Bochum. Historisch wertvoll ist das Stadtparkviertel in Bochum. Eine alte Villa ist dort fast verschwunden. Aber dabei bleibt es nicht.
Bochum ist nicht Babelsberg. Aber an einer Stelle sieht es beinahe aus wie in einer Filmkulisse. Riesige Balken stützen an der Ecke Bergstraße/Herderallee zwei gelbe Häuserwände. Dahinter sehen Sie, dass Sie nichts sehen. Ein Potemkinsches Dorf, das Stadtparkviertel als Filmset?
Alte Villa stand mehr als 100 Jahre im Wasser
Mitnichten. Da, wo bis auf die beiden besagten Wände mit den zugemauerten Fenstern ein riesiges, mehr als vier Meter tiefes Loch gähnt, auf dessen Grund ein Betonboden und erste Wände zu sehen sind, wächst eines der spannendsten Bauprojekte Bochums. Es geht um nicht weniger als den Wiederaufbau des mehr als 100 Jahre alten „Wohnhauses Bergstraße 119“, wie in einer Liste mit historischen Bauten zu lesen ist. Tatsächlich geht es um eine ehemalige Bergwerksdirektorenvilla, die 1908 im Auftrag von Theodor Dach errichtet wurde. Ein Haus mit Geschichte, mit architektonischem Anspruch, aber eigentlich dem Untergang geweiht. Nur zwei Wände blieben übrig, als es 2021 abgerissen wurde.
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„Es stand im Wasser, das von der Bergstraße und vom Bismarckturm hinunterfließt“, sagt Michael Mauer. Bauherr und Besucher stehen auf der 60 Zentimeter dicken Sohle, die umrahmt ist von Betonwänden. Auf der „weißen Wanne“, so der Fachbegriff für einen hermetisch abgeriegelten Keller, entsteht die neue „Villa“ – außen weitgehend und auch innen an vielen Stellen originalgetreu, größer allerdings als das Original und „mit modernster Technik“, so der Bauherr. Anders als vor 100 Jahren wird darin nicht nur eine Familie wohnen. Vielmehr entsteht ein Mehrfamilienhaus mit etwa 850 Quadratmeter Wohnfläche, mit Aufzug, Tiefgarage, Photovoltaik und Geothermie, in dem die Mauers eine der insgesamt sechs Wohnungen beziehen werden.
Stadtparkviertel steht seit 1993 unter Denkmalschutz
Michael Mauer musste nicht lange überlegen, als er von den Verkaufsabsichten des Vorbesitzers erfuhr. „Ich habe mich fast mein ganzen Leben lang für Immobilien interessiert, ich besitze und vermiete einige.“ An diesem Gebäude hat der Kreishandwerksmeister ein ganz besonderes Interesse. Nicht nur, weil er schon bald mit seiner Ehefrau darin leben möchte, die Fertigstellung ist für Ostern 2024 geplant. Sondern auch, weil sie ein Stück historisches Bochum wieder aufleben lassen möchten.
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Stadtparkviertel steht unter Denkmalschutz
Der 1876 fertiggestellte Stadtpark Bochum ist einer der ältesten im Ruhrgebiet. Um ihn herum entstand zwischen 1870 und 1930 eines der ältesten Viertel Bochums.
1993 wurde das Gründerviertel unter Denkmalschutz gestellt. Das Kunstmuseum, zwei Krankenhäuser, die Polizeiwache, die Goetheschule sowie mehrere Verwaltungsgebäude bilden die Eckpfeiler dieses Viertels.
Ein vollständiger Abriss sei für nicht in Frage gekommen. „Wir befinden uns hier in dem Denkmalbereich Stadtparkviertel“, erklärt er. 1993 wurde das Viertel unter Denkmalschutz gestellt. Wäre die Villa komplett dem Erdboden gleich gemacht worden, wäre das ein Präzedenzfall geworden. Er hätte weiteren Abrissen von Altbeständen, ersetzt womöglich durch moderne, renditeträchtige Immobilien, Tür und Tor eröffnet. Das will Michael Mauer auf keinen Fall.
Viele Gebäude wurden vor allem nach dem Krieg verändert
Viele Immobilien im Viertel, auch die frühere Bergwerksdirektorenvilla, seien längst nicht mehr im Originalzustand erhalten. Vor allem nach dem Krieg seien sie, sofern sie überhaupt stehen geblieben sind, zum Teil deutlich verändert worden – nicht zuletzt, weil Wohnraum knapp war und in einem Wohnhaus ganz viele Wohnungen entstanden sind. Dabei und danach seien auch viele „Sünden“ begangen worden, so Mauer: in seinem Haus etwa vom Abriss der repräsentativen Holztreppe bis zum Einbau von Kunststofffenstern. Aber das alles, die alten Materialien, Formen und vor allem der alte Charme, sollen nun in dem wiederaufgebauten Gebäude zurückkehren.
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An Materialien, wie sie früher verwendet wurden, zu kommen, sei heute kein Problem. „Es gibt Firmen, die sich darauf spezialisieren.“ Natürlich habe das seinen Preis. „Allein die beiden Wände stehen zu lassen, kostet einen Haufen Geld.“ Aber das sei es ihm und seiner Frau buchstäblich wert. Vier Millionen Euro wird der Wiederaufbau am Ende kosten. Aus Sicht eines Investors vermutlich zu teuer. Aus Sicht eines Bochumers, der sich nicht nur um Wertanlagen, sondern auch um das Gesicht seiner Stadt kümmert, akzeptabel.
Ostern 2024 soll die alte, neue Villa fertig sein
Auch deshalb hat sich der Bauherr viel Zeit gelassen, um das Projekt zu planen. Insgesamt zwei Jahre habe es gedauert. Nun wird es umgesetzt. Gut ein Jahr dauert es noch bis zum Einzug. Und schon jetzt gehen die Gedanken von Michael Mauer weiter.
Auf die Frage, worauf er sich denn am meisten freue, antwortet er mit einem vielsagenden Blick: „Aufs Einziehen und darauf, das Haus weiter zu entwickeln.“ Es scheint, als gäbe es eine Fortsetzung.