Bochum. In der Rotunde in Bochum haben Feiernde eine neue App getestet. Mit „Flock“ sollen sich vor allem Frauen für den Heimweg verabreden können.

Die Rotunde im Bochumer Bermudadreieck ist mäßig gefüllt, als Svenja Schilling (24) und Julien Caselmann (23) dort einen kleinen Tisch mit Flyern und einem Laptop bestücken. Die beiden sind zwei der drei Gründer der App „Flock“ und wollen an diesem Abend testen, ob das Konzept, das sie sich überlegt haben, aufgeht.

Flock will Partygängerinnen und -gänger mit einem ähnlichen Heimweg vernetzen, um sie vor sexuellen Übergriffen zu schützen. In der App kann man Startzeit und Ziel angeben, die App „matcht“ ähnliche Routen und benachrichtigt Nutzende, die anschließend miteinander chatten können. Die App ist vor allem für Frauen und nicht-männliche Personen interessant, die ein signifikant höheres Risiko nächtlicher Belästigungen haben. Doch auch Männer können die App nutzen.

Neue App „Flock“ – Gründerin wurde selber sexuell belästigt

Die Idee entstand, weil die Gründerinnen das Problem selbst kennen. „Meine Mitbegründerin Aylin Shakibi wurde einmal von einem Typen verfolgt. Sie stellte sich zu einer Frauengruppe und gemeinsam konnten sie ihn vertreiben.“ erzählt Svenja Schilling.

Die neue App wurde bei zwei Partys in der Rotunde getestet.
Die neue App wurde bei zwei Partys in der Rotunde getestet. © Stadt Bochum | Lutz Leitmann

Von der Idee bis zur Testphase hat es insgesamt zwei Jahre gebraucht. Zuerst arbeiteten Schilling und Shakibi an anderen Apps mit ähnlichen Konzepten. „Wir haben uns über Instagram gefunden und beschlossen, gemeinsam zu arbeiten“ sagt die Ethik-Studentin. Für die App-Entwicklung holten sie Caselmann ins Boot.

Förderung von der RUB und der FU Berlin

Alle drei studieren eigentlich, die App haben sie in ihrer Freizeit entwickelt. „Wir haben zwar Förderungen von der RUB und der FU Berlin bekommen, aber bis hierhin haben wir ehrenamtlich gearbeitet. Für die Zukunft setzen wir auf Kooperationspartner. Wir möchten gerne mit Verkehrsbetrieben wie der Bogestra zusammenarbeiten – sichere Heimwege liegen ja auch in ihrem Verantwortungsbereich“ sagt sie.

App-Gründerin Svenja Schilling zeigt auf ihrem Smartphone die App
App-Gründerin Svenja Schilling zeigt auf ihrem Smartphone die App "Flock". © Jennifer Ganster | Jennifer Ganster

An diesem Abend soll zum ersten Mal getestet werden, wie die Idee ankommt. Janine Crepulja (24) ist aus Essen in die Rotunde gekommen, sie möchte gegen vier Uhr nach Hause fahren und lässt sich in das System eintragen. Da die App noch nicht zum Download zur Verfügung steht, werden Treffer über SMS versendet. Sie findet das Konzept gut, hat aber auch ihre Bedenken. „Was, wenn jemand die App missbraucht? Ist das sicher?“ fragt sie.

So soll die App funktionieren

Vorbehalte, die auf der Hand liegen und an die bei der Entwicklung gedacht wurden: In der fertigen App soll es zwei Verifizierungsverfahren geben. Auf lange Sicht soll mit dem Ausweis die Identität bestätigt werden und Nutzerbewertungen hinterlassen werden können. Wenn es aber schnell gehen soll, kann man sich mit einem Foto zu erkennen geben.

„Die App gibt die Anweisung, sich in einer bestimmten Pose zu fotografieren, einer Handbewegung beispielsweise. Das Foto wird an das Match geschickt. So können mögliche Partnerinnen sehen, wer wirklich hinter einem Profil steckt.“ erklärt Schilling.

Gründerinnen sind mit Experiment in der Rotunde zufrieden

App-Entwickler Julien Caselmann zeigt auf seinem Laptop die geplante, fertige Version und eine Karte der heute angegebenen Zielorte „Wir haben viele Anmeldungen rund um Bochum, aber auch aus anderen Städten, da wird es schwierig“ sagt er.

Trotzdem finden sich bis zum Ende des Abends fünf Gruppen für den Heimweg, 30 Anmeldungen gab es. Ein positives Ergebnis, wie Schilling findet. „Generell sind wir auf positive Resonanz gestoßen und sind sehr gespannt, die App weiterzuentwickeln und mit einer größeren Gruppe zu testen.“