Bochum. Die Zahl der Grundschüler in Bochum wächst – aber es fehlt Platz. Deswegen kommen Container zum Einsatz. Doch deren Ausstattung sorgt für Kritik.
Es ist eng in Bochums Grundschulen, und es wird absehbar noch enger: Weil die Zahl der Grundschüler bis zum Schuljahr 2025/26 weiter ansteigen wird, muss mancherorts improvisiert werden. An 13 von 49 Grundschulstandorten in der Stadt stehen aktuell Container, in denen Kinder unterrichtet werden. Insgesamt, so teilt die Stadt auf Anfrage mit, sind 20 Ersatzklassenräume in Containern untergebracht.
Und dabei bleibt es nicht: Allein im kommenden Schuljahr kommen acht Standorte hinzu, an dreien werden die Container erweitert. „Zum Schuljahr 2023/2024 werden insgesamt 26 neue Ersatzklassen errichtet“, teilt Stadtsprecher Thomas Sprenger mit. 2025/26 sollen dann noch einmal zwei Grundschulstandorte mit Containern versehen werden.
Klassencontainer: „Sanitäre Mindeststandards“ gefordert
Neu sind die Übergangslösungen nicht, auf manchem Schulhof stehen schon seit Jahren Klassencontainer – aber die Planung der Stadt zeigt: Die Zahl wird sich noch einmal mehr als verdoppeln. Und um die Ausstattung gibt es nun Aufruhr in Politik und Elternschaft. Die Tatsache, dass die provisorischen Klassenräume ohne Wasseranschluss daherkommen und die Container keine Sanitärräume haben, erregt die Gemüter. „Das geht nicht“, sagt Susanne Dewender als CDU-Fraktionsvorsitzende in der Bezirksvertretung Mitte. „Da muss dringend nachgebessert werden.“
Auch die Grünen im Rat der Stadt fordern „sanitäre Mindeststandards bei Klassencontainern“. „Sie dienen zwar nur als Provisorium, aber es wird durchaus der Fall sein, dass gerade Grundschulkinder in ihren vier Schuljahren nur diese provisorischen Klassenräume werden nutzen können“, schreibt die Fraktion in einer Anfrage an die Stadtverwaltung und will wissen: Werden Sanitäreinrichtungen für neue Räumlichkeiten mitgeplant? Und ist eine Nachrüstung für bestehende Containeranlagen möglich?
Drusenbergschule: Schulpflegschaft gegen Container ohne Wasseranschluss
An der Drusenbergschule im Ehrenfeld werden zum neuen Schuljahr Container aufgestellt, hier stemmte sich die Schulpflegschaft im April gegen die bisherige Planung; ein Infoabend für Eltern wurde einberufen, an dem Vertreter der Stadt teilnahmen. Die Schulleitung der Grundschule will sich mit Verweis aufs Dienstrecht nicht öffentlich äußern. Fest steht aber: Auch hier halten es Eltern für unzumutbar, Container ohne Wasseranschluss zu planen.
Allein: Die Ausschreibung ist längst beendet, eigentlich steht die Planung. Die Stadt setzt bei den Containerlösungen teilweise auf eigene Module, teilweise auf Mietcontainer. Birte Caspers-Schäfer, Mitglied der Grünen im Schulausschuss, hat die Entwicklung verfolgt. Sie räumt ein, dass Sanitäranlagen nicht mal eben so einzurichten sind – Frischwasserzufuhr muss gewährleistet sein, Abwasser-Ableitung ebenso. Aber gerade an Grundschulen müsse man da ein Auge drauf haben.
„Die Container stehen ja nicht nur ein Jahr dort“, sagt sie. „Für mich war von Anfang an klar, die Kinder brauchen Wasser.“ Aus der Verwaltung habe es immer geheißen, das sei nicht möglich.
Über den Schulhof zum Klo? „Unzumutbar“, findet die CDU-Politikerin
„Wir haben den Kindern in der Corona-Zeit beigebracht, wie wichtig Hygiene ist, wie wichtig Händewaschen ist“, sagt Caspers-Schäfer. „Und in der Containersituation haben sie keine Gelegenheit, im Klassenraum Hände zu waschen.“ Und: „Dass Grundschüler einmal über den Schulhof ins Hauptgebäude gehen müssen, um Pipi zu machen, ist nicht realistisch“, findet die Grünen-Politikerin.
Auch CDU-Frau Dewender schlägt in die gleiche Kerbe. „Über den Schulhof allein ins Hauptgebäude zur Toilette, und das eventuell auch bei schlechter Witterung und Frost im Winter geht an der Wirklichkeit vorbei und wird in der Stadtverwaltung keinem Mitarbeiter eines Amtes zugemutet“, sagt sie.
Stadt Bochum: Nachrüstung nicht einfach umsetzbar und nicht geplant
Stadtsprecher Thomas Sprenger indes stellt klar: „Eine Nachrüstung von bestehenden Containeranlagen ist nicht einfach umsetzbar und nicht geplant.“ Bei den Ersatzklassen handele es sich um Interimsmaßnahmen. „Aktuell ist vorgesehen, die Nutzungssituation vor Ort zu prüfen, wenn die neuen Containeranlagen aufgestellt sind. In Abstimmung mit den örtlichen Gegebenheiten und der Schule wird auch evaluiert, ob ggf. zusätzliche Sanitärmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden müssen.“
Konkret zur Situation an der Drusenbergschule sagt der Stadtsprecher: Dort seien neben den nicht vorhandenen Sanitäreinrichtungen „die Position der Containeranlage auf dem Grundstück sowie fehlende Garderobenräume kritisiert“ worden. Und weiter nur das: „Die Position der Anlage kann voraussichtlich angepasst werden.“
42 Grundschulen an 49 Standorten in Bochum
Aktuell gibt es 42 Grundschulen in Bochum und insgesamt 49 Grundschul-Standorte – einige Schulen sind Verbundschulen mit zwei Standorten im Stadtgebiet. Im Schuljahr 2005/2006 waren es nach Angaben der Stadt Bochum noch 61 Grundschulstandorte. Zwölf Standorte wurden nach und nach aufgrund sinkender Schülerzahlen geschlossen.
Zwischen den Schuljahren 2005/06 und 2017/18 sei die Zahl der Grundschülerinnen und -schüler um etwa 1000 zurückgegangen, so die Stadt. Seit 2019 ist die Anzahl stetig gewachsen, im laufenden Schuljahr wurden knapp 12.000 Schülerinnen und Schüler in 475 Grundschulklassen gezählt. der Höhepunkt wird Prognosen zufolge zum Schuljahr 2025/26 erwartet. Dann dürfte es mit knapp 12.500 Kindern an Grundschülen noch einmal rund 500 mehr sein.