Bochum. Azubi-Wochen im Strätlingshof: Im Bochumer Traditionslokal servieren die Auszubildenden ihre eigenen Gerichte. So funktioniert der Rollentausch.

„Hat’s geschmeckt?“, fragt Ole Weinberger beim Abräumen des Tellers. Sein Blick verrät: Ganz sicher ist er sich nicht. Denn der Teriyaki-Lachs mit Spinatsalat und Rettich ist seine ureigene Kreation. So wie die anderen Gerichte, die in diesen Tagen zusätzlich zur regulären Speisekarte serviert werden. Azubi-Wochen im Strätlingshof: Der Nachwuchs tischt auf.

Gastronomie in Bochum: Betriebe haben große Nachwuchssorgen

Erst Corona, jetzt Krieg und Krise: Die Gastronomie wird von manchen Problemen geplagt. Der Mangel an Auszubildenden ist eines der größten. Die Neuabschlüsse lagen 2022 in Nordrhein-Westfalen zwar um 32,7 Prozent über dem Vorjahr, aber zwölf Prozent unter dem Vor-Corona-Niveau. „Weniger Auszubildende bedeuten weniger Fachkräfte. Und dann stellt sich die Frage, wie die Betriebe das auffangen können. Im schlimmsten Fall werden Betriebe auch schließen müssen“, warnt Thorsten Hellwig, Sprecher des NRW-Branchenverbandes Dehoga.

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Erik Kolpatzik serviert als angehender Restaurantfachmann während der Azubi-Wochen einen eigenen Drink.
Erik Kolpatzik serviert als angehender Restaurantfachmann während der Azubi-Wochen einen eigenen Drink. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Arbeitgeber zahlen Benzingeld, Handy und Fitnessstudio

Anreize, Koch oder „Fachfrau/-mann für Restaurants und Veranstaltungsgastronomie“ (so heißen die früheren Restaurantfachleute seit 2022) zu werden, gebe es reichlich. „Die Ausbildungsvergütungen wurden auf 1000 Euro im ersten, 1100 Euro im zweiten und 1200 Euro im dritten Lehrjahr angehoben. Es gibt individuelle Unterstützung etwa beim Benzingeld, ÖPNV-Ticket oder einem E-Bike“, berichtet Thorsten Hellwig. Hinzu kommen Weiterbildungen, Team-Events oder die Übernahme von Handy- und Fitnesscenter-Kosten. „Dem Einfallsreichtum sind keine Grenzen gesetzt.“

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Der Strätlingshof setzt auf Wertschätzung. Auch dem Altenbochumer Traditionslokal fliegen die Azubis nicht mehr zu. „Für diesen Sommer und Herbst sind noch Plätze frei“, wirbt Tatjana Mertinkat (40), Ausbilderin im Service. Um so wichtiger sei es zu zeigen: Wir halten große Stücke auf unsere Berufsstarter, vertrauen ihnen, geben ihnen die Chance, sich zu profilieren.

„Julia – Kindheit 2.0“ hat Julia Küpper ihr Lieblingsgericht mit Fischstäbchen vom Wolfsbarsch und Kartoffelstampf genannt.
„Julia – Kindheit 2.0“ hat Julia Küpper ihr Lieblingsgericht mit Fischstäbchen vom Wolfsbarsch und Kartoffelstampf genannt. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Hof-Azubis tischen Speisen und Getränke mit persönlicher Note auf

Die zwei Azubi-Wochen (zuvor war es nur ein Tag) bieten dafür das Podium. Jeder der fünf Hof-Azubis hat ein Gericht oder ein Getränk mit persönlicher Note zusammengestellt:

– Ole Weinberger (28) ist studierter Japanologe. Nun wird er Koch. Der Lachs mit Spinat knüpft als Vorspeise an die japanische Sushi-Tradition an.

Azubi-Wochen laufen bis 18. März

Die Azubi-Wochen im Strätlingshof an der Altenbochumer Straße 64 laufen bis Samstag, 18. März.

Die Gerichte der Auszubildenden kosten zwischen 12 Euro (Lachs) und 29 Euro (Wolfsbarsch-Fischstäbchen) und sind während der A-la-carte-Zeiten erhältlich.

Reservierungen und Infos (auch für Interessenten an einer Lehrstelle) gibt es auf strätlingshof.de.

– Julia Küpper (29) hat als Mädchen Fischstäbchen mit Kartoffelpüree geliebt, „schön zermatscht“. „Julia – Kindheit 2.0“ nennt die angehende Köchin ihre Hauptspeise mit Fischstäbchen vom Wolfsbarsch, Gurkenschaum, Möhren und Kartoffelstampf.

– Celina Paczenski (22) verheißt ein „Wohlfühlgericht“, das auch der Favorit der Koch-Auszubildenden ist: Rinderragout, bunte Beete, hausgemachte Knöpfle.

– Erik Kolpatzik (23) und Ibrahim Boulkadid (22) warten mit zwei Getränken auf: „Erik – Volle Kraft voraus“ mit Apfelsaft, Prosecco und Vanille, „Ibrahim – Zauber von Marokko“ mit traditionellem Tee.

An sein Japanologie-Studium knüpft Ole Weinberger mit seinem Teriyaki-Lachs auf Spinatsalat an.
An sein Japanologie-Studium knüpft Ole Weinberger mit seinem Teriyaki-Lachs auf Spinatsalat an. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Auch Einkauf und Kalkulation gehören zum Rollenwechsel

Die Azubis haben ihre Kreationen – darunter als finales Gemeinschaftswerk auch ein Dessert – nicht nur entworfen. „Sie haben zudem u.a. den Einkauf organisiert, die Preise kalkuliert und dabei immer wieder geprüft, ob die Küche das zusätzlich leisten kann. Durch den Rollentausch erfahren sie Verantwortung und lernen täglich dazu“, betont Tatjana Mertinkat, die mit Küchenchef und Ausbilder Sebastian Gomulia (41) zusammenarbeitet.

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Gemeinsam mit ihren Schützlingen freuen sie sich seit dem Start der Azubi-Wochen am 6. März über die Resonanz: „Die Angebote werden rege bestellt. Alle Gerichte sind gefragt.“

Auch der Teriyaki-Lachs. „Hat’s geschmeckt?“ Der zweifelnde Ole strahlt bei der Antwort des Gastes: „Kompliment, das war richtig lecker!“