Bochum. Den Falschfahrer-Unfall auf der A 40 bei Bochum mit zwei Toten hat nur Sven Woitas (36) überlebt. Doch wie sein Leben weitergeht, ist ungewiss.
Er ist wieder zu Hause – und das ist die gute Nachricht. Mitten im Wohnzimmer des Hauses in Recklinghausen-Hochlar steht nun das Krankenbett von Sven Woitas (36). Er hat Schmerzen, Prellungen am ganzen Körper, einen zertrümmerten Brustwirbel und kann noch nicht einmal alleine die Toilette benutzen. Aber seine Frau hat noch einen Ehemann, die beiden Töchter haben noch einen lebenden Vater. Sven Woitas ist der VW-Fahrer aus Recklinghausen, der den schweren Falschfahrer-Unfall auf der A 40 bei Bochum vor anderthalb Wochen überlebt hat – als einziger.
Freunde der Familie haben – wie auch bei der Familie des verstorbenen Bochumers – eine Spendenaktion auf Betterplace.org ins Leben gerufen. Unter www.betterplace.me/geisterfahrer-unfall-familienvater-ueberlebt-knapp ist die Aktion erreichbar. Mittlerweile sind bereits mehr als 56.000 Euro für die Familie zusammengekommen (Stand 7. November)
Nach einem Holland-Urlaub im Wohnwagen war der 36-Jährige am Freitag, 21. Oktober, frühmorgens zu seiner Arbeit nach Essen aufgebrochen. Er arbeitet beim Aktivkohle-Produzenten Cargotech als Produktionsarbeiter. „Sven ist an diesem Morgen extra fünf Minuten früher losgefahren, damit er nach dem Urlaub seinen Spind ordentlich einräumen kann“, erzählt seine Frau Nina Woitas (38).
Falschfahrer-Unfall auf der A 40 bei Bochum: Unfallfahrerin war betrunken
Gegen fünf Uhr morgens krachte es auf der A 40. Sie erinnert sich an das Telefonat mit ihrem schwer verletzten Mann, der seine Frau noch selber vom Unfallort anrief. „Einen Unfall habe er gehabt, das hat er erzählt. Aber wo er war, das wusste er nicht. Und auch, dass er nicht nach Hause kann. Er war vollkommen verwirrt.“
Die Falschfahrerin – sie hatte nach Erkenntnissen der Polizei auf der Autobahn gewendet – war an dem Morgen zuerst in einen Seat gefahren, dann in den VW von Sven Woitas. Die Frau und der Seat-Fahrer, der 35-jährige Jens „Koschi“ Koslowski aus Bochum, starben noch an der Unfallstelle. Sven Woitas kam mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus. Eine Mordkommission ermittelt, weil „ein bewusstes Herbeiführen des Unfalls“ nicht ausgeschlossen werden könne. Am heutigen Montag steht ein erstes Teil-Ergebnis des toxikologischen Gutachtens fest: Die Frau hatte nach Angaben der Polizei bei dem Unfall 1,1 Promille.
Schwerverletzter Recklinghauser braucht Geduld für die Heilung
Sven Woitas kam nach dem Unfall ins Bergmannsheil in Bochum. Er galt als schwer verletzt, wurde notoperiert. Der Vater bekam Platten und Schrauben eingesetzt. Die beiden Töchter (fünf und neun Jahre alt) durften ihren Papa im Krankenhaus nicht besuchen, der wollte schnellstmöglich wieder nach Hause. Er könne sich an den kompletten Hergang des Unfalls erinnern, schildert Details, die so nur die Polizei kennt.
Nun ist er zurück in Recklinghausen, wartet auf zusammenwachsende Knochen und auf die Erlaubnis, die erste Reha besuchen zu dürfen. Doch was er vor allem brauchen wird, das ist Geduld. „Die Heilung wird mindestens anderthalb Jahre dauern“, sagt seine Frau. „Momentan kann er den Kindern noch nicht einmal die Zähne putzen. Es ist zu früh, um zu sagen, wie es weitergehen wird.“
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Neben den Sorgen um die Gesundheit des 36-Jährigen, plagen die Familie nun auch Geld-Sorgen. Nina Woitas ist Hausfrau, das gemeinsame Haus ist noch nicht abbezahlt. „Jetzt sind wir hier. Ich übernehme komplett die Pflege meines Mannes. Wir werden unser Leben lang mit den Konsequenzen leben müssen, auch die Kinder müssen das erst einmal verarbeiten.“