Bochum. Zum Gedenken an die jüdischen Opfer unter dem Nazi-Regime wurden nicht nur Stolpersteine verlegt. Auch Schüler aus Bochum engagieren sich.

Gleich neun Stolpersteine an fünf Standorten hat der bekannte Künstler Gunter Demnig am Montag in Bochum verlegt. Den letzten um 12 Uhr in Langendreer an der Alten Bahnhofstraße in Höhe des Hauses Nummer sechs; die Kirchenglocken läuten, als der 75-jährige Initiator des bekannten Stolpersteinprojektes für Otto Heimann den Stein einsetzt. Zwischen den der Eltern. Es war auch deshalb hier ein ganz besonderer Moment in Bochum-Langendreer, weil Angehörige aus Kanada des am 14. April 1998 im Miami Verstorbenen zugegen sind.

Emotionale Feierstunde in Bochum-Langendreer

Zuvor gab es ab 10.30 Uhr in der Christuskirche in Langendreer eine sehr emotionale Feierstunde, um an den jüdischen Menschen aus Bochum-Langendreer zu erinnern, der nur knapp im Alter von 17 Jahren dem Naziterror entkam. 1939 gehörte zu den wenigen tausend jüdischen Jugendlichen aus Deutschland (zuvor wurde er aus dem KZ Sachsenhausen entlassen), durch den sich viele mit dem von der Bochumer Gemeinde mitorganisierten Kindertransport nach England retten konnten, die mit dem Zug dem Holocaust entfliehen Richtung England. In Bochum sah er zum letzten Mal seine Eltern - ein Abschied unter Tränen, als der Zug den Bahnhof verließ. In der Hoffnung, dass ihr Sohn dem immer stärker werdenden Nazi-Terror entkommen kann und man sich später wiedersieht. Sie wurden 1943 im KZ Auschwitz ermordet.

Der Künstler Gunter Demnig, vorne 2.v.l., Jacqueline Lorient-Goldfarb, vorne links, mit Verwandten von Otto Heimann in Bochum.
Der Künstler Gunter Demnig, vorne 2.v.l., Jacqueline Lorient-Goldfarb, vorne links, mit Verwandten von Otto Heimann in Bochum. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Erinnerungsfeier in der Christuskirche

Im Rahmen der Erinnerungsfeier in der Christuskirche wurde in vielfältiger Form nicht nur an sein Schicksal erinnert, sondern auch an den Holocaust insgesamt. „Gegen das Vergessen. Die Erinnerungskultur wachzuhalten, ist wichtig. Und deshalb ist es besonders wichtig, dass so viele Schülerinnen und Schüler nicht nur diese Erinnerungsfeier mitgestaltet haben, sondern sich auch im Vorfeld mit dem Thema intensiv beschäftigt haben“, so Bürgermeisterin Gaby Schäfer. Und das betont auch Martin Hendler, Pfarrer und 2. Vorsitzender des Stadtteilvereins „Lakulturm“.

Schülerinnen und Schüler der Erich-Kästner-Schule nahmen auch an der Erinnerungsveranstaltung in Bochum teil.
Schülerinnen und Schüler der Erich-Kästner-Schule nahmen auch an der Erinnerungsveranstaltung in Bochum teil. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Diese Erinnerungsaktion in Langendreer gestalten Schülerinnen und Schüler der Erich-Kästner-Schule und des neuen Gymnasiums Bochum – mit Musik- und Theaterbeiträgen sowie einem persönlichen Vortrag über das Leben von Otto Heimann, der sich später, nachdem er aus England in die USA ausgewandert war, Bob Hyman nannte. Über Monate hatten sie sich intensiv mit dem Thema befasst.

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Nachfahren aus Kanada in Bochum

In der Feierstunde in der Christuskirche Langendreer erinnerten auch seine Nachfahren aus Kanada daran. Die Schwägerin Jacqueline Lorient-Goldfarb (sie publiziert aktuell ein Buch über die weitläufige Verwandtschaft der Familie Heimann) und die beiden Neffen Marc und Grant Goldfarb sowie deren Kinder sind seit rund einer Woche in Bochum; am Montag ging es noch nach Duisburg, um dort Stolpersteine für für Angehörige zu verlegen. Gunter Demnig gab ihnen zwei dafür mit auf den Weg.

Der Hebräisch-Kurs des Neuen Gymnasiums Bochum sang in der Christuskirche in Bochum-Langendreer.
Der Hebräisch-Kurs des Neuen Gymnasiums Bochum sang in der Christuskirche in Bochum-Langendreer. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Schulprojekt in Bochum privat begleitet

Das Schulprojekt in Bochum wurde privat von Franz-Josef Wittstamm begleitet, der sich seit seinem Ruhestand mit den Biographien der jüdischen Familien aus Westfalen beschäftigt, regelmäßig Vorträge dazu hält und seine Arbeiten auf seiner privaten Homepage digitalisiert hat. Er hat in erster Linie die Korrespondenz mit den kanadischen Nachfahren von Otto Heimann hergestellt. Und erinnert dabei auch an die wichtigen Beiträge dazu von Clemens Kreuzer aus Bochum.

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Für Schule ohne Rassismus

Ludger Jonischeit, Leiter der Erich-Kästner-Schule, erklärt: „Durch diesen konkreten Einblick in die Biographien der jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger und deren leidvollen Weg sowie die Begegnungen mit den Nachfahren verschaffen sich die Schüler und Schülerinnen einen konkreten Zugang zu einem Verständnis des Ausmaßes nationalsozialistischer Verbrechen.“ Und betont den Stellenwert, sich auch damit als „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“ als Beitrag zum achtsamen Verständnis von Freiheit und Recht als Beitrag für die demokratische Grundordnung einzusetzen.