Bochum-Langendreer. Ein starkes Stück Soziokultur stellt der Bahnhof Langendreer dar. Doch nicht nur das Kulturzentrum bietet viel Programm in Bochum-Ost.
Heitere Aussichten: Der Frühling naht und in Langendreer wird es quirlig zugehen. Karsten Höser aus dem Vereinsvorstand von "Langendreer hat's" nutzte die erste Stadtteilkonferenz 2023 dazu, auf die vielen Veranstaltungen in den nächsten Monaten hinzuweisen: Eintritt frei in der Halle 205, Termine zum Jubiläum "400 Jahre Ümminger Kirchhof", der erste Hofflohmarkt, die "bobiennale", Bürgerwoche Ost und "Bänke raus".
Bewegte Vergangenheit der Initiative in Bochum
Rund 30 Besucher und Besucherinnen folgten am Donnerstagabend der Einladung in das Studio 108. Sie wurden belohnt mit einem erhellenden Vortrag. Denn zunächst warf Miriam Witteborg, Kulturmanagerin des Bahnhofs Langendreer, einen Blick in die bewegte Vergangenheit der Initiative. Gemeinsam mit ihrer damaligen Kollegin Kristin Schwierz nutzte Witteborg zum 35-jährigen Bestehen des Bahnhofs die Zeit des Lockdowns für die Arbeit an einem Audiowalk über die Geschichte des überregional bekannten Kulturzentrums. Die Hörreise ist rund um den Bahnhof per Digiwalk-App oder Webseite und mittels QR-Codes erlebbar: An 19 Stationen erzählen auch etliche Zeitzeugen die brisante Geschichte des Bahnhofs.
Der letzte Zug am Bahnhof Bochum-Langendreer
Wo seit 1986 die soziokulturelle Szene eine Heimat hat, entstand zwischen 1907 bis 1908 der größte Umsteigebahnhof Deutschlands mit 14 Gleisen. Der imposante Bau im modifizierten Jugendstil war die Konsequenz starker industrieller Nutzung und zunehmenden Personenverkehrs in der Region.
Was geschah, seit 1983 der letzte Zug vom Bahnhof Langendreer abfuhr, ist die eigentliche Geschichte des Kulturzentrums. Als Keimzelle gilt das Kneipenkollektiv Rotthaus, das damals nicht unweit des Bahnhofs als Ort alternativen politischen und kulturellen Denkens in einer schwierigen Situation steckte. Der Pachtvertrag lief aus und das Kollektiv brauchte eine neue Bleibe.
Es brodelte gehörig in Bochum
Auch anderorts bordelte es schon im Winter 1981/1982 gehörig in der Stadt. "In Bochum entsteht eine Bewegung für ein autonomes Kulturzentrum. Mit der Besetzung der alten Mensa an der Ruhr-Uni ging es los ... Dann der Höhepunkt: Am 11. September wird die ehemalige Heinzmann-Fabrik besetzt: Die legendäre ,Bo-Fabrik' öffnet die Tore für zeitweise tausende Leute ... am 10. Februar wird die Bo-Fabrik mit einem massiven Polizeieinasatz geräumt...", beschreibt Witteborg.
Motto: "Soziokultur in Industriedenkmälern"
Von politischer Seite aus war der Minister für Stadtentwicklung (1980 bis 1990) Christoph Zöpel eine treibende Kraft. Durch sein Ministerium entstanden unter dem Motto "Soziokultur in Industriedenkmälern" 40 solcher Zentren in NRW, eines davon ist der Bahnhof Langendreer.
Rückblick mit Zeitzeugen in Bochum
Auch bei der Stadtteilkonferenz verfolgten Zeitzeugen den Rückblick wie Norbert Kurtz (70), Gründer des "Zwischenfall", und Werner Niederlohmann (71). Niederlohmann gehörte zum Rotthaus-Kollektiv. Und er war auch dabei, als der Bahnhof Langendreer unter großem Aufwand umgebaut wurde. "Ich empfinde nach wie vor großen Stolz. Wenn ich hier ins Kino gehe, weiß ich, dass ich die Podesterie zusammen mit Hausmeister Gunter Schenkel gebaut habe", sagt er.
Wie das Kino überhaupt in den Bahnhof kam, wie Barbara Jessel den ersten Frauenabend mitgründete oder wie Ärztin Dagmar Engels die Medizinsche Flüchtlingshilfe auf den Weg brachte – auch diese wichtigen Geschichten erzählt der Audiowalk.
Informationen zum Frühling in Langendreer auf der Internetseite des Vereins
Die Anmeldungen für den ersten Langendreerer Hofflohmarkt am 6. Mai und für das Mitmachfest "Bänke raus" am 4. Juni laufen bereits. Weitere Informationen zu allen Veranstaltungen finden Interessierte auf der Internetseite des Vereins Langendreer hat's unter: https://www.langendreer-hats.de/home.html