Bochum. Die Augenleiden Grauer und Grüner Star sind Volkskrankheiten. Das WAZ-Nachtforum in Bochum machte deutlich: Für viele Patienten gibt es Hoffnung.

Mehr als eine Million Menschen in Deutschland sind vom Grünen Star (medizinisch: Glaukom) betroffen. Nun gibt es Hoffnung, die Folgen der Augenerkrankung zu lindern: schonender, nachhaltiger und effizienter als bei den bisher gängigen Eingriffen. Das Knappschaftskrankenhaus in Bochum leistet dabei Pionierarbeit. Das Interesse daran sei international „gigantisch“, sagte der Direktor der Augenklinik, Prof. Burkhard Dick, beim 63. WAZ-Nachtforum Medizin.

WAZ-Nachtforum Medizin: Klinik-Cafeteria war voll besetzt

„Der Grüne und der Graue Star: Was gibt es Neues?“, hieß es in Langendreer. Mit 200 WAZ-Leserinnen und -Lesern war die Klinik-Cafeteria voll besetzt. Die Fortschritte bei der Behandlung der Augenleiden sind gerade für ältere Menschen wichtig, die ihre Sehkraft erhalten, stärken und die Angst vor einer Erblindung bannen wollen.

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Beim Grünen Star ist das Knappschaftskrankenhaus seit Ende 2022 die weltweit einzige Klinik, in der die „Direkte Selektive Lasertrabekuloplastik“ – kurz: DSLT – gegen die fortschreitende Erkrankung der Sehnerven zum Einsatz kommt, berichtet Burkhard Dick.

Vor fünf Monaten ließ sich Dr. Rosemarie Marchan von Dr. Matthias Elling im Knappschaftskrankenhaus Bochum mit dem neuen DSLT-Laser behandeln. Inzwischen sei ihr Augeninnendruck merklich gesunken, berichtet die 45-Jährige.
Vor fünf Monaten ließ sich Dr. Rosemarie Marchan von Dr. Matthias Elling im Knappschaftskrankenhaus Bochum mit dem neuen DSLT-Laser behandeln. Inzwischen sei ihr Augeninnendruck merklich gesunken, berichtet die 45-Jährige. © KK Bochum

Neue Laser-Technik verheißt beim Grünen Star deutliche Besserung

Zwar gibt es Laser-Therapien beim Glaukom bereits seit den 80er Jahren, sagt Klinik-Augenarzt Dr. Gregor Schnober. Die DSLT-Technik arbeite jedoch kontaktlos und deutlich exakter. Auf den Millimeter genau gibt der Laser seine Impulse unmittelbar auf das Auge ab. Der Abfluss der Augenflüssigkeit soll so verbessert, der erhöhte Innendruck als Ursache des Grünen Stars gesenkt werden.

Gregor Schnober und der Leitende Oberarzt Dr. Matthias Elling zeigen sich überzeugt: „Prinzipiell ist jeder Glaukom-Patient für DSLT geeignet.“ Gerade mal vier Sekunden pro Auge dauere der Laser-Beschuss. „Der Patient kann anschließend nach Hause gehen. Es gibt keine Ausfallzeiten.“

Patientin: Beim Eingriff ist nur ein kleiner Druck im Auge zu spüren

Dr. Rosemarie Marchan bestätigt die positiven Erfahrungen der Fachärzte. Die 45-Jährige muss seit 20 Jahren Augentropfen gegen den Grünen Star nehmen. Drei Wirkstoffe sind es inzwischen: jeden Morgen, jeden Abend. Nun ist die Wissenschaftlerin zuversichtlich, bald zumindest eines der Medikamente absetzen zu können. Vor fünf Monaten wurde sie in Langendreer mit DSLT behandelt. Seit zwei Monaten nehme ihr Augeninnendruck spürbar ab. Dabei habe sie den Eingriff als harmlos empfunden, erzählt sie beim WAZ-Nachtforum: „Es gab ein kleines Druckgefühl im Auge. Nichts Schlimmes“ – und kein Vergleich zur täglichen Qual mit den Tropfen.

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Alle ein bis zwei Jahre könne die Laser-Therapie problemlos wiederholt werden, versichert Matthias Elling. Patienten könnten mit einer Überweisung ihres Augenarztes einen Termin in der Knappschaftsklinik vereinbaren. Gregor Schnober: „Bei entsprechender Indikation ist das eine Kassenleistung.“

200 WAZ-Leserinnen und -Leser füllten die Cafeteria des Knappschaftskrankenhauses Langendreer beim WAZ-Nachtforum bis auf den letzten Platz.
200 WAZ-Leserinnen und -Leser füllten die Cafeteria des Knappschaftskrankenhauses Langendreer beim WAZ-Nachtforum bis auf den letzten Platz. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Ärztin ruft zur Vorsorge auf – die allerdings selbst bezahlt werden muss

Führen Tropfen und Laser nicht zum Erfolg, hält die Augenklinik eine Alternative bereit. Stents, wie sie Herzchirurgen zum Offenhalten der Herzblutgefäße verwenden, werden auch von Augenärzten eingesetzt. Die winzigen Implantate könnten den Augendruck massiv senken, verspricht Oberärztin Dr. Inga Kersten-Gomez. Und das minimalinvasiv und damit erheblich schonender als bei einer konventionellen OP.

Ausdrücklich appelliert Inga Kersten-Gomez, Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen – vor allem bei Vorbelastungen mit Grünem Star in der Familie. Als „IGeL“-Leistung müssten die Augen-Checks allerdings selbst bezahlt werden. Kosten: rund 70 Euro.

WAZ-Redaktionsleiter Thomas Schmitt gab den Besuchern nach den Vorträgen der Fachärzte Gelegenheit für Fragen. Die WAZ-Leserinnen und -Leser machten davon rege Gebrauch.
WAZ-Redaktionsleiter Thomas Schmitt gab den Besuchern nach den Vorträgen der Fachärzte Gelegenheit für Fragen. Die WAZ-Leserinnen und -Leser machten davon rege Gebrauch. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Klinik-Direktor schwärmt von neuen OP-Möglichkeiten beim Grauen Star

Bis zu 1000 Euro stellt die Augenklinik für eine Behandlung mit ihrem Femtosekundenlaser in Rechnung. Lediglich einige private Kassen übernähmen die Kosten, bedauert Direktor Burkhard Dick. Dabei bedeute die Laser-Technologie bei der Volkskrankheit Grauer Star (medizinisch: Katarakt) mit jährlich einer Million Eingriffen in Deutschland eine „unglaubliche Verbesserung für die Patienten“. Allein im Knappschaftskrankenhaus sind damit fünf Operateure beschäftigt.

Bei einer herkömmlichen OP wird die getrübte Linse per Ultraschall verflüssigt und abgesaugt. Der Laser perfektioniere das Verfahren und schaffe Platz für eine Kunstlinse, die sogleich per 3-D-Technik an- und eingepasst wird. Selbst er als weltweit renommierter Experte hätte sich „das vor 20 Jahren nicht vorstellen können“, schwärmt Dick.

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Für künstliche Premium-Linsen werden bis zu 1000 Euro fällig

Gleichfalls rasant sei die Entwicklung bei den künstlichen Linsen, erläutert Matthias Elling. Je nach Sehschwäche und -gewohnheit halte die Industrie die entsprechenden Exemplare bereit. Wer mehr als den Standard will, muss auch hier draufzahlen: Für Premiumlinsen ist mit Zuschlägen zwischen 200 und 1000 Euro zu rechnen.

Alle Vorträge können im Internet auf www.kk-bochum.de nachgelesen werden. Das nächste WAZ-Nachtforum folgt am 26. Oktober – dann zum Thema Rücken.