Bochum. Für Menschen mit Behinderung in Bochum ist eine digitale Stadtkarte geplant. Wie viel Spaß Inklusion bereiten kann, zeigte ein Rockfestival.
Menschen mit Behinderung stoßen in der Bochumer Innenstadt vielfach auf Hindernisse. Ein Pilotprojekt soll eine Bestandsaufnahme liefern und zeitnah Verbesserungen bewirken. Handlungsbedarf gebe es reichlich, erklären die städtische Inklusionsbeauftragte Melina Altenkamp und weitere Akteure der Behindertenarbeit.
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Schätzungen besagen, dass ein Zehntel der Gesamtbevölkerung körperliche und/oder geistige Einschränkungen aufweist. In Bochum wären das mehr als 30.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Ihnen in allen Lebensbereichen Teilhabe und Selbstbestimmung zu gewährleisten, wird in der Politik oft und gern als Ziel ausgeflaggt. In der Realität werde aber noch immer zu wenig getan, konstatiert der Geschäftsführer der Lebenshilfe Bochum, Ulf Kauer, im WAZ-Gespräch.
Inklusion in Bochum: Ein solches Gemeinschaftsprojekt gab es noch nie
Das soll sich ändern. „Innenstadt inklusiv“ heißt ein Projekt, das es so in Bochum noch nie gab. Beteiligt sind neben Melina Altenkamp (seit einem Jahr die Inklusionsbeauftragte der Stadt) die Arbeitsgemeinschaft Behinderte, die Hochschule für Gesundheit, die Evangelische Hochschule, die Ehrenamtsagentur und die Volkshochschule (VHS). Ihr Ziel: Gemeinsam mit Menschen mit Handicap Schwachstellen zu erkennen, zu dokumentieren und Zug um Zug zu beseitigen.
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„Safari“ in der City zeigt Schwachstellen für Behinderte auf
Im Februar startete eine Kursreihe bei der VHS. Einer der ersten Termine war eine Fotosafari durch die Innenstadt. Wo gibt es Barrieren? Allzu schnell wurde die Safari-Gruppe fündig. In Toiletten, die für Menschen mit Behinderung, etwa Rollstuhlfahrer, nicht oder nur schwerlich zu benutzen sind. In einem Schnellimbiss, der draußen nur Hochtische aufgestellt hat. In Lokalen, in denen die Tische so eng beieinander stehen, dass es mit einem Rolli kein Durchkommen gibt. Am Eingang des Bermudadreiecks, wo für Blinde oder Sehbehinderte „die Gefahr besteht, in den komplett ungeschützten U-Bahn-Schacht zu stürzen“ (so Lebenshilfe-Chef Kauer).
Auch bei der Digitalisierung gibt es großen Handlungsbedarf
Die Mängelliste ist noch deutlich länger. Treppen und Stufen ohne Rampe sind vielfach Alltag im Straßenbild. Weil die Aufzüge im Hauptbahnhof regelmäßig ausfallen, müssen Rollstuhlfahrer die Rolltreppe benutzen. „Super gefährlich!“, warnt Melina Altenkamp. Durchgängige Wegeleitsysteme sind rar, ebenso wie Lifter, um Schwimmbäder zu besuchen.
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„Und dabei sind wir nur bei den baulichen Mängeln. Zudem brauchen wir etwa im digitalen Bereich mehr Vorlesefunktionen und Veröffentlichungen in leichter Sprache, in Sportvereinen mehr gemischte Gruppen, bei Veranstaltungen mehr Gebärdendolmetscher“, sagt Sophie Linß von der VHS-Studienstelle für Digitalisierung und Inklusion.
Festival im Bermudadreieck zeigt: So viel Spaß kann Inklusion machen
„Innenstadt inklusiv“ soll konkrete Hilfestellungen leisten. Geplant ist u.a. eine interaktive City-Karte („Wheelmap“) mit Hinweisen etwa auf behindertengerechte WCs oder Zugänge für Rollstuhl und Rollator. Die Eintragungen können die Betroffenen auch selbst vornehmen. „Perspektivisch soll das Angebot auf die Stadtteile ausgeweitet werden“, kündigt Melina Altenkamp an. Das „Handlungskonzept Barrierefreiheit in Bochum“ soll folgen. „Dieses wichtige Thema muss nicht nur die Stadt, sondern die gesamte Stadtgesellschaft angehen“, postuliert Altenkamp.
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Welch großen Spaß Inklusion bereiten kann, zeigte am vergangenen Samstag der „Rock für Inklusion“. Sechs Bands griffen bei der elften Auflage des Lebenshilfe-Festivals auf der KAP-Bühne im Bermudadreieck in die Saiten: davon fünf Gruppen mit behinderten Mitgliedern. „Bis 22 Uhr wurde gerockt. Der Zuspruch der Besucher war sehr gut“, berichtet Kai Hermann, der bei der Lebenshilfe die Kulturarbeit verantwortet. Die Musik liefere ein Beispiel: „Jeder Mensch kann überall mitmachen!“
Infos zur VHS-Reihe „Innenstadt inklusiv“ gibt es auf vhs-bochum.de und unter 0234/9101555.