Bochum. In Bochum wächst der Unmut von Bürgern gegen die Stadt – vor allem in Sachen Bauen und Flächenverbrauch. Nun haben sie erfolgreich geklagt.
Die Stadt Bochum hat vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen eine juristische Niederlage erlitten. Geklagt hatte ein Mitglied des Netzwerks für bürgernahe Stadtentwicklung. Dabei geht es um eine von der städtischen Verwaltung nicht zugelassene Eingabe.
Verwaltungsgericht gibt der Stadt Bochum auf, sich mit Bürgereingabe zu beschäftigen
Das Netzwerk wollte mit der Eingabe zur Ratssitzung am 30. März erreichen, dass laufende Bebauungsplanverfahren zum Wohnungsneubau vorerst ausgesetzt werden. Abgewartet werden sollten zunächst das Ergebnis der Überprüfung des Handlungskonzepts Wohnen bzw. der Beschluss eines Klimaplans sowie des Konzepts für eine „Globale Nachhaltige Kommune“.
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„Werden die anstehenden Bebauungsplanverfahren vor Inkrafttreten eines aktualisierten Handlungskonzepts weiter betrieben, besteht die Gefahr, dass klimatisch und ökologisch wertvolle Flächen endgültig verloren gehen und dort - wie auch auf bereits vorgenutzten Flächen - weiter nur 20 Prozent geförderter Wohnraum entstehen. Der Mangel an preiswertem Wohnraum würde in Bochum noch weiter ansteigen“, hatte Netzwerk-Mitglied Andrea Wirtz im Vorfeld der März-Ratssitzung argumentiert. Netzwerk und Bürgerinitiativen würden nicht bestreiten, „dass gebaut werden muss“. Die entscheidende Frage sei aber, was gebaut werden müsse.
Klage wegen mangelnder Beteiligungsmöglichkeit
Zur Sprache gekommen ist die Eingabe dann nicht. Das Referat für Bürgerbeteiligung der Stadt hat die Antragsteller wissen lassen, dass für Eingaben zu Bebauungsplänen Beteiligungsmöglichkeiten vorgesehen seien. Gegen diese ablehnende Haltung hat Netzwerk-Mitglied Heike Schick als Vertreterin der Bürgerinitiativen bzw. des Netzwerks geklagt.
Und Recht bekommen. Die 15. Kammer des Verwaltungsgerichts hat am 27. April entschieden, der Stadt werde „im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, die Eingabe der Antragstellerin vom 21. März 2023 dem Haupt- und Finanzausschuss in seiner nächsten Sitzung zur Behandlung vorzulegen“. Die Hauptsatzung der Stadt Bochum sei außerdem „nicht geeignet, das Recht der Antragstellerin auf sachliche Befassung mit ihrer Eingabe einzuschränken oder gar auszuschließen.“ Der nächste Hauptausschuss tagt am 7. Juni.
Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) kündigte in der jüngsten Ratssitzung an, dass die Stadt keine Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Gerichts einlegen werde. „Der Vorgabe des Gerichts, an die wir uns gebunden fühlen, werden wir folgen“, so Eiskirch.
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Stadtgestalter fordern Änderung der Hauptsatzung
Derweil sieht sich das Netzwerk in seiner Haltung bestätigt. „Die Gerichtsentscheidung ist eine derbe Niederlage für die Verwaltung, aber auch für die Ratsmitglieder, die im März 2021 der Aufnahme der Vorschrift in gerade dieser Fassung in die Hauptsatzung zugestimmt haben“, sagt Wolfgang Czapracki-Mohnhaupt als Sprecher des Netzwerks. Das Netzwerk habe damals darauf hingewiesen, das kommunale Petitionsrecht dürfe nicht durch die Hauptsatzung ausgehebelt werden.
Reagiert hat bereits die Fraktion Partei/Stadtgestalter. Sie hatte vor der Ratssitzung am Donnerstag einen Dringlichkeitsantrag zur Änderung der Hauptsatzung gestellt. Der wurde mit breiter Mehrheit abgelehnt – wegen mangelnder Dringlichkeit. Aber: Am 7. Juni wird auch dieses Thema im Hauptausschuss auf den Tisch kommen.