Bochum-Innenstadt. Anja Nicole Stuckenberger ist neue Pfarrerin in der Bochumer Innenstadt. Sie will die Menschen stärker machen und sich für Umwelt einsetzen.
Die evangelische Kirchengemeinde Bochum hat eine neue Pfarrerin: Anja Nicole Stuckenberger tritt ihre Stelle am Wochenende an. Am Sonntag, 19. März, 10 Uhr, findet ihr Einführungsgottesdienst in der Pauluskirche statt. Die WAZ sprach zuvor mit der Theologin über Auslandserfahrungen, Ziele und ihr Lieblingsthema – Umwelt und Schöpfung.
Bochum: Neue Pfarrerin hat Klimawandel als Lieblingsthema
Wie sind Sie eigentlich Pfarrerin geworden?
Das ist auf Umwegen passiert. Als Kind wollte ich schon sehr früh Ethnologin werden. In dem Bereich habe ich dann auch erfolgreich promoviert. Dadurch hatte ich die Chance, an den verschiedensten Orten der Welt zu leben und zu arbeiten. Unter anderem hat mich mein Weg auch an das Dartmouth College in Hanover, New Hampshire in den USA, geführt. Hier habe ich dann mein Interesse an meinen eigenen christlichen Wurzeln wiederentdeckt und noch einen Abschluss in Theologie draufgesetzt. Danach habe ich erst eine Stelle als Pfarrerin in Reading, Pennsylvania, angenommen und jetzt bin ich wieder hier, in meiner Heimatstadt Bochum.
Auch interessant
Haben Sie durch Ihren Universitätshintergrund einen besonderen Zugang zum Christentum?
Ja, ich glaube schon. Pfarrerinnen und Pfarrer sind ja auch Wissenschaftler, da sie Theologie studiert haben und sich wissenschaftlich mit Religion auseinandersetzen. Als Ethnologin habe ich aber einen etwas anderen Blickwinkel. Mir liegt viel daran, Dinge zu beobachten und genau nachzuhaken. Wie denken die Gemeindemitglieder eigentlich? Wie leben sie ihren Glauben? Welche Beziehung haben Sie zu Gott? Es gibt viele spannende Fragen, die man im Zusammenhang mit Religion erkunden kann. Neben meiner Stelle als Pfarrerin leite ich auch die Evangelische Stadtakademie Bochum. Dort ist einer meiner Schwerpunkte der Klimawandel.
Klimawandel wäre jetzt nicht eines der ersten Themen, an die man bei Religion denkt. Wie bringen Sie Klima-Aktivismus und Christentum zusammen?
Das ist eigentlich ein echter Skandal, dass die Verbindung zwischen Kirche und Klimawandel Menschen so überrascht. Für mich ist das eine ureigenste Aufgabe, mit der Umwelt so umzugehen, dass das Leben da gedeihen kann. Die ersten Menschen wurden in einen Garten gesetzt, in einem großen Umfeld von allem, was lebt. Ich glaube, im Christentum ist die Aufgabe immer, sich für eine Art liebende Sorgfalt einzusetzen. Das kann in der Friedensarbeit sein, in einem sozialen Kontext oder eben auch im Schutz der Umwelt und Schöpfung. Das ist eines meiner Lieblingsthemen.
Auch interessant
Wie sieht ihre Arbeit in Bochum aus?
Ich arbeite bereits seit 2019 in der Stadtakademie Bochum. Jetzt fange ich auch als Pfarrerin in der evangelischen Kirchengemeinde an. Dabei übernehme ich regelmäßig Gottesdienste, zum Beispiel in der Pauluskirche in der Innenstadt oder auch in der Lutherkirche am Stadtpark. Das ist eine spannende Aufgabe. Die evangelische Kirchengemeinde Bochum ist gerade dabei herauszufinden, was es eigentlich heißt, Kirche in Bochum zu sein. Es gibt einige Umstrukturierungen, was anstrengend sein kann. Es bietet aber auch viele Möglichkeiten, Dinge neu zu gestalten. Mir ist es wichtig, die Menschen genau dort abzuholen, wo sie gerade sind. Dazu gehört auch das Besprechen von aktuellen Ereignissen in den Gottesdiensten. Ich versuche dann, den Menschen beim Nachdenken und Klarwerden ihrer eigenen Gedanken darüber zu helfen.
Wo sehen Sie die Aufgabe der Kirche in der heutigen Zeit?
Die Kirche sollte Menschen dort helfen, wo sie nicht weiter wissen. Bei vielen Problemen kann die konkrete Reflexion und Verbindung zu Gott helfen. Die Kirche sollte Unterstützung und einen Anhaltspunkt bieten. Auch bei neuen Interessen kann die Kirche helfen. Sie bietet Menschen die Chance, das eigene Leben weiter zu entfalten. Außerdem ist die Gemeinschaft der Gemeinde auch sehr wichtig. Das möchte ich mit meiner Arbeit weiter unterstützen.
Auch interessant
Gibt es konkrete Veranstaltungen, die Sie und die Kirche in den nächsten Wochen umsetzen möchten?
Eine geplante Veranstaltung ist eine ganz kleine Bibelstudie, ein gemeinsames Bibellesen des Buches Jona. Jona und der Wal kennen wahrscheinlich einige. Das ist eine wunderbare, satirische, aber auch sehr weise Geschichte mit ganz vielen Überraschungen. Das macht richtig viel Spaß, sich mit der Geschichte zu beschäftigen. Das wird an vier Terminen in der Friedenskapelle im Q1 stattfinden.
Was möchten Sie den Bürgerinnen und Bürgern aus Bochum mitgeben?
Vielleicht ein größeres Verständnis davon, was der Mensch ist. Oft sieht man sich eigentlich zu klein. Man ist selbst oft der größte Kritiker seiner selbst und schränkt sich ein. Wenn man bei den eigenen Gedanken oder den Urteilen anderer bleibt, nimmt man sich auch nur in diesem Rahmen wahr. Ich möchte gerne vermitteln, dass dieser Rahmen zu eng ist. Wir sollten uns auch als Geschöpfe Gottes begreifen, die die Schöpfung positiv mitgestalten können und die einander vertrauensvoll und helfend begegnen. Das gehört alles dazu. Kirche kann für Menschen ein Ort sein, wo sie in ihrem Sein und in ihrem Werden in dieser Welt Unterstützung finden.