Bochum. In Bochum herrscht Wohnungsnot. Nun kann die Stadt neue Instrumente nutzen, um Bauen zu fördern. Sie darf bislang gültige Bestimmungen aushebeln.

Wie Schnee in der Sonne schmilzt der Bestand an Sozialwohnungen in Bochum. Zwischen 2004, als es noch 25.975 geförderte Wohnungen gab, und Ende 2021 (12.349) ist ihre Zahl um die Hälfte gesunken. Bis 2032 werden nach Einschätzung der Stadt weitere 4500 Wohnungen aus der Sozialbindung fallen. Bochum könnte das Bauen forcieren – dank vorübergehender Ausnahmeregeln des Landes NRW.

269 Sozialwohnungen wurden in Bochum 2022 bewilligt

Derzeit seien die Folgen der „Notbremse“ für den geförderten Wohnungsbau, zu dem sich Wohnungsbauunternehmen wegen der Preisentwicklung gezwungen sehen, in Bochum „noch nicht gravierend spürbar“, heißt es in einer Antwort der Verwaltung auf Anfrage der Linksfraktion im Rat der Stadt. Auch sei die aktuelle Lage zumindest befriedigend. Denn: Mit einem Gesamtvolumen von 42,4 Millionen Euro und insgesamt 269 Wohnungen habe Bochum 2022 den sechsten Platz im NRW-Ranking unter 53 Bewilligungsbehörden belegt. Und: Für das laufende Jahr 3 stehen weitere öffentlich geförderte Projekte an.

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Aus Sicht der Linken reicht das allerdings bei Weitem nicht aus. „Die Verwaltung sollte bei der Prüfung von Sofortmaßnahmen gegen die Wohnungskrise endlich einen Zahn zu legen. Statt auf einen geringeren Schwund beim geförderten Wohnungsbau zu hoffen, muss es jetzt zügig an die Umsetzung der dringend notwendigen Maßnahmen gehen“, sagt Fraktionsvorsitzender Horst Hohmeier.

Linke im Rat fordert, die neuen Instrumente konsequent zu nutzen

Zufrieden registriert hat seine Fraktion, „dass die Verwaltung stärker auf Bestandsentwicklung setzen will“, wie es im Rathaus heißt. Aber die Maßnahmen müssten auch tatsächlich Fahrt aufnehmen. „Neue Wohnungen durch Aufstockungen zu schaffen ist preisgünstiger, schneller und besser für das Stadtklima. Auch bei der Leerstandsaktivierung steht die Verwaltung auf der Bremse“, argumentiert der Fraktionssprecher.

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Bochum kann auf Vorkaufsrecht für Grundstücke pochen

2017 sind die Linken im Rat mit dem Versuch gescheitert, eine Zweckentfremdungssatzung einzuführen. Nun mahnen sie an, Bochum solle die Anfang 2023 in Kraft getretene „Baulandmobilisierungsverordnung NRW“ nutzen, um mehr und schneller Wohnungen zu schaffen. „Als Kommune mit einem angespannten Wohnungsmarkt sollte Bochum, wo immer das möglich ist, das erweiterte Instrumentarium wie das besondere Vorkaufsrecht für brachliegende Grundstücke und das Aussprechen von Baugeboten nutzen“, so Fraktionschef Hohmeier.

Tatsächlich erwägt die Verwaltung einen solchen Schritt. Wie 94 anderen NRW-Kommunen wird Bochum ein angespannter Wohnungsmarkt attestiert wird. Die Stadt kann im Einzelfall nun von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden. In vielen Bereichen auf Bochumer Stadtgebiet gelten Bebauungspläne, die vor Jahrzehnten aufgestellt wurden. Vor allem die in den 1960er und 1970er Jahren festgesetzten B-Pläne lassen bislang kaum eine Nachverdichtung zu. In dieser Zeit wurde immerhin etwa ein Viertel der knapp 60.000 Gebäude in der Stadt gebaut.

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Mehr als 20.000 Wohnungen könnten durch Aufstocken entstehen

Ein Beispiel: An vielen Stellen ist das Aufstocken von Häusern planungsrechtlich nicht erlaubt. Viel ungenutztes Potenzial also. Eine Studie der TU Darmstadt und des Pestel-Instituts Hannover hat ergeben, dass sich auf den 14.300 Mehrfamilienhäusern in der Stadt mit mindestens drei Wohnungen der Baujahre 1950 bis 1989 eine Wohnfläche von insgesamt 1,5 Millionen Quadratmetern errichten lässt. Ein zusätzliches Potenzial von 450.000 qm stecke in Mehrfamilienhäusern, die vor 1950 gebaut wurden. Bei einer durchschnittlichen Wohnfläche von 75 qm lassen sich so mindestens 20.700 Wohnungen bauen – plus 6000 weitere auf älteren Gebäuden.

Reichlich Wohnraum, der zusätzlich geschaffen werden könnte. Allerdings ist Eile geboten. Denn: Die Befreiung von B-Plänen unter bestimmten Voraussetzungen ist nur bis Ende 2026 möglich.