Bochum. Für ihr Debüt „Nordstadt“ wurde die Bochumer Autorin Annika Büsing gefeiert. Jetzt ist der zweite Roman „Koller“ erschienen. Wie schlägt er sich?
Mit ihrem Romandebüt „Nordstadt“ sorgte die Autorin Annika Büsing aus Bochum im vergangenen Jahr für einigen Wirbel in der Literaturszene. Die hauchzart geschriebene Liebesgeschichte zwischen einer Bademeisterin und einem gehbehinderten jungen Heißsporn verzauberte die Leser, faszinierte die Kritik und wurde mehrfach preisgekrönt. Jetzt ist der Nachfolger am Start: „Koller“.
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Bochumer Autorin bringt zweiten Roman heraus
Der Erfolg des Erstlings hat auch die Autorin selbst überrascht. „Nordstadt“ wurde ausgezeichnet mit dem Literaturpreis Ruhr, mit dem Mara-Cassens-Preis in Hamburg und war nominiert für den Bayerischen Buchpreis: Viel mehr geht nicht. Da würde mancher Schriftsteller vor dem schwierigen zweiten Buch nervös werden, schließlich will man den Triumph möglichst noch toppen. Doch Annika Büsing bleibt die Ruhe selbst: „Ich kann nicht viel mehr tun, als die Geschichten zu schreiben“, sagt sie. „Was dann daraus wird und wie die Leser darauf reagieren, liegt nicht mehr in meiner Hand.“
„Nordstadt“ kommt auf die Bühne
Annika Büsings Erstling „Nordstadt“ wird gerade fürs Theater adaptiert: Voraussichtlich im November kommt der Roman auf die Bühne der Leipziger Kammerspiele.
Nominiert ist das Buch außerdem für den Deutschen Jugendliteraturpreis in der Sonderkategorie „Neue Talente“, der auf der Frankfurter Buchmesser im Oktober verliehen wird.
Relativ entspannt ist die Lage für Annika Büsing auch deshalb, weil sie nicht zwingend darauf angewiesen ist, ihre Bücher zu verkaufen. Die 41-jährige Mutter zweier Söhne arbeitet als Lehrerin für Deutsch und Religion am Hildegardis-Gymnasium und betreibt die Schriftstellerei weiterhin „nur“ als liebgewonnenes Hobby. „Das gibt mir beim Schreiben eine ungeheure Freiheit, weil ich mir Zeit lassen kann und keinen Druck spüre“, sagt sie.
Für längere Lesetouren fehlt ihr die Zeit
Dagegen schränkt sie ihr Hauptjob zeitlich aber auch mächtig ein: Längere Lesetouren quer durch die Republik schafft sie im Moment einfach nicht. „Dafür ist an der Schule zu viel los.“ Daher beschränken sich ihre Lesungen derzeit vornehmlich auf das Ruhrgebiet, um abends wieder zu Hause zu sein, obwohl sie es liebt, mit ihrem Publikum in Kontakt zu treten.
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Wer „Nordstadt“ mochte, wird auch an „Koller“ seine Freude haben. Der Tonfall der Erzählung ist recht ähnlich, obwohl beide Bücher komplett unterschiedliche Geschichten erzählen. „Das erste Buch war wie ein Kammerspiel, es gab nur wenige Schauplätze auf engem Raum. Diesmal ist alles weitaus offener“, erzählt sie. „Koller“ ist auch etwas länger, aber mit 176 Seiten noch immer kein Wälzer.
Kurztrip an die Ostsee im klapprigen Polo
Erzählt wird von dem jungen Koller, der eigentlich Kolja heißt und immer mit dem Kopf durch die Wand will. Der Ich-Erzähler mit Namen Chris ist eher ein zögerlicher Zeitgenosse, der viel nachdenkt. „In einem Park in Leipzig lernen sie sich kennen und empfinden sofort eine heftige sexuelle Anziehung“, sagt Büsing. „Aus einer Schnapsidee heraus beschließen sie, in einem klapprigen Polo einen Kurztrip an die Ostsee zu unternehmen.“
Doch so schnell kommen sie dort nicht an: „Koller“ ist ein Roadtrip quer durch die Republik. Zunächst verschlägt es sie nach Ludwigsburg, wo Kollers Familie herkommt. Schließlich kommen sie sogar ins überflutete Ahrtal und versuchen dort, über eine Brücke zu gelangen. Büsing schrieb den Roman während des schweren Hochwassers im Sommer 2021.
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Plötzlich steht der Klimawandel direkt vor der Tür
Die sieben Kapitel, in die das Buch unterteilt ist, sollen augenzwinkernd für die sieben Tage der Schöpfungsgeschichte stehen: „Bei der Flutkatastrophe damals haben wir plötzlich gemerkt, dass der Klimawandel direkt vor unserer Tür steht und nicht so weit weg ist, wie wir immer dachten“, sagt sie.
Während „Koller“ gerade in den Regalen der Buchläden steht, plant Annika Büsing schon weitere Veröffentlichungen: Das nächste Buch ist bereits fertig, ein viertes gerade in Arbeit. Wann sie erscheinen werden, ist noch unklar. „Ich habe keine Eile“, sagt sie. „Schreiben ist ein langsamer Prozess.“
„Koller“ von Annika Büsing ist im Steidl-Verlag erschienen, 176 Seiten, 20 Euro.