Bochum. Der Notdienst für Tiere wurde im März wegen zu wenig Personal eingestellt. Praxen verhängen Aufnahmestopps. Trotzdem steht Bochum ganz gut da.

Tierärztinnen und -ärzte sehen sich zunehmend belastet. Ein Grund: In der Pandemie haben sich vermehrt Menschen Haustiere angeschafft. Im Dezember 2019 waren es in Bochum 17.387 Hunde, 2020 bereits 17.810 und Ende 2021 zählte die Stadt 18.445 Hunde. Hinzu kommen Katzen und andere Kleintiere, die nicht gemeldet werden müssen. Das ist auch der Eindruck der Weitmarer Tierärzte Hanno Baade und Christof Weber. „Es ist definitiv mehr geworden“, so Baade.

Vor allem die wirtschaftliche Entwicklung der Praxis zeige das erhöhte Patientenaufkommen. Durch die straffe Pandemie-Praxisorganisation mit Terminsprechstunden plus Zeitfenster für akute Notfälle, sei es noch zu bewältigen, aber eine hohe Belastung: „Schicken Sie mir einen Tierarzt, der hier arbeiten will, er kann hier anfangen“, so Baade.

Tierärzte aus Bochum berichten von ihrer Arbeit im Alltag

Die Arbeit sei in der Pandemie weitaus aufwendiger geworden, weil bei jeder Behandlung eine Helferin involviert sei, um die Abstände zu den Tierbesitzern zu gewährleisten, schildern die Mediziner. Auf der anderen Seite, seien die Tierhalter durch Lockdowns und Homeoffice viel mehr mit ihren Vierbeinern zusammen und würden schneller auf Gesundheitsprobleme aufmerksam.

Auch aus Sicht der Tierärztin Anke Morgenroth ist das Patientenaufkommen in der Kleintierpraxis Am Heerbusch für die insgesamt drei Tierärzte deutlich erhöht. „Es ist grenzwertig und ich weiß, dass einige Praxen, in denen zum Beispiel nur ein Arzt praktiziert Aufnahmestopps haben“, so die Tiermedizinerin.

Kathrin Bornefeld am Empfang in der Tierarztpraxis Baade und Weber in Bochum.
Kathrin Bornefeld am Empfang in der Tierarztpraxis Baade und Weber in Bochum. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Die Pandemie hat ein Grundproblem der Tierärzte verschärft. Denn es mangelt schon seit Jahren an Tierärzten. Die Gründe dafür sind vielfältig. Einer liege darin, dass die Berufseinsteiger immer öfter weiblich seien, so die Tierärzte Baade und Weber. Nach Angaben der Tierärztekammer Westfalen-Lippe sind bis zu neunzig Prozent der Studierenden der Tiermedizin Frauen. Aufgrund familiärer Verantwortung arbeiteten diese später häufig nicht vollumfänglich und weniger selbstständig im Beruf. Auch das Recht auf geregelte Arbeitszeiten würde heute ernst genommen und sei gesetzlich festgelegt, sagen die Bochumer Tiermediziner.

Noch kein Mangel an Tierärzten in Bochum

Während der Tierärztemangel in anderen Regionen der Bundesrepublik in der Pandemie für extreme Belastung der Tierärzte sorgte, ist die Versorgung in Bochum und Herne als Kreisstelle der Tierärztekammer Westfalen-Lippe mit über 30 praktizierenden Tierärzten vergleichsweise gut. „Wir haben in Bochum keinen Tierärztemangel. Allerdings wurde der von der Kreisstelle organisierte tierärztliche Notdienst im März eingestellt, weil sich nur noch sechs Kollegen dafür bereit erklärt haben“, informiert Arnd Finkenberg, Vorsitzender der Kreisstelle.

Der tierärztliche Notdienst in der Nacht und an den Wochenenden gehörte viele Jahre auch zur Arbeit von Tierärztin Anke Morgenroth. „Das Problem ist nicht die mangelnde Bereitschaft, sondern dass ich zum Beispiel Mitarbeiter, die das ganze Wochenende gearbeitet haben, arbeitsschutzrechtlich am Montag nicht mehr einsetzen kann. Das gibt der Personalschlüssel dann einfach nicht her“, erläutert sie.

Nur einzelne Praxen in Bochum bieten eine 24-Stunden-Rufbereitschaft an. Einer von ihnen ist Mahmoud Alkahf in Gerthe: „Im Notdienst kommen Patienten bis aus Werl zu mir.“ Er selbst könne sich gut vorstellen, die Notdienste gemeinsam mit Kollegen zu schultern, so der Tierarzt.