Fernsehen sieht, werden dem Universum nicht gerecht.“ Diese klare Schwärze kennen wir hier nicht und sie sei ein Zeichen dafür, wie leer dieser unendlich große Raum wirklich sei. Und dann die Schwerelosigkeit. „Ja, die ist schon angenehm und ein tolles Gefühl – aber nicht in den ersten zwei Tagen“, berichtet Hans Schlegel. „Das Innenohr funktioniert nicht mehr, die Körperflüssigkeiten steigen in die obere Hälfte des Körpers, alles fühle sich erst einmal sehr merkwürdig an und einem sei ständig schlecht. „Aber die Übelkeit ist völlig normal und das Erbrechen keine Schande“, sagt Hans Schlegel. Alles werde in einem Beutel gut verpackt und dann dem Müll zugeführt. Außerdem sei bei dem überwältigenden Anblick „unseres großen Mutterraumschiffs Erde“, wie er den blauen Planeten liebevoll nennt, eh alles andere egal.
Ein Spaziergang durch das Weltall
Auf seiner Mission zur ISS koppelten Hans Schlegel und seine Kollegen das Columbus-Modul – ein Forschungslabor, dass die Untersuchungen der verschiedenen Effekte innerhalb eines menschlichen Organismusses bei dessen Aufenthalt im All unterstützt – an der Internationalen Raumstation an. Dazu musste Hans Schlegel auch einen „Space Walk“ – einen „Spaziergang“ im Weltraum – absolvieren, um Arbeiten an der Außenhülle des Moduls zu erledigen. „Für diesen Zweck musste ich auch ein Mal auf der Nachtseite, im Dunklen, in einem Bereich, wo der Funk nicht funktionierte, alleine über die ISS ‚wandern‘“, blickt der Astronaut zurück und beantwortet dann auch gleich eine Frage, die die Zuschauer nach dieser Schilderung besonders interessiert: „Ein Mensch, der keine Angst hat, eignet sich nicht zum Astronauten. Was man nur nicht haben darf, ist Panik. Aber der Angst kann man entgegenwirken, indem man sich wirklich gut vorbereitet, konzentriert ist – und ab und an, wenn es zu schlimm wird, mal eine Melodie im Kopf summt. Bei mir war es Mozart und hat immer geholfen.“
INFO
Hans Schlegel ist seit 1998 ESA-Astronaut. Zuvor war er Mitglied im ehemaligen deutschen Astronautenkorps und flog 1993 bei der Spacelab-D2-Mission vom 26. April bis zum 06. Mai 1993 als siebenter Deutscher ins All.
Vom 7. bis 20. Februar 2008 unternahm er einen zweiten Raumflug. Dabei begleitete er in der US-Raumfähre Atlantis das ESA-Labormodul Columbus zur ISS. (Quelle: ESA – European Space Agency)