Bochum. Viktoria Däschlein-Gessner von der Ruhr-Universität Bochum erhält für ein Projekt zwei Millionen Euro. Worum es bei dem chemischen Vorhaben geht.

Spätnachmittags an einem Tag im Januar hält Viktoria Däschlein-Gessner von der Ruhr-Universität in Bochum den Brief mit sehr guten Nachrichten in ihren Händen: Für ihr Projekt bekommt sie vom Europäischen Forschungsrat eine Förderung in Höhe von zwei Millionen Euro. Am 1. Juli startet das Vorhaben.

Däschlein-Gessner ist Inhaberin des Lehrstuhls für Anorganische Chemie. Seit etwa sieben Jahren lehrt und forscht sie an der Ruhr-Universität. Ihr aktuelles Projekt: die Eigenschaften von negativ geladenen Kohlenstoffverbindungen – sogenannten Carbanionen – kontrolliert zu untersuchen und ihre Reaktionsweisen steuern zu können.

Forscherin der Ruhr-Universität erhält zwei Millionen Euro für ihr Projekt

Das klingt sehr fachspezifisch, was wohl auch damit zusammenhängt, dass die 40-Jährige und ihr etwa 20-köpfiges Team in der Grundlagenforschung tätig sind. „Manche Sachen finden vielleicht erst in 30 oder 40 Jahren Anwendung, aber das ist für mich total okay“, sagt sie.

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Bei den Carbanionen handelt es sich um hoch reaktive Verbindungen, die teilweise sehr heftig mit Luft und Feuchtigkeit reagieren und daher Schutzvorkehrungen benötigen, wenn man sie handhaben möchte. In ihrem Forschungsprojekt möchte Däschlein-Gessner die Stabilität der Carbanionen gezielt einstellen, um neue Anwendungsgebiete zu eröffnen.

„Es handelt sich um die Weiterentwicklung von Forschungsprojekten, an denen wir schon längere Zeit arbeiten“, erklärt die Wissenschaftlerin der Ruhr-Universität. Sie interessiere sich schon lange dafür, wie Moleküle so designt werden können, dass sie genau die Eigenschaften besitzen, die man benötigt.

Viktoria Däschlein-Gessner steht in einem Labor in der Ruhr-Universität in Bochum. Dort arbeitet sie mit ihrem etwa 20-köpfigen Team an ihrem aktuellen Projekt.
Viktoria Däschlein-Gessner steht in einem Labor in der Ruhr-Universität in Bochum. Dort arbeitet sie mit ihrem etwa 20-köpfigen Team an ihrem aktuellen Projekt. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

Däschlein-Gessner hätte vorher selbst nicht damit gerechnet, dass sie den Zuschlag für die Zwei-Millionen-Euro-Förderung erhält. Über ein Jahr ist es her, dass sie sich beworben hat. Zehn Gutachter auf der ganzen Welt haben ihren Antrag beurteilt, dann wurde sie von der Kommission Anfang November zu einem Interview geladen. „Da wurde dem Vorhaben auf den Zahn gefühlt.“

Bochumer Forschungsprojekt dauert insgesamt fünf Jahre

Schon zum Interview eingeladen zu werden, sei sehr selten. „Nur die wenigsten Leute schaffen das. Und diejenigen, die dort sind, sind exzellente Leute“, sagt Däschlein-Gessner mit dem Blick auf andere Forschende. Feinheiten könnten entscheidend sein. Die 40-Jährige konnte mit ihrem Projekt überzeugen: Am 1. Juli geht es offiziell los, das Forschungsvorhaben läuft insgesamt fünf Jahre.

Viktoria Däschlein-Gessner: Zur Person

Viktoria Däschlein-Gessner, geboren 1982, hat Chemie in Marburg und Würzburg studiert. 2009 schloss sie ihre Dissertation an der Technischen Universität Dortmund ab. Im Anschluss arbeitete sie als Post-Doc in Dortmund, Berkeley und Würzburg.

Nach ihrer Habilitation im Jahr 2015 wurde sie 2016 als Professorin für Anorganische Chemie an die Ruhr-Universität Bochum berufen.

Bereits im Antrag musste Däschlein-Gessner genau angeben, wofür sie welche Fördermittel benötigt. Der Großteil fließt nun in die Personalkosten für Doktoranden und andere Mitarbeitende, zudem müssen u. a. Chemikalien oder Instrumente bezahlt werden.

Kommt im Projekt etwas anders als geplant, muss sie das dem Europäischen Forschungsrat melden. Doch das ist durchaus erwünscht. „Im Laufe der Zeit ändern sich Dinge. Das ist ja auch das, was an Forschung Spaß macht und was sie ausmacht. Man kann viele Sachen vorhersagen, aber alles weiß man nicht.“

So komme es vor, dass Dinge entdeckt werden, die nützlich sind, mit denen vorher aber niemand gerechnet hat. Das habe Viktoria Däschlein-Gessner schon bei anderen Forschungsprojekten erlebt – und das erwarte sie auch in den kommenden fünf Jahren.