Bochum. Tobias Stehmans ist der erste ehrenamtliche Krankenhausseelsorger in Bochum. Er hilft Patientinnen und Patienten im Knappschaftskrankenhaus.
„In der Bibel steht: Ich war krank und ihr besuchtet mich.“ So begründet Tobias Stehmans seine Motivation, für andere da sein zu wollen. Der 60-jährige Architekt hat eine Aufgabe gefunden, die ihm erlaubt, seinen christlichen Glauben im Alltag zu leben: Er ist Bochums erster Freiwilliger in der Krankenhausseelsorge.
Zusammen mit anderen engagierten Menschen aus dem Ruhrgebiet absolvierte er beim Bistum Essen eine Ausbildung zum „freiwillig Engagierten in der Krankenhaus-Seelsorge“. Nach einer feierlichen Übergabe seiner Urkunde trat er jetzt seinen Dienst im Knappschaftskrankenhaus in Bochum-Langendreer an.
Stehmans spricht mit jedem, der Gesprächsbedarf hat. Patientinnen und Patienten können auf ihn zugehen, oder das Pflegepersonal vermittelt bei Bedarf. Auch Angehörige können sich an ihn wenden. Dann ist seine Hauptaufgabe: Zuhören.
Bochumer führt Gespräche über Sinn und Spiritualität
Gespräche mit einem Seelsorger sind nicht mit denen zu vergleichen, die mit psychologischem Personal geführt werden. Vielmehr geht es um spirituelle Themen, um Fragen nach dem Sinn einer Krankheit oder um Schuld.
„Unsere Aufgabe ist es nicht, Antworten zu geben“, sagt Stehmans. Das Gespräch solle eher so geführt werden, dass diese selbst gefunden werden. „Nur bei einer Frage haben wir eine klare Antwort. Viele fragen sich, ob sie krank geworden sind, weil sie es verdient haben. Da sage ich ganz klar: An einer Krankheit ist niemand schuld. Vielmehr sollte man sich fragen: Welchen Sinn kann die Krankheit meinem Leben geben?“
Eine Erkrankung als etwas Positives sehen, ist eine Herausforderung. Doch Stehmans weiß, wie das gehen kann. „Ich hatte beispielsweise einen Patienten, der an den Augen erkrankt war. Seine Krankheit hat ihm den Wert des Sehens erst so richtig klar gemacht.“
Ehrenamtliche bekamen eine umfassende Ausbildung
Sich um die Seele eines anderen Menschen zu kümmern, ist keine leichte Aufgabe. „Nicht jeder kann Seelsorger werden. Man muss viel Lebenserfahrung mitbringen, und und man sollte gut in seinem Glauben verankert sein“, erzählt er. Tobias Stehmans sah sich dafür geeignet. Seine Religion spielte in seinem Leben schon immer eine große Rolle. „Ich möchte kein Christ sein, der seinen Glauben nur sonntags zwischen 10 und 11 Uhr lebt“, sagt er.
Schon beim Auswahlprozess wird klar, dass nur geeignete Kandidatinnen und Kandidaten zugelassen werden. „Beim Aufnahmegespräch wird geschaut, ob jemand die richtige Motivation für diese Tätigkeit hat.“
Eine falsche Motivation kann beispielsweise der Wille zum missionieren sein. Denn auch, wenn die Seelsorge christlich geprägt ist, steht das Angebot allen Patientinnen und Patienten offen. Wissen über andere Konfessionen ist Bestandteil der Ausbildung. An insgesamt sechs Seminarterminen, die jeweils ein ganzes Wochenende umfassen, werden die Teilnehmenden zu unterschiedlichen Themen ausgebildet.
„Wir haben viel über das Krankenhaussystem gelernt, aber auch über unsere eigenen Erfahrungen gesprochen.“ Zusätzlich nahm eine hauptamtliche Seelsorgerin ihn mit in Gespräche.
Seelsorge kann keine Psychotherapie ersetzen
So einfühlsam Stehmans Besuche auch sind, eine psychologische Behandlung können sie nicht ersetzen. Vielmehr informiert er, wie weiterführende Hilfe zu bekommen ist. „Wir klären über die unterschiedliche krankenhäuslichen Angebote auf, wie den psychologisch-onkologischen Dienst oder den Sozialdienst.“
Stehmans ist einmal die Woche im Krankenhaus. Dann besucht er zwischen drei und zehn Patientinnen und Patienten, je nachdem, wie viel Zeit benötigt wird. Abgebrochen wird ein Treffen nicht. Dies zeigt, dass es definitiv noch mehr Bedarf für weitere Seelsorgerinnen und Seelsorger gibt. Deswegen könnte bald eine zweite Ausbildungsrunde im Bistum Essen beginnen.