Bochum. Bei der Premiere von „Autonomous Avatar“ wird Tanztheater mit moderner Technologie verknüpft. Ein Theater-Star leiht der Performance ihre Stimme.

Nicht nur im Kino startet bald ein neuer „Avatar“-Film: Auch das Planetarium Bochum beschreitet in seiner Produktion „Autonomous Avatar“ ungewöhnliche Wege. Zum ersten Mal in seiner knapp 60-jährigen Geschichte wird das Sternentheater am kommenden Wochenende zum Schauplatz einer Tanz-Performance, die live mitten im Saal stattfindet. Der Trick: Die Bewegungen der beiden Tänzer werden mittels moderner Technologie unmittelbar auf die riesige Kuppel übertragen – wie zwei lebende Avatare.

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Premiere im Planetarium Bochum mit Tanzstück

Auf den Weg gebracht wird die aufwendige Performance von dem Theatermacher Tobias Staab, der einige Jahre als Dramaturg am Schauspielhaus tätig war und mittlerweile als freier Regisseur arbeitet. Über das „Dive“-Festival, das bereits zweimal als Zusammenschluss der großen Bochumer Kultureinrichtungen für einige Furore sorgte, knüpfte Staab gute Kontakte zum Planetarium. Neue Ideen und Pläne wurden entwickelt, die bei Leiterin Susanne Hüttemeister direkt auf großes Interesse stießen.

Dive-Festival soll zurückkehren

Für „Autonomous Avatar“ gibt es vorerst nur zwei Termine: am Samstag und Sonntag, 3. und 4. Dezember, jeweils um 20 Uhr im Planetarium (Castroper Straße 67). Weitere Vorstellungen soll es im kommenden Jahr geben. Karten (15, erm. acht Euro): planetarium-bochum.de

Daneben ist geplant, dass das Dive-Festival für immersive Künste fortgesetzt werden soll: Das gemeinsame Projekt von Schauspielhaus, Planetarium und Musikforum Ruhr fand zuletzt 2021 statt. „Vermutlich im nächsten Jahr wird es wieder soweit sein“, sagt Susanne Hüttemeister.

„Unser Grundgedanke ist schon länger, neben unseren üblichen Programmen öfter auch Live-Vorstellungen anzubieten“, erzählt sie. „Die Zeitmaschine“ mit dem Schauspieler Mark Waschke war im Sommer eine viel beachtete Aufführung. „Autonomous Avatar“ will die Zuschauer jetzt in digitale Welten entführen – und dabei auch aktuelle Fragen etwa nach künstlicher Intelligenz stellen.

Tänzer zeigen Choreographie mitten im Planetarium Bochum

„Wer kann heutzutage noch unterscheiden, ob ein Mensch oder ein Computer spricht oder schreibt?“, meint Staab. „Ist in Zeiten von Deep Fake den Bildern noch zu trauen?“ Der etwa 80-minütige Abend teilt sich in drei Teile. Die erste halbe Stunde gehört allein den beiden Tänzern, die auf eine kreisrunde, mit Blumen bedeckte Bühne in der Mitte des Planetariums treten und eine zuvor exakt einstudierte Performance zeigen. „Da stehen allein die beiden Körper im Mittelpunkt, ganz ohne Video“, erzählt Tobias Staab.

Schauspielerin Sandra Hüller (hier im Bild links mit Regisseur Tobias Staab) leiht der Tanz-Performance im Planetarium ihre Stimme.
Schauspielerin Sandra Hüller (hier im Bild links mit Regisseur Tobias Staab) leiht der Tanz-Performance im Planetarium ihre Stimme. © Amelie Amei Kahn-Ackermann

Die Tänzer sind vom Fach: Corey Scott-Gilbert tanzte schon beim Cirque du Soleil in Los Angeles und arbeitete mit Choreographen wie Richard Siegal und Sasha Waltz. Dasniya Sommer gehörte als klassisch ausgebildete Ballerina zum Berliner Staatsballett und widmet sich mittlerweile dem zeitgenössischen Tanz. In dem Theaterstück „After Work“, ebenfalls in Tobias Staabs Regie, war sie 2020 auf der Bühne der Kammerspiele zu sehen – und verblüffte die Besucher mit ausgefeilter Fesseltechnik.

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Sandra Hüller leiht der Performance ihre Stimme

Im zweiten Teil von „Autonomous Avatar“ kann das Publikum direkt ins digitale Universum abtauchen. Die immersiven Welten wurden von dem Designer Luis August Krawen erschaffen und speziell fürs Planetarium entwickelt. Als Stimme aus dem Off ist die Schauspielerin Sandra Hüller zu hören – oder es ist eine künstliche Intelligenz, die mit Hüllers Stimme atmet, spricht und singt. Genau mit diesen Unsicherheiten spielt die Aufführung häufiger.

Bildgewaltige Avatare werden unter die Kuppel des Planetariums projiziert.
Bildgewaltige Avatare werden unter die Kuppel des Planetariums projiziert. © Planetarium

Zum Schluss wird es abgefahren: Mittels „Motion Capture“ (also Bewegungserfassung) können die Körper der beiden Tänzer live auf die Kuppel übertragen werden. Dafür steigen sie in schwarze Anzüge, die jede einzelne Bewegung digital erfassen. Die Proben laufen auf Hochtouren, aber wie eine kleine Vorabaufführung am Dienstag schon zeigt, können sich die Besucher auf ungewöhnliche Bilder zwischen Tanz, Theater und digitaler Kunst freuen. Bühnenbildnerin Nadja Sofie Eller verwandelt das Planetarium in einen sinnlichen Bühnenraum, den man nicht nur sehen, sondern auch riechen kann.