Bochum/Witten/Hattingen. Hund Garri hat Wasser aus dem Kemnader See getrunken. Einige Stunden später stirbt das Tier. Eine Tierärztin hält einen Zusammenhang für möglich.
Der Schock sitzt tief bei Jan Brozio aus Bochum und seiner Familie: Zusammen mit Hund Garri geht seine Mutter am 25. Oktober am Kemnader See spazieren. Das Tier trinkt Wasser aus dem See – wenige Meter von der Stelle entfernt, an der Mitte September etwa 40 Kanadagänse gestorben sind. Über Nacht baut der Hund gesundheitlich extrem ab, am nächsten Morgen stirbt Garri beim Tierarzt. Könnten Blaualgen im Wasser die Ursache sein?
Hund trinkt nachmittags aus Kemnader See: Am nächsten Morgen stirbt er
Gegen 15 Uhr ist die Mutter von Jan Brozio am Kemnader Stausee unterwegs, in der Nähe der A 43-Brücke und Herzinsel – dort wurden die toten Gänse gefunden. „Eine halbe Stunde, nachdem er das Wasser getrunken hat, hatte er Durchfall, gegen 18 Uhr dann erneut“, berichtet Brozio im Gespräch mit unserer Redaktion.
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Am Abend muss sich der Islandhund übergeben, gegen 2 Uhr nachts beginnt es schwer zu atmen. Die Sorge wächst. „Gegen 6 Uhr morgens hat er gequiekt, geschrien. Dann hat meine Mutter mich angerufen“, erinnert sich Brozio. Er kontaktiert eine befreundete Tierärztin, Mutter und Sohn bringen den Hund in die Praxis. Doch zu spät, nur wenige Minuten später verstirbt Garri. „Ein Riesenschock. Er war sieben Jahre alt und kerngesund“, sagt Brozio.
Das bestätigt auch die behandelnde Tierärztin Karin Zurmühlen, die ihre Praxis in Wattenscheid hat. Dort wurde Hund Garri erst eine Woche zuvor geimpft und untersucht. „Er wurde einmal auf den Kopf gestellt“, so Zurmühlen. „Garri war regelmäßig in Behandlung, es gab nie Auffälligkeiten.“
Bis zum Morgen des 26. Oktobers: Die Tierärztin stellt bei dem Hund eine Muskelsteifheit, veränderte Schleimhäute, Atem- und Herz-Kreislauf-Probleme fest. Der Hund sei nicht mehr bei Bewusstsein gewesen, sagt Zurmühlen. Sie vermutet, dass Blaualgen die Ursache für den Tod des Tieres sein könnten.
Tierärztin: Symptome lassen auf Blaualgen schließen
„Es ist bekannt, dass Cyanobakterien so giftig sein können. Die Symptome passen“, schildert die Tierärztin. Der schnelle Verlauf spreche ebenfalls dafür. Ebenso wie die Tatsache, dass der Hund an einem für Oktober recht warmen Tag an einer flachen Stelle des Kemnader Sees Wasser getrunken haben soll.
Dass Blaualgen ursächlich für den Tod des Hundes sind, ist allerdings nicht bestätigt. „Dafür hätten wir ihn zum Pathologen schicken müssen“, sagt Zurmühlen. Die Hundebesitzer lehnten das ab. „Ich kann nachvollziehen, dass man das nicht möchte“, so die Tierärztin.
Jan Brozio hat sich nach dem Vorfall unmittelbar an den Ennepe-Ruhr-Kreis gewandt, da sich der Vorfall auf Wittener Stadtgebiet ereignet hat. Aus der Pressestelle heißt es: „Dem Veterinäramt liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, die Rückschlüsse auf die Todesursache zulassen. Ohne weiterführende Diagnostik kann das Amt keine nachträgliche Ferndiagnose stellen“, so Sprecherin Lisa Radtke. Da auf eine Obduktion des Hundes von Seiten des Tierhalters verzichtet wurde, sei die von der Klinik gestellte Diagnose spekulativ.
Ruhrverband untersucht Wasser regelmäßig
Der Ruhrverband untersuche das Wasser ohnehin in regelmäßigen Abständen. „Die umfangreichen Gewässeruntersuchungen zur Ermittlung der Todesursache der Kanadagänse hatten keine Auffälligkeiten ergeben“, so die Sprecherin weiter. Im See habe es lediglich geringe Nachweise von Blaualgen gegeben, die aber nicht sicher mit dem Geschehen in Verbindung gebracht werden konnten, da die vorgefundene Art nicht sehr toxisch ist.
„Dem Tierbesitzer hat Amtstierärztin Dr. Bettina Buck ihr aufrichtiges Mitleid bekundet“, so Radtke. Das Veterinäramt des Ennepe-Ruhr-Kreises habe den Sachverhalt zwecks dort liegender Zuständigkeit an die Bezirksregierung Arnsberg weitergeleitet.
„Der Verdacht, dass Blaualgen für den Tod des Hundes in Frage kommen könnten, lässt sich wohl schwer verlässlich bestätigen“, sagt auch Sprecher Christoph Söbbeler auf Anfrage. Darüber hinaus seien seit mehreren Wochen keine Gänse mehr verendet, was zumindest ein Indiz für die Blaualgenthese hätte sein können.
Jan Brozio und seine Familie sind sich hingegen sicher, dass die Ursache für den Tod des Hundes nur das Wasser im Kemnader See sein kann. „Er war so erzogen, dass er nichts einfach aufgenommen hat, auch keine Leckerchen.“ Er hofft nun, andere zu sensibilisieren und zu warnen, damit deren Tieren nicht ein ähnliches Schicksal widerfährt.
Könnten Warnschilder helfen?
Ursache für Tod der Kanadagänse: Untersuchung ohne Ergebnis
Die Ursache für den Tod von 40 Kanadagänsen Mitte September kann wohl nicht gefunden werden. „Es handelt sich um ein mittlerweile abgeschlossenes akutes Geschehen mit unbekannter Ursache“, so Lisa Radtke, Sprecherin des Ennepe-Ruhr-Kreises. Kein Laborergebnis habe eine Ursache für das Sterben der Gänse ergeben.
Weitere tote Gänse wurden seitdem nicht gefunden. „Das Veterinäramt, der Regionalverband Ruhr und die Jagdrechtinhaber hatten das Gebiet nach dem Sterben der Kanadagänse täglich nach weiteren toten Tieren abgesucht, auch für mögliche Obduktionen.“
Tierärztin Karin Zurmühlen schlägt vor, dass mit Schildern vor einer eventuellen Gefahr gewarnt werden könnte. „Viele sind sich dessen nicht bewusst“, sagt die Tierärztin, die selbst einen Hund hat. Sie empfiehlt, Hunde nicht an Stellen trinken zu lassen, an denen das Wasser abgestanden ist oder an denen teppichartige Absetzungen zu sehen sind.
Warnschilder aufzustellen, wird derzeit aber nicht in Betracht gezogen. „Das (...) müsste von den lokalen Behörden veranlasst werden“, so Söbbeler von der Bezirksregierung. Auch der Ennepe-Ruhr-Kreis schließt das aus. Da Wasserproben unauffällig seien.