Bochum. Ein Opfer (85) eines Enkeltricks hat eine Bochumer Bank auf Schadenersatz verklagt. Es geht um 27.000 Euro. Doch die Klage scheiterte.
Eine 85-jährige Bochumerin, die Opfer eines Enkeltricks geworden ist und fast ihre gesamten Ersparnisse verloren hat, ist mit einer Klage gegen die Postbank gescheitert. Das Landgericht Bochum wies die Forderung zurück.
Dem Gerichtsprozess geht ein schlimmes Drama voraus. Im Mai 2021 erhielt die Seniorin zu Hause einen Anruf eines angeblichen Staatsanwalts: Ihre Tochter habe eine schwangere Fußgängerin angefahren, das ungeborene Baby sei gestorben. Gegen eine Kaution in Höhe von mehreren Zehntausend Euro könne die Tochter aus dem Gefängnis freikommen.
Banken übergaben der 85-jährigen Klägerin 52.000 Euro in bar
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Die schockierte Seniorin daraufhin holte von der Sparkasse 25.000 Euro und der Postbank 27.000 Euro ab. Dieses Geld übergab sie einem angeblichen „Gerichtsdiener“ vor ihrem Wohnhaus.
Seitdem ist dieses Vermögen verschwunden, denn die ganze Unfallstory war erstunken und erlogen. Die Betrüger sind unbekannt. Sofort die Tochter zu Hause oder andere Familienmitglieder anzurufen, sei ihr damals „einfach nicht in den Sinn gekommen“, schilderte die Rentnerin bei einem ersten Gerichtstermin im Oktober.
Ihr Anwalt argumentiert, der Bank-Mitarbeiter am Schalter hätte in einem solchen Fall unbedingt nachfragen müssen, wofür das Geld gedacht sei, zumal eine Auszahlung vertraglich auf 2000 Euro beschränkt sei. Er habe gegen die Warn- und Hinweispflicht verstoßen.
Bochumer Zivilkammer schlug den Parteien einen Vergleich vor
Die Postbank beteuerte zwar, die Kundin sehr wohl befragt zu haben. Doch wie auch immer: Die 85-Jährige sagte dem Gericht, das sie in jedem Fall dem Mitarbeiter – wie auch bei der Sparkasse – die Unwahrheit gesagt hätte, dass sie das Geld für neue Möbel ihrer Tochter benötige – genau wie es die Betrüger ihr aufgetragen hatten.
Die 1. Zivilkammer schlug einen Vergleich vor: Die Postbank könne ja 20 bis 25 Prozent der Schadenssumme zahlen (5400 bis 6700 Euro). Doch nach der Sitzung scheiterten die Gespräche zwischen den Parteien, sodass das Landgericht vor wenigen Tagen ein Urteil sprach: Klage abgewiesen. Eine Pflichtverletzung der Bank läge höchstens dann vor, wenn eine angegebene Erklärung der Kundin zur Verwendung des Geldes völlig fernliegend und vorgeschoben erscheine. Dies sei die Möbelkauf-Erklärung aber nicht.
Weißer-Ring-Mitarbeiter hätte von der Bank mehr Kulanz erwartet
Kinder und Enkel sollten vor Trickbetrug warnen
Die Polizei appelliert auch an Kinder und Enkel von älteren Menschen, mit ihnen über Trickbetrug am Telefon und die Gefahren zu sprechen.
Der Schaden ist teilweise so hoch, dass jahrzehntelang erspartes Vermögen mit einem Schlag verloren ist.
Die Täter verfügen oft über große schauspielerische Fähigkeiten.
Ingo Friedrich betreut als ehrenamtlicher Mitarbeiter des Weißen Rings in Bochum den Fall. Er hätte mehr Kulanz von der Bank erwartet, dann hätte man einen Vergleich hinbekommen. Die Klägerin, sagt der Jurist, „war seit 40 Jahren Kundin der Postbank, hat immer nur kleine Beträge eingezahlt und nie große über 1000 Euro abgehoben“.
Ob die Klage in die zweite Instanz geht, wird noch geprüft.